Huber, Franz C.: Die Geschichtliche Entwickelung des modernen Verkehrs. Tübingen, 1893.auf Noah zurückgeführt hat 1). In der That ist dieser 1) Speziell für die deutsche Geschichtsschreibung traf es sich weiter noch misslich, dass nicht nur ein gutmütiger Eifer, wie ihn Berger bezgl. der Römerstrassen konstatiert, sondern auch eine vom Geschäftsinteresse angespornte Tendenz die Phantasie erhitzte: mit dem Aufkommen des Taxis'schen Postre- gals nämlich hatten deren Sachwalter zuerst das Bestreben, das Regal nach den Grundsätzen des neu rezipierten römischen Rechtes zu begründen und zu erweitern, und dann in den späteren Jahrhunderten ein Interesse daran, das Kaiserliche Privileg in eine möglichst ferne Zeit zurückzudatieren. Ge- rade diejenigen Schriftsteller also, welche den besten Apparat zur Seite haben, stehen unter dem Banne einer Tendenz, wie die alten Chronikschreiber, welche Historie treiben, um nachzuweisen, dass die Privilegien und Besitztitel ihres Klosters oder Landesherrn in möglichst weite Vergangenheit zurückgreifen, oder um solche mit dem rezipierten Rechtszustand zu decken. Diese par- teiische Geschichtschreibung hat in einer bis auf den heutigen Tag nachwirken- den Weise zur Verdunkelung des wirklichen Sachverhalts mit beigetragen. 2) Hübsch liest es sich, wie 300 Jahre später Delmati (1890, S. 33)
fast mit den gleichen Worten, betont: "Ma, trovi essa le sue origine nelle angarie e parangarie dei Persiani, o negli emerodromi della Grecia, o nel cursus publicus di Roma" (S. 13 "regolare servizio"!) "o nei tabellarii di Carlo Magno, o nella instituzione ideata da Omodeo Tasso, e indubitato che antica e la sua origine, antica quanto (!) la necessita per gli uomini di stringer vincoli di affetti e di affari." (Vergl. S. 3: "l'origine della posta e connessa con quella dello Stato"). Mit derselben Beflissenheit wird von den "Anales de las Ordenanzas de correos de Espanna" (1879, S. 11) die "remota antigüedad" hervorgehoben und dies in ähnlicher Weise, wie auf Noah zurückgeführt hat 1). In der That ist dieser 1) Speziell für die deutsche Geschichtsschreibung traf es sich weiter noch misslich, dass nicht nur ein gutmütiger Eifer, wie ihn Berger bezgl. der Römerstrassen konstatiert, sondern auch eine vom Geschäftsinteresse angespornte Tendenz die Phantasie erhitzte: mit dem Aufkommen des Taxis’schen Postre- gals nämlich hatten deren Sachwalter zuerst das Bestreben, das Regal nach den Grundsätzen des neu rezipierten römischen Rechtes zu begründen und zu erweitern, und dann in den späteren Jahrhunderten ein Interesse daran, das Kaiserliche Privileg in eine möglichst ferne Zeit zurückzudatieren. Ge- rade diejenigen Schriftsteller also, welche den besten Apparat zur Seite haben, stehen unter dem Banne einer Tendenz, wie die alten Chronikschreiber, welche Historie treiben, um nachzuweisen, dass die Privilegien und Besitztitel ihres Klosters oder Landesherrn in möglichst weite Vergangenheit zurückgreifen, oder um solche mit dem rezipierten Rechtszustand zu decken. Diese par- teiische Geschichtschreibung hat in einer bis auf den heutigen Tag nachwirken- den Weise zur Verdunkelung des wirklichen Sachverhalts mit beigetragen. 2) Hübsch liest es sich, wie 300 Jahre später Delmati (1890, S. 33)
fast mit den gleichen Worten, betont: »Ma, trovi essa le sue origine nelle angarie e parangarie dei Persiani, o negli emerodromi della Grecia, o nel cursus publicus di Roma« (S. 13 »regolare servizio«!) »o nei tabellarii di Carlo Magno, o nella instituzione ideata da Omodeo Tasso, è indubitato che antica è la sua origine, antica quanto (!) la necessità per gli uomini di stringer vincoli di affetti e di affari.« (Vergl. S. 3: »l’origine della posta è connessa con quella dello Stato«). Mit derselben Beflissenheit wird von den »Anales de las Ordenanzas de correos de Espanna« (1879, S. 11) die »remota antigüedad« hervorgehoben und dies in ähnlicher Weise, wie <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0044" n="28"/> auf Noah zurückgeführt hat <note place="foot" n="1)">Speziell für die deutsche Geschichtsschreibung traf es sich weiter noch<lb/> misslich, dass nicht nur ein gutmütiger Eifer, wie ihn <hi rendition="#g">Berger</hi> bezgl. der<lb/> Römerstrassen konstatiert, sondern auch eine vom Geschäftsinteresse angespornte<lb/> Tendenz die Phantasie erhitzte: mit dem Aufkommen des Taxis’schen Postre-<lb/> gals nämlich hatten deren Sachwalter zuerst das Bestreben, das Regal nach<lb/> den Grundsätzen des neu rezipierten römischen Rechtes zu begründen und<lb/> zu erweitern, und dann in den späteren Jahrhunderten ein Interesse daran,<lb/> das Kaiserliche Privileg in eine möglichst ferne Zeit zurückzudatieren. Ge-<lb/> rade diejenigen Schriftsteller also, welche den besten Apparat zur Seite haben,<lb/> stehen unter dem Banne einer Tendenz, wie die alten Chronikschreiber, welche<lb/> Historie treiben, um nachzuweisen, dass die Privilegien und Besitztitel ihres<lb/> Klosters oder Landesherrn in möglichst weite Vergangenheit zurückgreifen,<lb/> oder um solche mit dem rezipierten Rechtszustand zu decken. Diese par-<lb/> teiische Geschichtschreibung hat in einer bis auf den heutigen Tag nachwirken-<lb/> den Weise zur Verdunkelung des wirklichen Sachverhalts mit beigetragen.</note>. In der That ist dieser<lb/> »Amtseifer« mittelalterlich. Denn es ist kein Geringerer<lb/> als Codogno, der Vater der Postgeschichte (1608), der die<lb/> Post (S. 4, 17, 70) schon bei den »total verschollenen<lb/> Urvölkern«, bei Theseus, bei Salomon, Pyrrhus, Julius<lb/> Cäsar nachzuweisen sucht und dann (S. 9) sich kurz dahin<lb/> resolviert: »<hi rendition="#i">Ma sia stato Pirro, sia stato Salomone, sia stato<lb/> Theseo inventore diquesto communque si sia, resta chiaro<lb/> e manifesto l’officio di Corriero maggiore, ò sia come si è<lb/> detto di sopra, essere per la lui <hi rendition="#g">âtichità</hi> molto riguar-<lb/> deuole</hi>.« Auch den heutigen Kollegen des Codogno ist<lb/> diese »Ahnenprobe« eine Herzensangelegenheit, auch sie<lb/> suchen, wie ihr Vorfahre, ihre Belesenheit in ein helles<lb/> Licht zu setzen <note xml:id="seg2pn_4_1" next="#seg2pn_4_2" place="foot" n="2)">Hübsch liest es sich, wie 300 Jahre später <hi rendition="#g">Delmati</hi> (1890, S. 33)<lb/> fast mit den gleichen Worten, betont: »<hi rendition="#i">Ma, trovi essa le sue origine nelle<lb/> angarie e parangarie dei Persiani, o negli emerodromi della Grecia, o nel<lb/> cursus publicus di Roma</hi>« (S. 13 »<hi rendition="#i">regolare servizio</hi>«!) »<hi rendition="#i">o nei tabellarii di<lb/> Carlo Magno, o nella instituzione ideata da Omodeo Tasso, è indubitato che<lb/> antica è la sua origine, <hi rendition="#g">antica quanto</hi> (!) la necessità per gli uomini<lb/> di stringer vincoli di affetti e di affari</hi>.« (Vergl. S. 3: »<hi rendition="#i">l’origine della<lb/> posta è connessa con quella dello Stato</hi>«). Mit derselben Beflissenheit wird<lb/> von den »<hi rendition="#i">Anales de las Ordenanzas de correos de Espanna</hi>« (1879, S. 11)<lb/> die »<hi rendition="#i">remota antigüedad</hi>« hervorgehoben und dies in ähnlicher Weise, wie</note>. Der Unterschied ist nur der, dass die<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [28/0044]
auf Noah zurückgeführt hat 1). In der That ist dieser
»Amtseifer« mittelalterlich. Denn es ist kein Geringerer
als Codogno, der Vater der Postgeschichte (1608), der die
Post (S. 4, 17, 70) schon bei den »total verschollenen
Urvölkern«, bei Theseus, bei Salomon, Pyrrhus, Julius
Cäsar nachzuweisen sucht und dann (S. 9) sich kurz dahin
resolviert: »Ma sia stato Pirro, sia stato Salomone, sia stato
Theseo inventore diquesto communque si sia, resta chiaro
e manifesto l’officio di Corriero maggiore, ò sia come si è
detto di sopra, essere per la lui âtichità molto riguar-
deuole.« Auch den heutigen Kollegen des Codogno ist
diese »Ahnenprobe« eine Herzensangelegenheit, auch sie
suchen, wie ihr Vorfahre, ihre Belesenheit in ein helles
Licht zu setzen 2). Der Unterschied ist nur der, dass die
1) Speziell für die deutsche Geschichtsschreibung traf es sich weiter noch
misslich, dass nicht nur ein gutmütiger Eifer, wie ihn Berger bezgl. der
Römerstrassen konstatiert, sondern auch eine vom Geschäftsinteresse angespornte
Tendenz die Phantasie erhitzte: mit dem Aufkommen des Taxis’schen Postre-
gals nämlich hatten deren Sachwalter zuerst das Bestreben, das Regal nach
den Grundsätzen des neu rezipierten römischen Rechtes zu begründen und
zu erweitern, und dann in den späteren Jahrhunderten ein Interesse daran,
das Kaiserliche Privileg in eine möglichst ferne Zeit zurückzudatieren. Ge-
rade diejenigen Schriftsteller also, welche den besten Apparat zur Seite haben,
stehen unter dem Banne einer Tendenz, wie die alten Chronikschreiber, welche
Historie treiben, um nachzuweisen, dass die Privilegien und Besitztitel ihres
Klosters oder Landesherrn in möglichst weite Vergangenheit zurückgreifen,
oder um solche mit dem rezipierten Rechtszustand zu decken. Diese par-
teiische Geschichtschreibung hat in einer bis auf den heutigen Tag nachwirken-
den Weise zur Verdunkelung des wirklichen Sachverhalts mit beigetragen.
2) Hübsch liest es sich, wie 300 Jahre später Delmati (1890, S. 33)
fast mit den gleichen Worten, betont: »Ma, trovi essa le sue origine nelle
angarie e parangarie dei Persiani, o negli emerodromi della Grecia, o nel
cursus publicus di Roma« (S. 13 »regolare servizio«!) »o nei tabellarii di
Carlo Magno, o nella instituzione ideata da Omodeo Tasso, è indubitato che
antica è la sua origine, antica quanto (!) la necessità per gli uomini
di stringer vincoli di affetti e di affari.« (Vergl. S. 3: »l’origine della
posta è connessa con quella dello Stato«). Mit derselben Beflissenheit wird
von den »Anales de las Ordenanzas de correos de Espanna« (1879, S. 11)
die »remota antigüedad« hervorgehoben und dies in ähnlicher Weise, wie
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