Hugo, Gustav: Lehrbuch der Rechtsgeschichte bis auf unsre Zeiten. Berlin, 1790.Periode 2. Quellen. nnd wenn es mit diesen auch nicht richtig wä-re, so ist ja doch bey jeder lex eine interpreta- tio möglich und nöthig. Also Ausleger der Gesetze waren die Rechtsgelehrten, freylich gewaltthätige Ausleger, daran war aber wie- der die Tyranney der ErbAristocraten Schuld. Hierher rechnet man die Einrichtung mit dies fasti und nefasti, so wie die Förmlichkeiten bey allen wichtigern Rechtshandlungen. -- Es war aber wohl ohne alle herrschsüchtigen Absichten der Vornehmen sehr natürlich, daß sich gewisse hergebrachte Gebräuche (solenni- tates) bildeten; es war sehr vortheilhaft, und bey den unbezahlten Rechtsgelehrten ganz un- schädlich, daß niemand einen Proceß anfing, ohne einen Mann von Einsichten, zu dem er Zutrauen hatte und haben mußte, vorher zu fragen; es war unumgänglich nöthig, wenn ein einzeler Mann mit der jurisdictio in allen Sachen unter Römern fertig werden sollte, daß man ihm den Punkt, worauf es ankam, so kurz als möglich vortrug; und endlich brachte es die ganze Lage des Staats, dessen reichste Bürger in der Stadt, die blos wohl- habenden in Municipien und die Aermsten wieder in der Stadt lebten, mit sich, daß man weder die vom Mittelstande noch die Aermsten fragte; jene hatten keine Erfah- rung, und diese waren meist gebohrne Aus- län- D 3
Periode 2. Quellen. nnd wenn es mit dieſen auch nicht richtig waͤ-re, ſo iſt ja doch bey jeder lex eine interpreta- tio moͤglich und noͤthig. Alſo Ausleger der Geſetze waren die Rechtsgelehrten, freylich gewaltthaͤtige Ausleger, daran war aber wie- der die Tyranney der ErbAriſtocraten Schuld. Hierher rechnet man die Einrichtung mit dies faſti und nefaſti, ſo wie die Foͤrmlichkeiten bey allen wichtigern Rechtshandlungen. — Es war aber wohl ohne alle herrſchſuͤchtigen Abſichten der Vornehmen ſehr natuͤrlich, daß ſich gewiſſe hergebrachte Gebraͤuche (ſolenni- tates) bildeten; es war ſehr vortheilhaft, und bey den unbezahlten Rechtsgelehrten ganz un- ſchaͤdlich, daß niemand einen Proceß anfing, ohne einen Mann von Einſichten, zu dem er Zutrauen hatte und haben mußte, vorher zu fragen; es war unumgaͤnglich noͤthig, wenn ein einzeler Mann mit der jurisdictio in allen Sachen unter Roͤmern fertig werden ſollte, daß man ihm den Punkt, worauf es ankam, ſo kurz als moͤglich vortrug; und endlich brachte es die ganze Lage des Staats, deſſen reichſte Buͤrger in der Stadt, die blos wohl- habenden in Municipien und die Aermſten wieder in der Stadt lebten, mit ſich, daß man weder die vom Mittelſtande noch die Aermſten fragte; jene hatten keine Erfah- rung, und dieſe waren meiſt gebohrne Aus- laͤn- D 3
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Periode 2. Quellen.
nnd wenn es mit dieſen auch nicht richtig waͤ-
re, ſo iſt ja doch bey jeder lex eine interpreta-
tio moͤglich und noͤthig. Alſo Ausleger der
Geſetze waren die Rechtsgelehrten, freylich
gewaltthaͤtige Ausleger, daran war aber wie-
der die Tyranney der ErbAriſtocraten Schuld.
Hierher rechnet man die Einrichtung mit dies
faſti und nefaſti, ſo wie die Foͤrmlichkeiten
bey allen wichtigern Rechtshandlungen. —
Es war aber wohl ohne alle herrſchſuͤchtigen
Abſichten der Vornehmen ſehr natuͤrlich, daß
ſich gewiſſe hergebrachte Gebraͤuche (ſolenni-
tates) bildeten; es war ſehr vortheilhaft, und
bey den unbezahlten Rechtsgelehrten ganz un-
ſchaͤdlich, daß niemand einen Proceß anfing,
ohne einen Mann von Einſichten, zu dem er
Zutrauen hatte und haben mußte, vorher zu
fragen; es war unumgaͤnglich noͤthig, wenn
ein einzeler Mann mit der jurisdictio in allen
Sachen unter Roͤmern fertig werden ſollte,
daß man ihm den Punkt, worauf es ankam,
ſo kurz als moͤglich vortrug; und endlich
brachte es die ganze Lage des Staats, deſſen
reichſte Buͤrger in der Stadt, die blos wohl-
habenden in Municipien und die Aermſten
wieder in der Stadt lebten, mit ſich, daß
man weder die vom Mittelſtande noch die
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