Hugo, Gustav: Lehrbuch der Rechtsgeschichte bis auf unsre Zeiten. Berlin, 1790.Periode 4. Quellen. hätten. Der elende Zustand der Staaten,die er erobern ließ, that freylich sehr viel, denn Cosroes I oder Nushirvan erhielt doch in jedem Frieden Tribut, aber es wäre un- gerecht daraus dem Kaiser einen Vorwurf zu machen, der weder wenn er schlug, noch wenn er geschlagen ward, sich persönlich bey der Armee befand. An dem kurzen glückli- chen Kriege gegen die Vandalen, und an dem hartnäckigen gegen die Ostgothen, wodurch znm letzten mahle der Römische Kaiser Herr von Rom und Carthago ward, hatte Ju- stinian nicht einmahl allen den Antheil, welchen er, seiner Entfernung ungeachtet, hätte haben können, und Belisars uner- schöpfliches Talent, Hülfsquellen zu entdek- ken, seine rastlose Thätigkeit, Rebellionen zu dämpfen, würde sich weniger glänzend aus- zeichnen, wenn er von seinem Hofe z. B. bey der Belagerung Roms durch die Gothen bes- ser unterstützt, wenn die neue Eroberung durch habsüchtige Gouverneurs weniger miß- handelt worden wäre. Schon im Novem- ber 533 konnte Justinian sich Vandalicus nennen, aber Gothicus beruhte noch auf blos- sen Projecten und Hoffnungen, und wie konn- te er schon damahls auch nur hoffen, daß nach zwanzig Jahren der Sieg bey Casilinum, den L 4
Periode 4. Quellen. haͤtten. Der elende Zuſtand der Staaten,die er erobern ließ, that freylich ſehr viel, denn Cosroes I oder Nushirvan erhielt doch in jedem Frieden Tribut, aber es waͤre un- gerecht daraus dem Kaiſer einen Vorwurf zu machen, der weder wenn er ſchlug, noch wenn er geſchlagen ward, ſich perſoͤnlich bey der Armee befand. An dem kurzen gluͤckli- chen Kriege gegen die Vandalen, und an dem hartnaͤckigen gegen die Oſtgothen, wodurch znm letzten mahle der Roͤmiſche Kaiſer Herr von Rom und Carthago ward, hatte Ju- ſtinian nicht einmahl allen den Antheil, welchen er, ſeiner Entfernung ungeachtet, haͤtte haben koͤnnen, und Beliſars uner- ſchoͤpfliches Talent, Huͤlfsquellen zu entdek- ken, ſeine raſtloſe Thaͤtigkeit, Rebellionen zu daͤmpfen, wuͤrde ſich weniger glaͤnzend aus- zeichnen, wenn er von ſeinem Hofe z. B. bey der Belagerung Roms durch die Gothen beſ- ſer unterſtuͤtzt, wenn die neue Eroberung durch habſuͤchtige Gouverneurs weniger miß- handelt worden waͤre. Schon im Novem- ber 533 konnte Juſtinian ſich Vandalicus nennen, aber Gothicus beruhte noch auf bloſ- ſen Projecten und Hoffnungen, und wie konn- te er ſchon damahls auch nur hoffen, daß nach zwanzig Jahren der Sieg bey Caſilinum, den L 4
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Periode 4. Quellen.
haͤtten. Der elende Zuſtand der Staaten,
die er erobern ließ, that freylich ſehr viel,
denn Cosroes I oder Nushirvan erhielt doch
in jedem Frieden Tribut, aber es waͤre un-
gerecht daraus dem Kaiſer einen Vorwurf
zu machen, der weder wenn er ſchlug, noch
wenn er geſchlagen ward, ſich perſoͤnlich bey
der Armee befand. An dem kurzen gluͤckli-
chen Kriege gegen die Vandalen, und an dem
hartnaͤckigen gegen die Oſtgothen, wodurch
znm letzten mahle der Roͤmiſche Kaiſer Herr
von Rom und Carthago ward, hatte Ju-
ſtinian nicht einmahl allen den Antheil,
welchen er, ſeiner Entfernung ungeachtet,
haͤtte haben koͤnnen, und Beliſars uner-
ſchoͤpfliches Talent, Huͤlfsquellen zu entdek-
ken, ſeine raſtloſe Thaͤtigkeit, Rebellionen
zu daͤmpfen, wuͤrde ſich weniger glaͤnzend aus-
zeichnen, wenn er von ſeinem Hofe z. B. bey
der Belagerung Roms durch die Gothen beſ-
ſer unterſtuͤtzt, wenn die neue Eroberung
durch habſuͤchtige Gouverneurs weniger miß-
handelt worden waͤre. Schon im Novem-
ber 533 konnte Juſtinian ſich Vandalicus
nennen, aber Gothicus beruhte noch auf bloſ-
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Zitationshilfe: | Hugo, Gustav: Lehrbuch der Rechtsgeschichte bis auf unsre Zeiten. Berlin, 1790, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hugo_rechtsgeschichte_1790/179>, abgerufen am 16.02.2025. |