Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Übers. v. Hermann Hauff. Bd. 1. Stuttgart, 1859.genommen, scheinen indessen die höchsten Gipfel an der Küste Wir waren eben um das Nordkap von Tabago und die Wir fuhren über die Untiefe zwischen Tabago und La Am 14. bei Sonnenaufgang kam die Boca de Dragon genommen, ſcheinen indeſſen die höchſten Gipfel an der Küſte Wir waren eben um das Nordkap von Tabago und die Wir fuhren über die Untiefe zwiſchen Tabago und La Am 14. bei Sonnenaufgang kam die Boca de Dragon <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0158" n="142"/> genommen, ſcheinen indeſſen die höchſten Gipfel an der Küſte<lb/> nicht über 270 bis 290 <hi rendition="#aq">m</hi> hoch zu ſein. Am ſüdlichen Vor-<lb/> gebirge ſenkt ſich das Land und läuft in die „Sandſpitze“<lb/> aus, die nach meiner Rechnung unter 10° 20′ 13″ der Breite<lb/> und 62° 47′ 30″ der Länge liegt. Wir ſahen mehrere Felſen<lb/> über dem Waſſerſpiegel, an denen ſich die See mit Ungeſtüm<lb/> brach, und beobachteten große Regelmäßigkeit in der Neigung<lb/> und dem Streichen der Schichten, die unter einem Winkel<lb/> von 60° nach Südoſt fallen. Es wäre zu wünſchen, daß ein<lb/> geübter Mineralog die Großen und Kleinen Antillen von der<lb/> Küſte von Paria bis zum Vorgebirge von Florida bereiſte<lb/> und die ehemalige, durch Strömungen, Erderſchütterungen und<lb/> Vulkane auseinander geriſſene Bergkette unterſuchte.</p><lb/> <p>Wir waren eben um das Nordkap von Tabago und die<lb/> kleine Inſel St. Giles gelaufen, als man vom Maſtkorb ein<lb/> feindliches Geſchwader ſignaliſierte. Wir wendeten ſogleich<lb/> und die Paſſagiere wurden unruhig, da mehrere ihr kleines<lb/> Vermögen in Waren geſteckt hatten, die ſie in den ſpaniſchen<lb/> Kolonieen zu verwerten gedachten. Das Geſchwader ſchien ſich<lb/> nicht zu rühren, und es zeigte ſich bald, daß man eine Menge<lb/> einzelner Klippen für Segel angeſehen hatte.</p><lb/> <p>Wir fuhren über die Untiefe zwiſchen Tabago und La<lb/> Granada. Die Farbe der See war nicht merkbar verändert,<lb/> aber ein paar Zoll unter der Oberfläche zeigte der Thermo-<lb/> meter nur 23°, während er oſtwärts auf hoher See unter<lb/> derſelben Breite und gleichfalls an der Meeresfläche auf 25,6°<lb/> ſtand. Trotz der Strömung zeigte die geringere Temperatur<lb/> des Waſſers die Untiefe an, die nur auf wenigen Karten an-<lb/> gegeben iſt. Nach Sonnenuntergang wurde der Wind ſchwächer,<lb/> und je näher der Mond zum Zenith rückte, deſto mehr klärte<lb/> ſich der Himmel auf. In dieſer und in den folgenden Nächten<lb/> fielen ſehr viele Sternſchnuppen; gegen Nord zeigten ſie ſich<lb/> nicht ſo häufig als gegen Süd, über Terra Firma, an deren<lb/> Küſte wir jetzt hinzufahren anfingen. Dieſe Verteilung weiſt<lb/> darauf hin, daß dieſe Meteore, über deren Weſen wir noch<lb/> ſo ſehr im unklaren ſind, zum Teil von örtlichen Urſachen ab-<lb/> hängig ſein mögen.</p><lb/> <p>Am 14. bei Sonnenaufgang kam die Boca de Dragon<lb/> in Sicht. Wir konnten die Inſel Chacachacarreo ſehen, das<lb/> weſtlichſte der Eilande zwiſchen dem Vorgebirge Paria und<lb/> dem nordweſtlichen Vorgebirge von Trinidad. An 22 <hi rendition="#aq">km</hi> von<lb/> der Küſte, bei der <hi rendition="#g">Punta de la Baca</hi>, wurden wir gewahr,<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [142/0158]
genommen, ſcheinen indeſſen die höchſten Gipfel an der Küſte
nicht über 270 bis 290 m hoch zu ſein. Am ſüdlichen Vor-
gebirge ſenkt ſich das Land und läuft in die „Sandſpitze“
aus, die nach meiner Rechnung unter 10° 20′ 13″ der Breite
und 62° 47′ 30″ der Länge liegt. Wir ſahen mehrere Felſen
über dem Waſſerſpiegel, an denen ſich die See mit Ungeſtüm
brach, und beobachteten große Regelmäßigkeit in der Neigung
und dem Streichen der Schichten, die unter einem Winkel
von 60° nach Südoſt fallen. Es wäre zu wünſchen, daß ein
geübter Mineralog die Großen und Kleinen Antillen von der
Küſte von Paria bis zum Vorgebirge von Florida bereiſte
und die ehemalige, durch Strömungen, Erderſchütterungen und
Vulkane auseinander geriſſene Bergkette unterſuchte.
Wir waren eben um das Nordkap von Tabago und die
kleine Inſel St. Giles gelaufen, als man vom Maſtkorb ein
feindliches Geſchwader ſignaliſierte. Wir wendeten ſogleich
und die Paſſagiere wurden unruhig, da mehrere ihr kleines
Vermögen in Waren geſteckt hatten, die ſie in den ſpaniſchen
Kolonieen zu verwerten gedachten. Das Geſchwader ſchien ſich
nicht zu rühren, und es zeigte ſich bald, daß man eine Menge
einzelner Klippen für Segel angeſehen hatte.
Wir fuhren über die Untiefe zwiſchen Tabago und La
Granada. Die Farbe der See war nicht merkbar verändert,
aber ein paar Zoll unter der Oberfläche zeigte der Thermo-
meter nur 23°, während er oſtwärts auf hoher See unter
derſelben Breite und gleichfalls an der Meeresfläche auf 25,6°
ſtand. Trotz der Strömung zeigte die geringere Temperatur
des Waſſers die Untiefe an, die nur auf wenigen Karten an-
gegeben iſt. Nach Sonnenuntergang wurde der Wind ſchwächer,
und je näher der Mond zum Zenith rückte, deſto mehr klärte
ſich der Himmel auf. In dieſer und in den folgenden Nächten
fielen ſehr viele Sternſchnuppen; gegen Nord zeigten ſie ſich
nicht ſo häufig als gegen Süd, über Terra Firma, an deren
Küſte wir jetzt hinzufahren anfingen. Dieſe Verteilung weiſt
darauf hin, daß dieſe Meteore, über deren Weſen wir noch
ſo ſehr im unklaren ſind, zum Teil von örtlichen Urſachen ab-
hängig ſein mögen.
Am 14. bei Sonnenaufgang kam die Boca de Dragon
in Sicht. Wir konnten die Inſel Chacachacarreo ſehen, das
weſtlichſte der Eilande zwiſchen dem Vorgebirge Paria und
dem nordweſtlichen Vorgebirge von Trinidad. An 22 km von
der Küſte, bei der Punta de la Baca, wurden wir gewahr,
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