ben, und von einem vernünftigen Arzt gar nicht anzuwenden ist.
11. Ueberhaupt sehe man nirgends so sehr auf Moralität, als bey der Wahl des Arztes. Wo ist sie wohl nöthiger, als hier? Der Mensch, dem man blindlings sein Leben anvertraut, der schlechter- dings kein Tribunal zur Beurtheilung seiner Handlungen über sich hat, als sein Gewissen, der zur vollkommnen Erfül- lung seines Berufs, alles, Vergnügen, Ruhe, ja eigne Gesundheit und Leben aufopfern muss, -- wenn dieser Mensch nicht blos nach reinen moralischen Grundsätzen handelt, wenn er eine so- genannte Politik zum Motiv seiner Hand- lungen macht, -- dann ist er einer der furchtbarsten und gefährlichsten Men- schen, und man sollte ihn ärger fliehen, als die Krankheit. Ein Arzt, ohne Mo- ralität, ist nicht blos ein Unding, er ist ein Ungeheuer!
12. Hat man aber einen geschickten und rechtschaffnen Arzt gefunden, so
ben, und von einem vernünftigen Arzt gar nicht anzuwenden iſt.
11. Ueberhaupt ſehe man nirgends ſo ſehr auf Moralität, als bey der Wahl des Arztes. Wo iſt ſie wohl nöthiger, als hier? Der Menſch, dem man blindlings ſein Leben anvertraut, der ſchlechter- dings kein Tribunal zur Beurtheilung ſeiner Handlungen über ſich hat, als ſein Gewiſſen, der zur vollkommnen Erfül- lung ſeines Berufs, alles, Vergnügen, Ruhe, ja eigne Geſundheit und Leben aufopfern muſs, — wenn dieſer Menſch nicht blos nach reinen moraliſchen Grundſätzen handelt, wenn er eine ſo- genannte Politik zum Motiv ſeiner Hand- lungen macht, — dann iſt er einer der furchtbarſten und gefährlichſten Men- ſchen, und man ſollte ihn ärger fliehen, als die Krankheit. Ein Arzt, ohne Mo- ralität, iſt nicht blos ein Unding, er iſt ein Ungeheuer!
12. Hat man aber einen geſchickten und rechtſchaffnen Arzt gefunden, ſo
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ben, und von einem vernünftigen Arzt
gar nicht anzuwenden iſt.
11. Ueberhaupt ſehe man nirgends
ſo ſehr auf Moralität, als bey der Wahl
des Arztes. Wo iſt ſie wohl nöthiger, als
hier? Der Menſch, dem man blindlings
ſein Leben anvertraut, der ſchlechter-
dings kein Tribunal zur Beurtheilung
ſeiner Handlungen über ſich hat, als ſein
Gewiſſen, der zur vollkommnen Erfül-
lung ſeines Berufs, alles, Vergnügen,
Ruhe, ja eigne Geſundheit und Leben
aufopfern muſs, — wenn dieſer Menſch
nicht blos nach reinen moraliſchen
Grundſätzen handelt, wenn er eine ſo-
genannte Politik zum Motiv ſeiner Hand-
lungen macht, — dann iſt er einer der
furchtbarſten und gefährlichſten Men-
ſchen, und man ſollte ihn ärger fliehen,
als die Krankheit. Ein Arzt, ohne Mo-
ralität, iſt nicht blos ein Unding, er iſt
ein Ungeheuer!
12. Hat man aber einen geſchickten
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Hufeland, Christoph Wilhelm: Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern. Jena, 1797, S. 664. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_leben_1797/692>, abgerufen am 22.11.2024.
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