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Hug, Gallus Joseph: Die christliche Familie im Kampfe gegen feindliche Mächte. Vorträge über christliche Ehe und Erziehung. Freiburg (Schweiz), 1896.

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Auch da antwortet das Evangelium. Oder warum
erbarmt sich der Heiland des Volkes? Schon drei Tage
harren sie bei mir auf und haben nichts zu essen. Mit
solcher Lieb und Luft weilten sie also beim Heiland und
hörten seine Predigt, so waren sie um die Kranken be-
sorgt, damit sie alle geheilt würden - daß sie Speis
und Trank vergaßen und an das Ausgehen der Nahrungs-
mittel nicht einmal dachten. Wollet ihr also den Segen
Gottes verdienen, harret aus beim göttlichen Heilande,
indem ihr die Gebote Gottes und der Kirche gewissenhaft
haltet.

Aber, denkest du vielleicht bei dir, solche, welche das
nicht thun, sammeln große Reichthümer, und ich bin arm
und jene schmausen wie der reiche Prasser und ich gleiche
so etwas dem armen Lazarus. Gut; aber diese Reichen
können sie mehr essen und trinken wie du? Haben sie
einen Magen groß wie das Heidelberger Faß? Das
nicht, aber sie haben feinere Speisen. Gut; aber wer
braucht die Bäder und den Arzt mehr, du oder sie?
Und wenn bald die Tage kommen, wo sich wieder erfüllt
das Wort des Apostels Jakobus: "Jetzt heulet ihr
Reichen,"
wer ist dann besser daran, diese oder du -
armer Knecht, arme Magd - oder arme Mutter, armer
Vater? Wer ist dann besser daran? Und erst die Ewig-
keit? Kommen nach dem Urtheil Christi die Armen oder
die Reichen leichter in den Himmel? Daher kommt uns
ein Armer, der beim Anblick des Reichen jammert, vor
wie ein Maulthier, das ohne Last leicht den Berg hinauf-
trabt, aber sich beim Anblick eines zweiten Maulthieres,
das schwer beladen kaum hinaufzukeuchen vermag, sich
selbst als unglücklich beklagt. Und von was hängt am
Ende die Kraft von Speis und Trank ab? Etwa von
der Feinheit derselben? Aber warum erreichten die
alten Mönche in der Wüste bei Kräutern und Wurzeln
ein Alter von über einem Jahrhundert?

Auch da antwortet das Evangelium. Oder warum
erbarmt sich der Heiland des Volkes? Schon drei Tage
harren sie bei mir auf und haben nichts zu essen. Mit
solcher Lieb und Luft weilten sie also beim Heiland und
hörten seine Predigt, so waren sie um die Kranken be-
sorgt, damit sie alle geheilt würden – daß sie Speis
und Trank vergaßen und an das Ausgehen der Nahrungs-
mittel nicht einmal dachten. Wollet ihr also den Segen
Gottes verdienen, harret aus beim göttlichen Heilande,
indem ihr die Gebote Gottes und der Kirche gewissenhaft
haltet.

Aber, denkest du vielleicht bei dir, solche, welche das
nicht thun, sammeln große Reichthümer, und ich bin arm
und jene schmausen wie der reiche Prasser und ich gleiche
so etwas dem armen Lazarus. Gut; aber diese Reichen
können sie mehr essen und trinken wie du? Haben sie
einen Magen groß wie das Heidelberger Faß? Das
nicht, aber sie haben feinere Speisen. Gut; aber wer
braucht die Bäder und den Arzt mehr, du oder sie?
Und wenn bald die Tage kommen, wo sich wieder erfüllt
das Wort des Apostels Jakobus: „Jetzt heulet ihr
Reichen,“
wer ist dann besser daran, diese oder du –
armer Knecht, arme Magd – oder arme Mutter, armer
Vater? Wer ist dann besser daran? Und erst die Ewig-
keit? Kommen nach dem Urtheil Christi die Armen oder
die Reichen leichter in den Himmel? Daher kommt uns
ein Armer, der beim Anblick des Reichen jammert, vor
wie ein Maulthier, das ohne Last leicht den Berg hinauf-
trabt, aber sich beim Anblick eines zweiten Maulthieres,
das schwer beladen kaum hinaufzukeuchen vermag, sich
selbst als unglücklich beklagt. Und von was hängt am
Ende die Kraft von Speis und Trank ab? Etwa von
der Feinheit derselben? Aber warum erreichten die
alten Mönche in der Wüste bei Kräutern und Wurzeln
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[283/0295] Auch da antwortet das Evangelium. Oder warum erbarmt sich der Heiland des Volkes? Schon drei Tage harren sie bei mir auf und haben nichts zu essen. Mit solcher Lieb und Luft weilten sie also beim Heiland und hörten seine Predigt, so waren sie um die Kranken be- sorgt, damit sie alle geheilt würden – daß sie Speis und Trank vergaßen und an das Ausgehen der Nahrungs- mittel nicht einmal dachten. Wollet ihr also den Segen Gottes verdienen, harret aus beim göttlichen Heilande, indem ihr die Gebote Gottes und der Kirche gewissenhaft haltet. Aber, denkest du vielleicht bei dir, solche, welche das nicht thun, sammeln große Reichthümer, und ich bin arm und jene schmausen wie der reiche Prasser und ich gleiche so etwas dem armen Lazarus. Gut; aber diese Reichen können sie mehr essen und trinken wie du? Haben sie einen Magen groß wie das Heidelberger Faß? Das nicht, aber sie haben feinere Speisen. Gut; aber wer braucht die Bäder und den Arzt mehr, du oder sie? Und wenn bald die Tage kommen, wo sich wieder erfüllt das Wort des Apostels Jakobus: „Jetzt heulet ihr Reichen,“ wer ist dann besser daran, diese oder du – armer Knecht, arme Magd – oder arme Mutter, armer Vater? Wer ist dann besser daran? Und erst die Ewig- keit? Kommen nach dem Urtheil Christi die Armen oder die Reichen leichter in den Himmel? Daher kommt uns ein Armer, der beim Anblick des Reichen jammert, vor wie ein Maulthier, das ohne Last leicht den Berg hinauf- trabt, aber sich beim Anblick eines zweiten Maulthieres, das schwer beladen kaum hinaufzukeuchen vermag, sich selbst als unglücklich beklagt. Und von was hängt am Ende die Kraft von Speis und Trank ab? Etwa von der Feinheit derselben? Aber warum erreichten die alten Mönche in der Wüste bei Kräutern und Wurzeln ein Alter von über einem Jahrhundert?

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Zitationshilfe: Hug, Gallus Joseph: Die christliche Familie im Kampfe gegen feindliche Mächte. Vorträge über christliche Ehe und Erziehung. Freiburg (Schweiz), 1896, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hug_familie_1896/295>, abgerufen am 22.11.2024.