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Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811.

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lichen, aber ernsten Aeußerung zurück, daß er be-
schämt sei Gesetze übertreten zu haben, da es ihm
zukäm, sie am strengsten zu ehren. -- Wahrschein-
lich wird die französische Regierung -- denn die
Confiscationen gehören der Regierung, die Zoll-
bediente haben nur ihren Gehalt -- dafür sorgen,
daß er entschädigt wird, das vermindert aber nicht
den Anstand und die Liebenswürdigkeit in des Kö-
nigs Betragen. Warum kann ich mir doch, wenn
ich in Fürsten menschlichschöne Eigenschaften er-
kenne, des Wunsches nicht enthalten, sie möchten
nicht für den Thron bestimmt seyn. -- Endlich
bleibt mir für den Karakter des Herrschers ein so
aus der Menschheit heraus gehobnes Wesen übrig,
daß es mir die Empfindung eines Menschen er-
regt, der mit höhern Geistern im Bunde, allen
Banden der Menschheit entsagt hat. Kann es
denn auch anders seyn? Der an die Stelle des
Gesetzes gestellt ward, versetzt sich der nicht auch
bald an die Stelle des Schicksals? und der diesen
furchtbaren Eingriff in die Rechte der Gottheit
wagt -- muß er nicht von ihr erleuchtet, oder
von ihr der schrecklichen Nemesis geweiht seyn? --
Nie erregt, was ich von Ludwigs Individualität
hörte, diese furchtbare Bilder; sie spricht überall

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lichen, aber ernſten Aeußerung zuruͤck, daß er be-
ſchaͤmt ſei Geſetze uͤbertreten zu haben, da es ihm
zukaͤm, ſie am ſtrengſten zu ehren. — Wahrſchein-
lich wird die franzoͤſiſche Regierung — denn die
Confiscationen gehoͤren der Regierung, die Zoll-
bediente haben nur ihren Gehalt — dafuͤr ſorgen,
daß er entſchaͤdigt wird, das vermindert aber nicht
den Anſtand und die Liebenswuͤrdigkeit in des Koͤ-
nigs Betragen. Warum kann ich mir doch, wenn
ich in Fuͤrſten menſchlichſchoͤne Eigenſchaften er-
kenne, des Wunſches nicht enthalten, ſie moͤchten
nicht fuͤr den Thron beſtimmt ſeyn. — Endlich
bleibt mir fuͤr den Karakter des Herrſchers ein ſo
aus der Menſchheit heraus gehobnes Weſen uͤbrig,
daß es mir die Empfindung eines Menſchen er-
regt, der mit hoͤhern Geiſtern im Bunde, allen
Banden der Menſchheit entſagt hat. Kann es
denn auch anders ſeyn? Der an die Stelle des
Geſetzes geſtellt ward, verſetzt ſich der nicht auch
bald an die Stelle des Schickſals? und der dieſen
furchtbaren Eingriff in die Rechte der Gottheit
wagt — muß er nicht von ihr erleuchtet, oder
von ihr der ſchrecklichen Nemeſis geweiht ſeyn? —
Nie erregt, was ich von Ludwigs Individualitaͤt
hoͤrte, dieſe furchtbare Bilder; ſie ſpricht uͤberall

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[81/0095] lichen, aber ernſten Aeußerung zuruͤck, daß er be- ſchaͤmt ſei Geſetze uͤbertreten zu haben, da es ihm zukaͤm, ſie am ſtrengſten zu ehren. — Wahrſchein- lich wird die franzoͤſiſche Regierung — denn die Confiscationen gehoͤren der Regierung, die Zoll- bediente haben nur ihren Gehalt — dafuͤr ſorgen, daß er entſchaͤdigt wird, das vermindert aber nicht den Anſtand und die Liebenswuͤrdigkeit in des Koͤ- nigs Betragen. Warum kann ich mir doch, wenn ich in Fuͤrſten menſchlichſchoͤne Eigenſchaften er- kenne, des Wunſches nicht enthalten, ſie moͤchten nicht fuͤr den Thron beſtimmt ſeyn. — Endlich bleibt mir fuͤr den Karakter des Herrſchers ein ſo aus der Menſchheit heraus gehobnes Weſen uͤbrig, daß es mir die Empfindung eines Menſchen er- regt, der mit hoͤhern Geiſtern im Bunde, allen Banden der Menſchheit entſagt hat. Kann es denn auch anders ſeyn? Der an die Stelle des Geſetzes geſtellt ward, verſetzt ſich der nicht auch bald an die Stelle des Schickſals? und der dieſen furchtbaren Eingriff in die Rechte der Gottheit wagt — muß er nicht von ihr erleuchtet, oder von ihr der ſchrecklichen Nemeſis geweiht ſeyn? — Nie erregt, was ich von Ludwigs Individualitaͤt hoͤrte, dieſe furchtbare Bilder; ſie ſpricht uͤberall F

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Zitationshilfe: Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/95>, abgerufen am 10.05.2024.