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Huber, Franz C.: Die Geschichtliche Entwickelung des modernen Verkehrs. Tübingen, 1893.

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liegt darin, dass sich, wie um die alte deutsche Post, so
auch um das moderne Taxis'sche Regal und zwar fast unter
den Augen der Mitlebenden ein Mythus gebildet hat. Das
Reichspostmeisteramt der Taxis und damit das Postregal
wird, wie ein Adelsbrief, möglichst weit in die Vorzeit zu-
rückgeführt; die Familie Taxis hatte an dieser Zurückdatie-
rung ein Interesse, da die vorhandenen Bestallungsbriefe
Karls V. und seiner Nachfolger zur juristischen Begründung
des Regals nicht ausreichen wollten. Schon 1578 behauptet
ein Taxis, (der Augsburger Postmeister Seraphin II. s. Rüb-
sam
, "Johann Baptista von Taxis" 1889, S. 3), "vor vielen
abgelaufenen Jahren und bei Zeiten Kaiser Friedrichs III.
hätten seine Vorfahren das alte Postwesen erfunden", und
schon 1615 hat diese parteiisch befangene Anschauung die
amtliche Anerkennung in dem Lehensbrief (von 1615) ge-
funden ("das Geschlecht derer von Taxis erstlich in Er-
denck- u. Aufrichtung, folgends auch Disponier- Verseh-
u. Haltung des gemeinen Postwesens, im Heil. Reich, Hi-
spanien u. a. Provinzien" s. Lünig, Reichsarchiv pars. gen.
S. 447 a). Aehnlich werden in dem Begnadigungsbrief vom
27. Okt. 1621 die Taxis als die "Ersterfinder und Erhebere
dieses Postwerckhs" ausgezeichnet.

Es ist möglich, ja wahrscheinlich, dass schon Kaiser
Friedrich III. 1451, aus Anlass seiner italienischen Händel
einen Staffettendienst durch Tirol und Steiermark angeordnet,
und mit Legung der Relais seinen Oberstjägermeister Roger
von Taxis beauftragt hat. Aber diese Alarmposten sind alles
andere eher, als die späteren Reichsposten, sie sind keine
stehende Einrichtung, sondern nur durch einen speziellen An-
lass, durch die kriegerischen Verwicklungen mit Venedig her-
vorgerufen, ähnlich wie noch lange nachher solche Feldjäger-
Posten, ("Feldpost" Rübsam 1889 1), S. 15) als ein Teil der

1) Hausen, Staatsmaterialien, Bd. V. meint 1784: "Unter Kaiser
Maximilian I. treffen wir eigentlich den Ursprung unserer heutigen Postver-

liegt darin, dass sich, wie um die alte deutsche Post, so
auch um das moderne Taxis’sche Regal und zwar fast unter
den Augen der Mitlebenden ein Mythus gebildet hat. Das
Reichspostmeisteramt der Taxis und damit das Postregal
wird, wie ein Adelsbrief, möglichst weit in die Vorzeit zu-
rückgeführt; die Familie Taxis hatte an dieser Zurückdatie-
rung ein Interesse, da die vorhandenen Bestallungsbriefe
Karls V. und seiner Nachfolger zur juristischen Begründung
des Regals nicht ausreichen wollten. Schon 1578 behauptet
ein Taxis, (der Augsburger Postmeister Seraphin II. s. Rüb-
sam
, »Johann Baptista von Taxis« 1889, S. 3), »vor vielen
abgelaufenen Jahren und bei Zeiten Kaiser Friedrichs III.
hätten seine Vorfahren das alte Postwesen erfunden«, und
schon 1615 hat diese parteiisch befangene Anschauung die
amtliche Anerkennung in dem Lehensbrief (von 1615) ge-
funden (»das Geschlecht derer von Taxis erstlich in Er-
denck- u. Aufrichtung, folgends auch Disponier- Verseh-
u. Haltung des gemeinen Postwesens, im Heil. Reich, Hi-
spanien u. a. Provinzien« s. Lünig, Reichsarchiv pars. gen.
S. 447 a). Aehnlich werden in dem Begnadigungsbrief vom
27. Okt. 1621 die Taxis als die »Ersterfinder und Erhebere
dieses Postwerckhs« ausgezeichnet.

Es ist möglich, ja wahrscheinlich, dass schon Kaiser
Friedrich III. 1451, aus Anlass seiner italienischen Händel
einen Staffettendienst durch Tirol und Steiermark angeordnet,
und mit Legung der Relais seinen Oberstjägermeister Roger
von Taxis beauftragt hat. Aber diese Alarmposten sind alles
andere eher, als die späteren Reichsposten, sie sind keine
stehende Einrichtung, sondern nur durch einen speziellen An-
lass, durch die kriegerischen Verwicklungen mit Venedig her-
vorgerufen, ähnlich wie noch lange nachher solche Feldjäger-
Posten, (»Feldpost« Rübsam 1889 1), S. 15) als ein Teil der

1) Hausen, Staatsmaterialien, Bd. V. meint 1784: »Unter Kaiser
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[66/0082] liegt darin, dass sich, wie um die alte deutsche Post, so auch um das moderne Taxis’sche Regal und zwar fast unter den Augen der Mitlebenden ein Mythus gebildet hat. Das Reichspostmeisteramt der Taxis und damit das Postregal wird, wie ein Adelsbrief, möglichst weit in die Vorzeit zu- rückgeführt; die Familie Taxis hatte an dieser Zurückdatie- rung ein Interesse, da die vorhandenen Bestallungsbriefe Karls V. und seiner Nachfolger zur juristischen Begründung des Regals nicht ausreichen wollten. Schon 1578 behauptet ein Taxis, (der Augsburger Postmeister Seraphin II. s. Rüb- sam, »Johann Baptista von Taxis« 1889, S. 3), »vor vielen abgelaufenen Jahren und bei Zeiten Kaiser Friedrichs III. hätten seine Vorfahren das alte Postwesen erfunden«, und schon 1615 hat diese parteiisch befangene Anschauung die amtliche Anerkennung in dem Lehensbrief (von 1615) ge- funden (»das Geschlecht derer von Taxis erstlich in Er- denck- u. Aufrichtung, folgends auch Disponier- Verseh- u. Haltung des gemeinen Postwesens, im Heil. Reich, Hi- spanien u. a. Provinzien« s. Lünig, Reichsarchiv pars. gen. S. 447 a). Aehnlich werden in dem Begnadigungsbrief vom 27. Okt. 1621 die Taxis als die »Ersterfinder und Erhebere dieses Postwerckhs« ausgezeichnet. Es ist möglich, ja wahrscheinlich, dass schon Kaiser Friedrich III. 1451, aus Anlass seiner italienischen Händel einen Staffettendienst durch Tirol und Steiermark angeordnet, und mit Legung der Relais seinen Oberstjägermeister Roger von Taxis beauftragt hat. Aber diese Alarmposten sind alles andere eher, als die späteren Reichsposten, sie sind keine stehende Einrichtung, sondern nur durch einen speziellen An- lass, durch die kriegerischen Verwicklungen mit Venedig her- vorgerufen, ähnlich wie noch lange nachher solche Feldjäger- Posten, (»Feldpost« Rübsam 1889 1), S. 15) als ein Teil der 1) Hausen, Staatsmaterialien, Bd. V. meint 1784: »Unter Kaiser Maximilian I. treffen wir eigentlich den Ursprung unserer heutigen Postver-

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Zitationshilfe: Huber, Franz C.: Die Geschichtliche Entwickelung des modernen Verkehrs. Tübingen, 1893, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_verkehr_1893/82>, abgerufen am 21.11.2024.