Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811.nicht eine andere Spur ihres Daseyns gefunden worauf dieser Franz freiläßt, das Ehepaar ausstattet,
und ihm einige Güter abtritt, auf denen Jakoba im Jahrc 1456 starb. -- Ist das nicht Stoff zu einem Roman? Wie unerlöschlich war der Durst nach dem Bessern in diesem wahrhaft deutschen Weibe, um mit so viel Aufopferung das Glück der Ehe bei vier Män- nern zu suchen? und wie edel ist die treue Neigung, mit der sie endlich Land und Leute für den spät gefund- nen eigentlichen Gatten hingiebt. Welch ein reicher Gegenstand! in welcher Epoche mag sie wohl die Töpfe gemacht haben? Wenn wir sie symbolisch betrachten, so paßte sich im Grunde jeder Zeitpunkt ihres Lebens zu dieser zerbrechlichen Schöpfung. -- -- -- nicht eine andere Spur ihres Daſeyns gefunden worauf dieſer Franz freilaͤßt, das Ehepaar ausſtattet,
und ihm einige Guͤter abtritt, auf denen Jakoba im Jahrc 1456 ſtarb. — Iſt das nicht Stoff zu einem Roman? Wie unerloͤſchlich war der Durſt nach dem Beſſern in dieſem wahrhaft deutſchen Weibe, um mit ſo viel Aufopferung das Gluͤck der Ehe bei vier Maͤn- nern zu ſuchen? und wie edel iſt die treue Neigung, mit der ſie endlich Land und Leute fuͤr den ſpaͤt gefund- nen eigentlichen Gatten hingiebt. Welch ein reicher Gegenſtand! in welcher Epoche mag ſie wohl die Toͤpfe gemacht haben? Wenn wir ſie ſymboliſch betrachten, ſo paßte ſich im Grunde jeder Zeitpunkt ihres Lebens zu dieſer zerbrechlichen Schoͤpfung. — — — <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0188" n="174"/> nicht eine andere Spur ihres Daſeyns gefunden<lb/> haͤtte, naͤhmlich eine Art drolliger koniſcher Kruͤ-<lb/> ge, beinahe wie die Bierkruͤge in Schwaben, die<lb/> ſie ſelbſt zu ihrem Zeitvertreib gemacht haben ſoll.<lb/> Man findet dieſe Toͤpfe in dem Schloſſe von Hems-<lb/> kerker, wo ſie gelebt hat, und nennt ſie Jakobas-<lb/> kruͤge. Die Maſſe aͤhnelt den Steinkruͤgen und<lb/> Toͤpfen, die wir alle aus den Niederlanden er-<lb/> halten. Die Sache iſt ein langweiliger Spaß,<lb/> wenn ſie erfunden, und hoͤchſt gleichguͤltig wenn<lb/> ſie wahr iſt; aber angenommen, ſtellte ich mir<lb/> das Geſicht mit ſeiner ſteifen Beguine, und unbe-<lb/> weglichen Zuͤgen, das heißt von keiner Abwechſe-<lb/><note xml:id="note-0188" prev="#note-0187" place="foot" n="*)">worauf dieſer Franz freilaͤßt, das Ehepaar ausſtattet,<lb/> und ihm einige Guͤter abtritt, auf denen Jakoba im<lb/> Jahrc 1456 ſtarb. — Iſt das nicht Stoff zu einem<lb/> Roman? Wie unerloͤſchlich war der Durſt nach dem<lb/> Beſſern in dieſem wahrhaft deutſchen Weibe, um mit<lb/> ſo viel Aufopferung das Gluͤck der Ehe bei vier Maͤn-<lb/> nern zu ſuchen? und wie edel iſt die treue Neigung,<lb/> mit der ſie endlich Land und Leute fuͤr den ſpaͤt gefund-<lb/> nen eigentlichen Gatten hingiebt. Welch ein reicher<lb/> Gegenſtand! in welcher Epoche mag ſie wohl die Toͤpfe<lb/> gemacht haben? Wenn wir ſie ſymboliſch betrachten, ſo<lb/> paßte ſich im Grunde jeder Zeitpunkt ihres Lebens zu<lb/> dieſer zerbrechlichen Schoͤpfung. — — —</note><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [174/0188]
nicht eine andere Spur ihres Daſeyns gefunden
haͤtte, naͤhmlich eine Art drolliger koniſcher Kruͤ-
ge, beinahe wie die Bierkruͤge in Schwaben, die
ſie ſelbſt zu ihrem Zeitvertreib gemacht haben ſoll.
Man findet dieſe Toͤpfe in dem Schloſſe von Hems-
kerker, wo ſie gelebt hat, und nennt ſie Jakobas-
kruͤge. Die Maſſe aͤhnelt den Steinkruͤgen und
Toͤpfen, die wir alle aus den Niederlanden er-
halten. Die Sache iſt ein langweiliger Spaß,
wenn ſie erfunden, und hoͤchſt gleichguͤltig wenn
ſie wahr iſt; aber angenommen, ſtellte ich mir
das Geſicht mit ſeiner ſteifen Beguine, und unbe-
weglichen Zuͤgen, das heißt von keiner Abwechſe-
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*) worauf dieſer Franz freilaͤßt, das Ehepaar ausſtattet,
und ihm einige Guͤter abtritt, auf denen Jakoba im
Jahrc 1456 ſtarb. — Iſt das nicht Stoff zu einem
Roman? Wie unerloͤſchlich war der Durſt nach dem
Beſſern in dieſem wahrhaft deutſchen Weibe, um mit
ſo viel Aufopferung das Gluͤck der Ehe bei vier Maͤn-
nern zu ſuchen? und wie edel iſt die treue Neigung,
mit der ſie endlich Land und Leute fuͤr den ſpaͤt gefund-
nen eigentlichen Gatten hingiebt. Welch ein reicher
Gegenſtand! in welcher Epoche mag ſie wohl die Toͤpfe
gemacht haben? Wenn wir ſie ſymboliſch betrachten, ſo
paßte ſich im Grunde jeder Zeitpunkt ihres Lebens zu
dieſer zerbrechlichen Schoͤpfung. — — —
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