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Hübner, Johann: Poetisches Handbuch. Leipzig, 1696.

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Natura hat die Braut zu einer Zeit gebildet/
Als sie ein Meisterstück zu machen emsig war:
Und die in Cypern wohnt hat auch vor sie gesorget/
Nun wird Lucina bald ihr Amt mit Freuden thun.
Da nun die Götterschar sie dergestalt bedient/
So mag sie wohl mit Recht der Götter Schoß-Kind seyn.

LVIII. Ob aber die Braut/ der dieses zu
Ehren geschrieben wird/ verstehet was Na-
tura, Dea, Cypria,
und Lucina vor Dinger
sind/ das weiß ich nicht: Und also würde
ich mehr Danck verdienen/ wenn ich eine
verständliche Materie suchte/ und derselben
durch die Reime ein Poetisches Mäntel-
gen umgäbe. z. e.

Die Braut hat biß anher den Rosen gleich geblühet/
Sie war von Jugend auf der Schönheit Ebenbild.
Wol dem/ der Sie nunmehr zu sich ins Bette ziehet!
Denn alles was er wünscht/ das ist an ihr erfüllt.
Der Himmel wolle Sie an Leib und Geist vergnügen/
Daß wir den Segen bald sehn in der Wiege liegen.

LIX. Aus diesem allen mache ich den all-
gemeinen Schluß: Ein deutsches Carmen
muß Reime haben/ und dieselben sind
nicht mehr als zweyerley/ Männlich und
Weiblich.

LX. Damit ich aber den rechten Ge.
brauch der Reime noch deutlicher beschrei-
be/ so wil ich nur dieses als ein Postulatum
praesupponi
ren/ daß ein iedweder Carmen
dreymahl durch die Musterung passiren
muß/ wofern es bey der artigen Welt be-
stehen soll.


LXI.
Natura hat die Braut zu einer Zeit gebildet/
Als ſie ein Meiſterſtuͤck zu machen emſig war:
Und die in Cypern wohnt hat auch vor ſie geſorget/
Nun wird Lucina bald ihr Amt mit Freuden thun.
Da nun die Goͤtterſchar ſie dergeſtalt bedient/
So mag ſie wohl mit Recht der Goͤtter Schoß-Kind ſeyn.

LVIII. Ob aber die Braut/ der dieſes zu
Ehren geſchrieben wird/ verſtehet was Na-
tura, Dea, Cypria,
und Lucina vor Dinger
ſind/ das weiß ich nicht: Und alſo wuͤrde
ich mehr Danck verdienen/ wenn ich eine
verſtaͤndliche Materie ſuchte/ und derſelben
durch die Reime ein Poetiſches Maͤntel-
gen umgaͤbe. z. e.

Die Braut hat biß anher den Roſen gleich gebluͤhet/
Sie war von Jugend auf der Schoͤnheit Ebenbild.
Wol dem/ der Sie nunmehr zu ſich ins Bette ziehet!
Denn alles was er wuͤnſcht/ das iſt an ihr erfuͤllt.
Der Himmel wolle Sie an Leib und Geiſt vergnuͤgen/
Daß wir den Segen bald ſehn in der Wiege liegen.

LIX. Aus dieſem allen mache ich den all-
gemeinen Schluß: Ein deutſches Carmen
muß Reime haben/ und dieſelben ſind
nicht mehr als zweyerley/ Maͤnnlich und
Weiblich.

LX. Damit ich aber den rechten Ge.
brauch der Reime noch deutlicher beſchrei-
be/ ſo wil ich nur dieſes als ein Poſtulatum
præſupponi
ren/ daß ein iedweder Carmen
dreymahl durch die Muſterung pasſiren
muß/ wofern es bey der artigen Welt be-
ſtehen ſoll.


LXI.
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[29/0033] Natura hat die Braut zu einer Zeit gebildet/ Als ſie ein Meiſterſtuͤck zu machen emſig war: Und die in Cypern wohnt hat auch vor ſie geſorget/ Nun wird Lucina bald ihr Amt mit Freuden thun. Da nun die Goͤtterſchar ſie dergeſtalt bedient/ So mag ſie wohl mit Recht der Goͤtter Schoß-Kind ſeyn. LVIII. Ob aber die Braut/ der dieſes zu Ehren geſchrieben wird/ verſtehet was Na- tura, Dea, Cypria, und Lucina vor Dinger ſind/ das weiß ich nicht: Und alſo wuͤrde ich mehr Danck verdienen/ wenn ich eine verſtaͤndliche Materie ſuchte/ und derſelben durch die Reime ein Poetiſches Maͤntel- gen umgaͤbe. z. e. Die Braut hat biß anher den Roſen gleich gebluͤhet/ Sie war von Jugend auf der Schoͤnheit Ebenbild. Wol dem/ der Sie nunmehr zu ſich ins Bette ziehet! Denn alles was er wuͤnſcht/ das iſt an ihr erfuͤllt. Der Himmel wolle Sie an Leib und Geiſt vergnuͤgen/ Daß wir den Segen bald ſehn in der Wiege liegen. LIX. Aus dieſem allen mache ich den all- gemeinen Schluß: Ein deutſches Carmen muß Reime haben/ und dieſelben ſind nicht mehr als zweyerley/ Maͤnnlich und Weiblich. LX. Damit ich aber den rechten Ge. brauch der Reime noch deutlicher beſchrei- be/ ſo wil ich nur dieſes als ein Poſtulatum præſupponiren/ daß ein iedweder Carmen dreymahl durch die Muſterung pasſiren muß/ wofern es bey der artigen Welt be- ſtehen ſoll. LXI.

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Zitationshilfe: Hübner, Johann: Poetisches Handbuch. Leipzig, 1696, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huebner_handbuch_1696/33>, abgerufen am 29.04.2024.