Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Übers. v. Hermann Hauff. Bd. 1. Stuttgart, 1859.das Meer zu ergießen schienen; jede Nacht haben sich auf der Obgleich in den Reisetagebüchern des Hanno und des 1 Auf dieser Insel sah der karthageniensische Feldherr zum ersten- mal eine große menschenähnliche Affenart, die Gorilla. Er be- schreibt sie als durchaus behaarte Weiber, und als höchst bösartig, weil sie sich mit Nägeln und Zähnen wehrten. Er rühmt sich, ihrer drei die Haut abgezogen zu haben, um sie mitzunehmen. Gosselin verlegt die Insel der Gorilla an die Mündung des Flusses Nun, aber nach dieser Annahme müßte der Sumpf, in dem Hanno eine Menge Elefanten weiden sah, unter 351/2° Breite liegen, beinahe am Nordende von Afrika. 2 Einer der angesehensten deutschen Gelehrten, Heeren, hält die glückseligen Inseln Diodors von Sizilien für Madeira und Porto Santo. 3 Aristoteles, Mirab. Auscultat. Solinus sagt vom Atlas:
vertex semper nivalis lucet nocturnis ignibus; aber dieser Atlas ist gleich dem Berge Meru der Hindu ein aus richtigen Begriffen und mythischen Fiktionen zusammengesetztes Ding, und lag nicht das Meer zu ergießen ſchienen; jede Nacht haben ſich auf der Obgleich in den Reiſetagebüchern des Hanno und des 1 Auf dieſer Inſel ſah der karthagenienſiſche Feldherr zum erſten- mal eine große menſchenähnliche Affenart, die Gorilla. Er be- ſchreibt ſie als durchaus behaarte Weiber, und als höchſt bösartig, weil ſie ſich mit Nägeln und Zähnen wehrten. Er rühmt ſich, ihrer drei die Haut abgezogen zu haben, um ſie mitzunehmen. Goſſelin verlegt die Inſel der Gorilla an die Mündung des Fluſſes Nun, aber nach dieſer Annahme müßte der Sumpf, in dem Hanno eine Menge Elefanten weiden ſah, unter 35½° Breite liegen, beinahe am Nordende von Afrika. 2 Einer der angeſehenſten deutſchen Gelehrten, Heeren, hält die glückſeligen Inſeln Diodors von Sizilien für Madeira und Porto Santo. 3 Aristoteles, Mirab. Auscultat. Solinus ſagt vom Atlas:
vertex semper nivalis lucet nocturnis ignibus; aber dieſer Atlas iſt gleich dem Berge Meru der Hindu ein aus richtigen Begriffen und mythiſchen Fiktionen zuſammengeſetztes Ding, und lag nicht <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0117" n="101"/> das Meer zu ergießen ſchienen; jede Nacht haben ſich auf der<lb/> Küſte viele Feuer gezeigt, und der große Berg, der <hi rendition="#g">Götter-<lb/> wagen</hi> genannt, habe Feuergarben ausgeworfen, die bis zu<lb/> den Wolken aufgeſtiegen. Aber dieſer Berg, nordwärts von<lb/> der Inſel der Gorilla, <note place="foot" n="1">Auf dieſer Inſel ſah der karthagenienſiſche Feldherr zum erſten-<lb/> mal eine große menſchenähnliche Affenart, die Gorilla. Er be-<lb/> ſchreibt ſie als durchaus behaarte Weiber, und als höchſt bösartig,<lb/> weil ſie ſich mit Nägeln und Zähnen wehrten. Er rühmt ſich, ihrer<lb/> drei die Haut abgezogen zu haben, um ſie mitzunehmen. Goſſelin<lb/> verlegt die Inſel der Gorilla an die Mündung des Fluſſes Nun,<lb/> aber nach dieſer Annahme müßte der Sumpf, in dem Hanno eine<lb/> Menge Elefanten weiden ſah, unter 35½° Breite liegen, beinahe<lb/> am Nordende von Afrika.</note> bildete das Weſtende der Atlaskette,<lb/> und es iſt zudem ſehr zweifelhaft, ob die von Hanno bemerkten<lb/> Feuer wirklich von einem vulkaniſchen Ausbruch herrührten,<lb/> oder von dem bei ſo vielen Völkern herrſchenden Brauch, die<lb/> Wälder und das dürre Gras der Savannen anzuzünden. In<lb/> neueſter Zeit waren ja auch die Naturforſcher, welche die<lb/> Expedition unter Konteradmiral d’Entrecaſteaux mitmachten,<lb/> ihrer Sache nicht gewiß, als ſie die Inſel Amſterdam mit<lb/> dickem Rauch bedeckt ſahen. Auf der Küſte von Caracas ſah<lb/> ich mehrere Nächte hintereinander rötliche Feuerſtreifen von<lb/> brennendem Graſe, die ſich täuſchend wie Lavaſtröme aus-<lb/> nahmen, die von den Bergen herabkamen und ſich in mehrere<lb/> Arme teilten.</p><lb/> <p>Obgleich in den Reiſetagebüchern des Hanno und des<lb/> Scylax, ſo weit ſie uns erhalten ſind, keine Stelle vorkommt,<lb/> die ſich mit einigem Schein von Recht auf die Kanariſchen<lb/> Inſeln beziehen ließe, iſt es doch ſehr wahrſcheinlich, daß die<lb/> Karthager und auch die Phönizier den Pik von Tererifa ge-<lb/> kannt haben. <note place="foot" n="2">Einer der angeſehenſten deutſchen Gelehrten, Heeren, hält<lb/> die glückſeligen Inſeln Diodors von Sizilien für Madeira und<lb/> Porto Santo.</note> Zu Platos und Ariſtoteles’ Zeit waren dunkle<lb/> Gerüchte davon zu den Griechen gedrungen, nach deren Vor-<lb/> ſtellung die ganze Küſte von Afrika jenſeits der Säulen des<lb/> Herkules von vulkaniſchem Feuer verheert war. <note xml:id="seg2pn_4_1" next="#seg2pn_4_2" place="foot" n="3"><hi rendition="#aq">Aristoteles, Mirab. Auscultat.</hi> Solinus ſagt vom Atlas:<lb/><hi rendition="#aq">vertex semper nivalis lucet nocturnis ignibus;</hi> aber dieſer Atlas<lb/> iſt gleich dem Berge Meru der Hindu ein aus richtigen Begriffen<lb/> und mythiſchen Fiktionen zuſammengeſetztes Ding, und lag nicht</note> Die Inſeln der<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [101/0117]
das Meer zu ergießen ſchienen; jede Nacht haben ſich auf der
Küſte viele Feuer gezeigt, und der große Berg, der Götter-
wagen genannt, habe Feuergarben ausgeworfen, die bis zu
den Wolken aufgeſtiegen. Aber dieſer Berg, nordwärts von
der Inſel der Gorilla, 1 bildete das Weſtende der Atlaskette,
und es iſt zudem ſehr zweifelhaft, ob die von Hanno bemerkten
Feuer wirklich von einem vulkaniſchen Ausbruch herrührten,
oder von dem bei ſo vielen Völkern herrſchenden Brauch, die
Wälder und das dürre Gras der Savannen anzuzünden. In
neueſter Zeit waren ja auch die Naturforſcher, welche die
Expedition unter Konteradmiral d’Entrecaſteaux mitmachten,
ihrer Sache nicht gewiß, als ſie die Inſel Amſterdam mit
dickem Rauch bedeckt ſahen. Auf der Küſte von Caracas ſah
ich mehrere Nächte hintereinander rötliche Feuerſtreifen von
brennendem Graſe, die ſich täuſchend wie Lavaſtröme aus-
nahmen, die von den Bergen herabkamen und ſich in mehrere
Arme teilten.
Obgleich in den Reiſetagebüchern des Hanno und des
Scylax, ſo weit ſie uns erhalten ſind, keine Stelle vorkommt,
die ſich mit einigem Schein von Recht auf die Kanariſchen
Inſeln beziehen ließe, iſt es doch ſehr wahrſcheinlich, daß die
Karthager und auch die Phönizier den Pik von Tererifa ge-
kannt haben. 2 Zu Platos und Ariſtoteles’ Zeit waren dunkle
Gerüchte davon zu den Griechen gedrungen, nach deren Vor-
ſtellung die ganze Küſte von Afrika jenſeits der Säulen des
Herkules von vulkaniſchem Feuer verheert war. 3 Die Inſeln der
1 Auf dieſer Inſel ſah der karthagenienſiſche Feldherr zum erſten-
mal eine große menſchenähnliche Affenart, die Gorilla. Er be-
ſchreibt ſie als durchaus behaarte Weiber, und als höchſt bösartig,
weil ſie ſich mit Nägeln und Zähnen wehrten. Er rühmt ſich, ihrer
drei die Haut abgezogen zu haben, um ſie mitzunehmen. Goſſelin
verlegt die Inſel der Gorilla an die Mündung des Fluſſes Nun,
aber nach dieſer Annahme müßte der Sumpf, in dem Hanno eine
Menge Elefanten weiden ſah, unter 35½° Breite liegen, beinahe
am Nordende von Afrika.
2 Einer der angeſehenſten deutſchen Gelehrten, Heeren, hält
die glückſeligen Inſeln Diodors von Sizilien für Madeira und
Porto Santo.
3 Aristoteles, Mirab. Auscultat. Solinus ſagt vom Atlas:
vertex semper nivalis lucet nocturnis ignibus; aber dieſer Atlas
iſt gleich dem Berge Meru der Hindu ein aus richtigen Begriffen
und mythiſchen Fiktionen zuſammengeſetztes Ding, und lag nicht
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