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Huber, Franz C.: Die Geschichtliche Entwickelung des modernen Verkehrs. Tübingen, 1893.

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selbst die fürstlichen Wagen waren bis ins 18. Jhh. herein der-
art, dass z. B. Louis XIV. wegen des Zustandes der Wagen,
die noch damals eiserne Achsen und Federn nicht hatten, eine
Badereise nicht antreten konnten.

Bei dieser Beschaffenheit der Verkehrsmittel -- auch die
Pferde waren selbstverständlich nicht besser -- war mit der
Einrichtung der Fahrpost noch wenig gewonnen; sie wird in
den ersten Jahrzehnten noch wenig benützt; die Postbeförderung
ist alles eher als ein Vergnügen; 1588 z. B. klagt der sächsische
Landtag, dass Pferde und Wagen oft lange müssig stehen müssten;
1629 berichtet M. Zeiller von der zwischen Paris und Orleans
kursierenden Landkutsche, es sei mit ihr "ein liederlichs fahren";
(ebenso warnt er in seinem "Fidus Achates" allgemein und aus-
drücklich vor dem Reiten auf der Post).

Dagegen wirkte die Ausbreitung der Fahrpost wesentlich
auf die Verbesserung der Kommunikationswege ein. Welch
mächtigen Antrieb dieselbe abgab, zeigt z. B. die Geschichte
des Verkehrswesens in Frankreich. Fast gleichzeitig erfolgt da-
selbst die Einführung der Postwagen (1664), des Baus gerad-
liniger Strassen (z. B. von Nancy nach Basel 1632), die syste-
matische Erstellung eines baulich wohlgehaltenen Wegkörpers,
die Ersetzung der weniger leistungsfähigen Strassenfrohn durch
die Steuer-Umlage (Turgot). Trotzdem waren noch bis zum
Anfang dieses Jahrhunderts die wenigsten Strassen auch im
Winter passierbar; es kursieren ja darüber noch manche Anek-
doten; (auf der Reichsstrasse nach Offenburg z. B. waren
Mitte der 90ger Jahre im Herbst mehrere Dutzend Fracht-
wagen im Morast stecken geblieben). Aber auch in England
waren -- trotz des damaligen Verkehrs-Aufschwungs -- nicht
einmal die Hauptstrassen im leidlichen Zustand; so erzählt Fran-
cis "History of Railways": "obwohl der Reichtum und die Be-
deutung der Städte Manchester und Liverpool enorm zugenommen
hatten, war um das Jahr 1824 die Strassenverbindung zwischen
beiden Plätzen in keiner Weise verbessert; die Kanalgesell-
schaften erfreuten sich eines vollständigen Monopols; infolge
der mangelhaften Güterbeförderung waren mitunter ganze Fa-
briken aus Mangel an Rohmaterial zum Stillstand gezwungen".

selbst die fürstlichen Wagen waren bis ins 18. Jhh. herein der-
art, dass z. B. Louis XIV. wegen des Zustandes der Wagen,
die noch damals eiserne Achsen und Federn nicht hatten, eine
Badereise nicht antreten konnten.

Bei dieser Beschaffenheit der Verkehrsmittel — auch die
Pferde waren selbstverständlich nicht besser — war mit der
Einrichtung der Fahrpost noch wenig gewonnen; sie wird in
den ersten Jahrzehnten noch wenig benützt; die Postbeförderung
ist alles eher als ein Vergnügen; 1588 z. B. klagt der sächsische
Landtag, dass Pferde und Wagen oft lange müssig stehen müssten;
1629 berichtet M. Zeiller von der zwischen Paris und Orleans
kursierenden Landkutsche, es sei mit ihr »ein liederlichs fahren«;
(ebenso warnt er in seinem »Fidus Achates« allgemein und aus-
drücklich vor dem Reiten auf der Post).

Dagegen wirkte die Ausbreitung der Fahrpost wesentlich
auf die Verbesserung der Kommunikationswege ein. Welch
mächtigen Antrieb dieselbe abgab, zeigt z. B. die Geschichte
des Verkehrswesens in Frankreich. Fast gleichzeitig erfolgt da-
selbst die Einführung der Postwagen (1664), des Baus gerad-
liniger Strassen (z. B. von Nancy nach Basel 1632), die syste-
matische Erstellung eines baulich wohlgehaltenen Wegkörpers,
die Ersetzung der weniger leistungsfähigen Strassenfrohn durch
die Steuer-Umlage (Turgot). Trotzdem waren noch bis zum
Anfang dieses Jahrhunderts die wenigsten Strassen auch im
Winter passierbar; es kursieren ja darüber noch manche Anek-
doten; (auf der Reichsstrasse nach Offenburg z. B. waren
Mitte der 90ger Jahre im Herbst mehrere Dutzend Fracht-
wagen im Morast stecken geblieben). Aber auch in England
waren — trotz des damaligen Verkehrs-Aufschwungs — nicht
einmal die Hauptstrassen im leidlichen Zustand; so erzählt Fran-
cis »History of Railways«: »obwohl der Reichtum und die Be-
deutung der Städte Manchester und Liverpool enorm zugenommen
hatten, war um das Jahr 1824 die Strassenverbindung zwischen
beiden Plätzen in keiner Weise verbessert; die Kanalgesell-
schaften erfreuten sich eines vollständigen Monopols; infolge
der mangelhaften Güterbeförderung waren mitunter ganze Fa-
briken aus Mangel an Rohmaterial zum Stillstand gezwungen«.

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[221/0237] selbst die fürstlichen Wagen waren bis ins 18. Jhh. herein der- art, dass z. B. Louis XIV. wegen des Zustandes der Wagen, die noch damals eiserne Achsen und Federn nicht hatten, eine Badereise nicht antreten konnten. Bei dieser Beschaffenheit der Verkehrsmittel — auch die Pferde waren selbstverständlich nicht besser — war mit der Einrichtung der Fahrpost noch wenig gewonnen; sie wird in den ersten Jahrzehnten noch wenig benützt; die Postbeförderung ist alles eher als ein Vergnügen; 1588 z. B. klagt der sächsische Landtag, dass Pferde und Wagen oft lange müssig stehen müssten; 1629 berichtet M. Zeiller von der zwischen Paris und Orleans kursierenden Landkutsche, es sei mit ihr »ein liederlichs fahren«; (ebenso warnt er in seinem »Fidus Achates« allgemein und aus- drücklich vor dem Reiten auf der Post). Dagegen wirkte die Ausbreitung der Fahrpost wesentlich auf die Verbesserung der Kommunikationswege ein. Welch mächtigen Antrieb dieselbe abgab, zeigt z. B. die Geschichte des Verkehrswesens in Frankreich. Fast gleichzeitig erfolgt da- selbst die Einführung der Postwagen (1664), des Baus gerad- liniger Strassen (z. B. von Nancy nach Basel 1632), die syste- matische Erstellung eines baulich wohlgehaltenen Wegkörpers, die Ersetzung der weniger leistungsfähigen Strassenfrohn durch die Steuer-Umlage (Turgot). Trotzdem waren noch bis zum Anfang dieses Jahrhunderts die wenigsten Strassen auch im Winter passierbar; es kursieren ja darüber noch manche Anek- doten; (auf der Reichsstrasse nach Offenburg z. B. waren Mitte der 90ger Jahre im Herbst mehrere Dutzend Fracht- wagen im Morast stecken geblieben). Aber auch in England waren — trotz des damaligen Verkehrs-Aufschwungs — nicht einmal die Hauptstrassen im leidlichen Zustand; so erzählt Fran- cis »History of Railways«: »obwohl der Reichtum und die Be- deutung der Städte Manchester und Liverpool enorm zugenommen hatten, war um das Jahr 1824 die Strassenverbindung zwischen beiden Plätzen in keiner Weise verbessert; die Kanalgesell- schaften erfreuten sich eines vollständigen Monopols; infolge der mangelhaften Güterbeförderung waren mitunter ganze Fa- briken aus Mangel an Rohmaterial zum Stillstand gezwungen«.

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Zitationshilfe: Huber, Franz C.: Die Geschichtliche Entwickelung des modernen Verkehrs. Tübingen, 1893, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_verkehr_1893/237>, abgerufen am 22.11.2024.