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Huber, Franz C.: Die Geschichtliche Entwickelung des modernen Verkehrs. Tübingen, 1893.

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übergehenden Anlasses ein Postenlauf eingerichtet, und
nach Erledigung des speziellen Bedürfnisses wieder aufgehoben
wurde. Montaigne hebt daher in Coquelin's "Dict. de l'economie
politique" als wesentliches Merkmal hervor "Postes assisses et
non ordonnees freschement pour cette course".

Die Legung eines derartigen vorübergehenden Postenlaufs
war im 16. Jhh. etwas Häufiges; 1544 z. B. legt Philipp der
Grossmütige für die Dauer des Reichstags eine Reitpost zwischen
Speyer-Kassel. Am 26. März 1546 ordiniert der Rat in Frank-
furt zwei fussgehende Boten für die Strecke Darmstadt-Ober-
rossbach (b. Friedberg); "den 26. April ist diese gedoppelt
gehende Post wieder abgeschafft worden" (s. Faulhaber im
Archiv für Frankfurt's Geschichte 1883, S. 12). Die auf eine
ähnliche Relaispost bezüglichen Anordnungen Maximilians I.
und Karls V. werden fast allgemein unrichtig gedeutet; die einen
fassen sie als eine ständige Posteinrichtung auf, die andern
schliessen sich der Ansicht Beust's (1747) an, als ob die je-
weilige Einrichtung eines derartigen temporären Staffetten-
dienstes beweise, dass z. B. zwischen Wien und Nürnberg
noch nicht eine städtische Ordinari-Post bestanden habe. Diese
Schlussfolgerung konnte sich nur behaupten, weil man das
Wort "Poste" falsch deutete und den Stand des damaligen
Verkehrs nicht deutlich genug vor Augen hatte. Einen Finger-
zeig gibt die gleichzeitige Legung von Relais auf einer andern
Strecke. Wie nämlich der Kaiser für die Mobilmachung, so
richtete auch der Papst zur Zeit des Konzils von Trient einen
Spezial-Kourierdienst zwischen der Stadt des Konzils und Rom
ein; eben wegen der schweren Kosten, welche dieser Postdienst
hervorrief, drang 1560 der Papst auf Abkürzung des Konzils
(s. Döllingers "Kleinere Schriften" 1890, S. 253). Auch diese
Thatsache beweist nicht, dass etwa nicht zwischen Rom und
Trient, bezw. Venedig, (Taxis'sche und andere) Reitboten kursiert
hätten; es verkehrte vielmehr schon damals alle vier bis zehn
Tage zwischen den beiden Weltstädten ein Kourier hin und
her, allerdings zunächst nur für die Depeschen der belgisch-
spanischen Regierung. --

Bemerkenswert ist, dass die Taxis'sche Route in den ersten

übergehenden Anlasses ein Postenlauf eingerichtet, und
nach Erledigung des speziellen Bedürfnisses wieder aufgehoben
wurde. Montaigne hebt daher in Coquelin’s »Dict. de l’economie
politique« als wesentliches Merkmal hervor »Postes assisses et
non ordonnées freschement pour cette course«.

Die Legung eines derartigen vorübergehenden Postenlaufs
war im 16. Jhh. etwas Häufiges; 1544 z. B. legt Philipp der
Grossmütige für die Dauer des Reichstags eine Reitpost zwischen
Speyer-Kassel. Am 26. März 1546 ordiniert der Rat in Frank-
furt zwei fussgehende Boten für die Strecke Darmstadt-Ober-
rossbach (b. Friedberg); »den 26. April ist diese gedoppelt
gehende Post wieder abgeschafft worden« (s. Faulhaber im
Archiv für Frankfurt’s Geschichte 1883, S. 12). Die auf eine
ähnliche Relaispost bezüglichen Anordnungen Maximilians I.
und Karls V. werden fast allgemein unrichtig gedeutet; die einen
fassen sie als eine ständige Posteinrichtung auf, die andern
schliessen sich der Ansicht Beust’s (1747) an, als ob die je-
weilige Einrichtung eines derartigen temporären Staffetten-
dienstes beweise, dass z. B. zwischen Wien und Nürnberg
noch nicht eine städtische Ordinari-Post bestanden habe. Diese
Schlussfolgerung konnte sich nur behaupten, weil man das
Wort »Poste« falsch deutete und den Stand des damaligen
Verkehrs nicht deutlich genug vor Augen hatte. Einen Finger-
zeig gibt die gleichzeitige Legung von Relais auf einer andern
Strecke. Wie nämlich der Kaiser für die Mobilmachung, so
richtete auch der Papst zur Zeit des Konzils von Trient einen
Spezial-Kourierdienst zwischen der Stadt des Konzils und Rom
ein; eben wegen der schweren Kosten, welche dieser Postdienst
hervorrief, drang 1560 der Papst auf Abkürzung des Konzils
(s. Döllingers »Kleinere Schriften« 1890, S. 253). Auch diese
Thatsache beweist nicht, dass etwa nicht zwischen Rom und
Trient, bezw. Venedig, (Taxis’sche und andere) Reitboten kursiert
hätten; es verkehrte vielmehr schon damals alle vier bis zehn
Tage zwischen den beiden Weltstädten ein Kourier hin und
her, allerdings zunächst nur für die Depeschen der belgisch-
spanischen Regierung. —

Bemerkenswert ist, dass die Taxis’sche Route in den ersten

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[158/0174] übergehenden Anlasses ein Postenlauf eingerichtet, und nach Erledigung des speziellen Bedürfnisses wieder aufgehoben wurde. Montaigne hebt daher in Coquelin’s »Dict. de l’economie politique« als wesentliches Merkmal hervor »Postes assisses et non ordonnées freschement pour cette course«. Die Legung eines derartigen vorübergehenden Postenlaufs war im 16. Jhh. etwas Häufiges; 1544 z. B. legt Philipp der Grossmütige für die Dauer des Reichstags eine Reitpost zwischen Speyer-Kassel. Am 26. März 1546 ordiniert der Rat in Frank- furt zwei fussgehende Boten für die Strecke Darmstadt-Ober- rossbach (b. Friedberg); »den 26. April ist diese gedoppelt gehende Post wieder abgeschafft worden« (s. Faulhaber im Archiv für Frankfurt’s Geschichte 1883, S. 12). Die auf eine ähnliche Relaispost bezüglichen Anordnungen Maximilians I. und Karls V. werden fast allgemein unrichtig gedeutet; die einen fassen sie als eine ständige Posteinrichtung auf, die andern schliessen sich der Ansicht Beust’s (1747) an, als ob die je- weilige Einrichtung eines derartigen temporären Staffetten- dienstes beweise, dass z. B. zwischen Wien und Nürnberg noch nicht eine städtische Ordinari-Post bestanden habe. Diese Schlussfolgerung konnte sich nur behaupten, weil man das Wort »Poste« falsch deutete und den Stand des damaligen Verkehrs nicht deutlich genug vor Augen hatte. Einen Finger- zeig gibt die gleichzeitige Legung von Relais auf einer andern Strecke. Wie nämlich der Kaiser für die Mobilmachung, so richtete auch der Papst zur Zeit des Konzils von Trient einen Spezial-Kourierdienst zwischen der Stadt des Konzils und Rom ein; eben wegen der schweren Kosten, welche dieser Postdienst hervorrief, drang 1560 der Papst auf Abkürzung des Konzils (s. Döllingers »Kleinere Schriften« 1890, S. 253). Auch diese Thatsache beweist nicht, dass etwa nicht zwischen Rom und Trient, bezw. Venedig, (Taxis’sche und andere) Reitboten kursiert hätten; es verkehrte vielmehr schon damals alle vier bis zehn Tage zwischen den beiden Weltstädten ein Kourier hin und her, allerdings zunächst nur für die Depeschen der belgisch- spanischen Regierung. — Bemerkenswert ist, dass die Taxis’sche Route in den ersten

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Zitationshilfe: Huber, Franz C.: Die Geschichtliche Entwickelung des modernen Verkehrs. Tübingen, 1893, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_verkehr_1893/174>, abgerufen am 21.11.2024.