Hugo, Gustav: Lehrbuch der Rechtsgeschichte bis auf unsre Zeiten. Berlin, 1790.Theil I. bis Justinian. um irgend Grundsätze gegen die Schaarenvon Ausländern, die der Staat von jeher aufgenommen hatte und noch immer aufnahm, zu behaupten. Man muß die Lage und Cul- tur nicht vergessen, mit welcher in dieser Pe- riode die wesentliche Veränderung vorging, daß nun auch absichtlicher und schriftlicher Un- terricht an die Stelle der bloßen Erfahrung trat *. Bey jener ward eine größere Verbrei- tung unvermeidlich, da bey dieser auch Kennt- nisse in Familien beynahe erblich hatten seyn können. Man muß endlich den Sturz der Erb-Aristocratie nicht vergessen, der diese Periode auszeichnet. Alsdann wird es sehr begreiflich, wie zur Zeit der 12 Tafeln der gemeine Mann, der Plebejer, von den Vor- nehmen, die noch das Monopol aller Kennt- nisse hatten, von den Pontifen, von den Pa- triciern, auch im Civilrechte abhing, theils wegen des religieusen Unterschieds von dies fasti und nefasti, theils wegen der erheblich- sten Rechtsgeschäfte (actiones legis), die man, ohne die äußerste Verwirrung, nicht jeden zum Römer gewordenen Ausländer nach sei- ner väterlichen Sitte vornehmen lassen konn- te. Es wird begreiflich, warum diese Ab- häugigkeit nicht drückender oder gefährlicher war, als das Patriciat überhaupt, warum man sie aber, so wie dieses, in der Folge un- ange-
Theil I. bis Juſtinian. um irgend Grundſaͤtze gegen die Schaarenvon Auslaͤndern, die der Staat von jeher aufgenommen hatte und noch immer aufnahm, zu behaupten. Man muß die Lage und Cul- tur nicht vergeſſen, mit welcher in dieſer Pe- riode die weſentliche Veraͤnderung vorging, daß nun auch abſichtlicher und ſchriftlicher Un- terricht an die Stelle der bloßen Erfahrung trat *. Bey jener ward eine groͤßere Verbrei- tung unvermeidlich, da bey dieſer auch Kennt- niſſe in Familien beynahe erblich hatten ſeyn koͤnnen. Man muß endlich den Sturz der Erb-Ariſtocratie nicht vergeſſen, der dieſe Periode auszeichnet. Alsdann wird es ſehr begreiflich, wie zur Zeit der 12 Tafeln der gemeine Mann, der Plebejer, von den Vor- nehmen, die noch das Monopol aller Kennt- niſſe hatten, von den Pontifen, von den Pa- triciern, auch im Civilrechte abhing, theils wegen des religieuſen Unterſchieds von dies faſti und nefaſti, theils wegen der erheblich- ſten Rechtsgeſchaͤfte (actiones legis), die man, ohne die aͤußerſte Verwirrung, nicht jeden zum Roͤmer gewordenen Auslaͤnder nach ſei- ner vaͤterlichen Sitte vornehmen laſſen konn- te. Es wird begreiflich, warum dieſe Ab- haͤugigkeit nicht druͤckender oder gefaͤhrlicher war, als das Patriciat uͤberhaupt, warum man ſie aber, ſo wie dieſes, in der Folge un- ange-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0090" n="78"/><fw place="top" type="header">Theil <hi rendition="#aq">I.</hi> bis Juſtinian.</fw><lb/> um irgend Grundſaͤtze gegen die Schaaren<lb/> von Auslaͤndern, die der Staat von jeher<lb/> aufgenommen hatte und noch immer aufnahm,<lb/> zu behaupten. Man muß die Lage und Cul-<lb/> tur nicht vergeſſen, mit welcher in dieſer Pe-<lb/> riode die weſentliche Veraͤnderung vorging,<lb/> daß nun auch abſichtlicher und ſchriftlicher Un-<lb/> terricht an die Stelle der bloßen Erfahrung<lb/> trat *. Bey jener ward eine groͤßere Verbrei-<lb/> tung unvermeidlich, da bey dieſer auch Kennt-<lb/> niſſe in Familien beynahe erblich hatten ſeyn<lb/> koͤnnen. Man muß endlich den Sturz der<lb/> Erb-Ariſtocratie nicht vergeſſen, der dieſe<lb/> Periode auszeichnet. Alsdann wird es ſehr<lb/> begreiflich, wie zur Zeit der 12 Tafeln der<lb/> gemeine Mann, der Plebejer, von den Vor-<lb/> nehmen, die noch das Monopol aller Kennt-<lb/> niſſe hatten, von den Pontifen, von den Pa-<lb/> triciern, auch im Civilrechte abhing, theils<lb/> wegen des religieuſen Unterſchieds von <hi rendition="#aq">dies<lb/> faſti</hi> und <hi rendition="#aq">nefaſti,</hi> theils wegen der erheblich-<lb/> ſten Rechtsgeſchaͤfte <hi rendition="#aq">(actiones legis),</hi> die man,<lb/> ohne die aͤußerſte Verwirrung, nicht jeden<lb/> zum Roͤmer gewordenen Auslaͤnder nach ſei-<lb/> ner vaͤterlichen Sitte vornehmen laſſen konn-<lb/> te. Es wird begreiflich, warum dieſe Ab-<lb/> haͤugigkeit nicht druͤckender oder gefaͤhrlicher<lb/> war, als das Patriciat uͤberhaupt, warum<lb/> man ſie aber, ſo wie dieſes, in der Folge un-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ange-</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [78/0090]
Theil I. bis Juſtinian.
um irgend Grundſaͤtze gegen die Schaaren
von Auslaͤndern, die der Staat von jeher
aufgenommen hatte und noch immer aufnahm,
zu behaupten. Man muß die Lage und Cul-
tur nicht vergeſſen, mit welcher in dieſer Pe-
riode die weſentliche Veraͤnderung vorging,
daß nun auch abſichtlicher und ſchriftlicher Un-
terricht an die Stelle der bloßen Erfahrung
trat *. Bey jener ward eine groͤßere Verbrei-
tung unvermeidlich, da bey dieſer auch Kennt-
niſſe in Familien beynahe erblich hatten ſeyn
koͤnnen. Man muß endlich den Sturz der
Erb-Ariſtocratie nicht vergeſſen, der dieſe
Periode auszeichnet. Alsdann wird es ſehr
begreiflich, wie zur Zeit der 12 Tafeln der
gemeine Mann, der Plebejer, von den Vor-
nehmen, die noch das Monopol aller Kennt-
niſſe hatten, von den Pontifen, von den Pa-
triciern, auch im Civilrechte abhing, theils
wegen des religieuſen Unterſchieds von dies
faſti und nefaſti, theils wegen der erheblich-
ſten Rechtsgeſchaͤfte (actiones legis), die man,
ohne die aͤußerſte Verwirrung, nicht jeden
zum Roͤmer gewordenen Auslaͤnder nach ſei-
ner vaͤterlichen Sitte vornehmen laſſen konn-
te. Es wird begreiflich, warum dieſe Ab-
haͤugigkeit nicht druͤckender oder gefaͤhrlicher
war, als das Patriciat uͤberhaupt, warum
man ſie aber, ſo wie dieſes, in der Folge un-
ange-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |