Holz, Arno: Das Buch der Zeit. Lieder eines Modernen. Zürich, 1886.Auch harft sie nicht als Abendwind Nur in zerbröckelten Ruinen, Sie treibt auch singend die Maschinen Und pocht und hämmert, näht und spinnt. Sie schaukelt sich als schwanker Kahn Im blauen schilfumkränzten Weiher, Sie schlingt den Dampf ums Haupt als Schleier Und saust dahin als Eisenbahn. Von nie geahnter Kraft geschwellt, Verwarf sie ihre alten Krücken, Sie mauert Tunnel, zimmert Brücken Und pfeift als Dampfschiff um die Welt. Ja, Wunder thut sie sonder Zahl, Sie lindert jegliches Verhängniß, Sie setzt den Fuß selbst ins Gefängniß Und speist die Armuth im Spital. Wohl war's der Himmel, der sie schuf,
Doch heimisch ward sie längst auf Erden; Drauf immer heimischer zu werden, Ist ihr ureigenster Beruf! Auch harft ſie nicht als Abendwind Nur in zerbröckelten Ruinen, Sie treibt auch ſingend die Maſchinen Und pocht und hämmert, näht und ſpinnt. Sie ſchaukelt ſich als ſchwanker Kahn Im blauen ſchilfumkränzten Weiher, Sie ſchlingt den Dampf ums Haupt als Schleier Und ſauſt dahin als Eiſenbahn. Von nie geahnter Kraft geſchwellt, Verwarf ſie ihre alten Krücken, Sie mauert Tunnel, zimmert Brücken Und pfeift als Dampfſchiff um die Welt. Ja, Wunder thut ſie ſonder Zahl, Sie lindert jegliches Verhängniß, Sie ſetzt den Fuß ſelbſt ins Gefängniß Und ſpeiſt die Armuth im Spital. Wohl war's der Himmel, der ſie ſchuf,
Doch heimiſch ward ſie längſt auf Erden; Drauf immer heimiſcher zu werden, Iſt ihr ureigenſter Beruf! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0036" n="14"/> <lg n="44"> <l>Auch harft ſie nicht als Abendwind</l><lb/> <l>Nur in zerbröckelten Ruinen,</l><lb/> <l>Sie treibt auch ſingend die Maſchinen</l><lb/> <l>Und pocht und hämmert, näht und ſpinnt.</l><lb/> </lg> <lg n="45"> <l>Sie ſchaukelt ſich als ſchwanker Kahn</l><lb/> <l>Im blauen ſchilfumkränzten Weiher,</l><lb/> <l>Sie ſchlingt den Dampf ums Haupt als Schleier</l><lb/> <l>Und ſauſt dahin als Eiſenbahn.</l><lb/> </lg> <lg n="46"> <l>Von nie geahnter Kraft geſchwellt,</l><lb/> <l>Verwarf ſie ihre alten Krücken,</l><lb/> <l>Sie mauert Tunnel, zimmert Brücken</l><lb/> <l>Und pfeift als Dampfſchiff um die Welt.</l><lb/> </lg> <lg n="47"> <l>Ja, Wunder thut ſie ſonder Zahl,</l><lb/> <l>Sie lindert jegliches Verhängniß,</l><lb/> <l>Sie ſetzt den Fuß ſelbſt ins Gefängniß</l><lb/> <l>Und ſpeiſt die Armuth im Spital.</l><lb/> </lg> <lg n="48"> <l><hi rendition="#g">Wohl war's der Himmel</hi>, <hi rendition="#g">der ſie ſchuf</hi>,</l><lb/> <l><hi rendition="#g">Doch heimiſch ward ſie längſt auf Erden</hi>;</l><lb/> <l><hi rendition="#g">Drauf immer heimiſcher zu werden</hi>,</l><lb/> <l><hi rendition="#g">Iſt ihr ureigenſter Beruf</hi>!</l><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [14/0036]
Auch harft ſie nicht als Abendwind
Nur in zerbröckelten Ruinen,
Sie treibt auch ſingend die Maſchinen
Und pocht und hämmert, näht und ſpinnt.
Sie ſchaukelt ſich als ſchwanker Kahn
Im blauen ſchilfumkränzten Weiher,
Sie ſchlingt den Dampf ums Haupt als Schleier
Und ſauſt dahin als Eiſenbahn.
Von nie geahnter Kraft geſchwellt,
Verwarf ſie ihre alten Krücken,
Sie mauert Tunnel, zimmert Brücken
Und pfeift als Dampfſchiff um die Welt.
Ja, Wunder thut ſie ſonder Zahl,
Sie lindert jegliches Verhängniß,
Sie ſetzt den Fuß ſelbſt ins Gefängniß
Und ſpeiſt die Armuth im Spital.
Wohl war's der Himmel, der ſie ſchuf,
Doch heimiſch ward ſie längſt auf Erden;
Drauf immer heimiſcher zu werden,
Iſt ihr ureigenſter Beruf!
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