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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Übers. v. Hermann Hauff. Bd. 1. Stuttgart, 1859.

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dunkelblau. Bei 40° Höhe verschwanden sie, ohne daß die
meteorologischen Instrumente die geringste Veränderung in
den niederen Luftregionen anzeigten. Die Erscheinung hatte
nichts Auffallendes außer der großen Lebhaftigkeit der Farben,
neben dem Umstand, daß nach Messungen mit einem Ramsden-
schen Sextanten die Mondscheibe nicht ganz in der Mitte der
Höfe stand. Ohne die Messung hätte man glauben können,
diese Exzentrizität rühre von der Projektion der Kreise auf
die scheinbare Konkavität des Himmels her. Die Form der
Höfe und die Farben, welche in der Luft unter den Tropen
beim Mondlicht zu Tage kommen, verdienen es, von den
Physikern von neuem in den Kreis der Beobachtungen ge-
zogen zu werden. In Mexiko habe ich bei vollkommen
klarem Himmel breite Streifen in den Farben des Regen-
bogens über das Himmelsgewölbe und gegen die Mondscheibe
hin zusammenlaufen sehen; dieses merkwürdige Meteor er-
innert an das von Cotes im Jahre 1716 beschriebene.

Wenn unser Haus in Cumana für die Beobachtung des
Himmels und der meteorologischen Vorgänge sehr günstig
gelegen war, so mußten wir dagegen zuweilen bei Tage
etwas ansehen, was uns empörte. Der große Platz ist zum
Teil mit Bogengängen umgeben, über denen eine lange
hölzerne Galerie hinläuft, wie man sie in allen heißen Län-
dern sieht. Hier wurden die Schwarzen verkauft, die von
der afrikanischen Küste herüberkommen. Unter allen euro-
päischen Regierungen war die von Dänemark die erste und
lange die einzige, die den Sklavenhandel abgeschafft hat, und
dennoch waren die ersten Sklaven, die wir aufgestellt sahen,
auf einem dänischen Sklavenschiff gekommen. Der gemeine
Eigennutz, der mit Menschenpflicht, Nationalehre und den
Gesetzen des Vaterlandes im Streite liegt, läßt sich durch
nichts in seinen Spekulationen stören.

Die zum Verkauf ausgesetzten Sklaven waren junge
Leute von fünfzehn bis zwanzig Jahren. Man lieferte ihnen
jeden Morgen Kokosöl, um sich den Körper damit einzureiben
und die Haut glänzend schwarz zu machen. Jeden Augenblick
erschienen Käufer und schätzten nach der Beschaffenheit der
Zähne Alter und Gesundheitszustand der Sklaven; sie rissen
ihnen den Mund auf, ganz wie es auf dem Pferdemarkt
geschieht. Dieser entwürdigende Brauch schreibt sich aus
Afrika her, wie die getreue Schilderung zeigt, die Cervantes
nach langer Gefangenschaft bei den Mauren in einem seiner

dunkelblau. Bei 40° Höhe verſchwanden ſie, ohne daß die
meteorologiſchen Inſtrumente die geringſte Veränderung in
den niederen Luftregionen anzeigten. Die Erſcheinung hatte
nichts Auffallendes außer der großen Lebhaftigkeit der Farben,
neben dem Umſtand, daß nach Meſſungen mit einem Ramsden-
ſchen Sextanten die Mondſcheibe nicht ganz in der Mitte der
Höfe ſtand. Ohne die Meſſung hätte man glauben können,
dieſe Exzentrizität rühre von der Projektion der Kreiſe auf
die ſcheinbare Konkavität des Himmels her. Die Form der
Höfe und die Farben, welche in der Luft unter den Tropen
beim Mondlicht zu Tage kommen, verdienen es, von den
Phyſikern von neuem in den Kreis der Beobachtungen ge-
zogen zu werden. In Mexiko habe ich bei vollkommen
klarem Himmel breite Streifen in den Farben des Regen-
bogens über das Himmelsgewölbe und gegen die Mondſcheibe
hin zuſammenlaufen ſehen; dieſes merkwürdige Meteor er-
innert an das von Cotes im Jahre 1716 beſchriebene.

Wenn unſer Haus in Cumana für die Beobachtung des
Himmels und der meteorologiſchen Vorgänge ſehr günſtig
gelegen war, ſo mußten wir dagegen zuweilen bei Tage
etwas anſehen, was uns empörte. Der große Platz iſt zum
Teil mit Bogengängen umgeben, über denen eine lange
hölzerne Galerie hinläuft, wie man ſie in allen heißen Län-
dern ſieht. Hier wurden die Schwarzen verkauft, die von
der afrikaniſchen Küſte herüberkommen. Unter allen euro-
päiſchen Regierungen war die von Dänemark die erſte und
lange die einzige, die den Sklavenhandel abgeſchafft hat, und
dennoch waren die erſten Sklaven, die wir aufgeſtellt ſahen,
auf einem däniſchen Sklavenſchiff gekommen. Der gemeine
Eigennutz, der mit Menſchenpflicht, Nationalehre und den
Geſetzen des Vaterlandes im Streite liegt, läßt ſich durch
nichts in ſeinen Spekulationen ſtören.

Die zum Verkauf ausgeſetzten Sklaven waren junge
Leute von fünfzehn bis zwanzig Jahren. Man lieferte ihnen
jeden Morgen Kokosöl, um ſich den Körper damit einzureiben
und die Haut glänzend ſchwarz zu machen. Jeden Augenblick
erſchienen Käufer und ſchätzten nach der Beſchaffenheit der
Zähne Alter und Geſundheitszuſtand der Sklaven; ſie riſſen
ihnen den Mund auf, ganz wie es auf dem Pferdemarkt
geſchieht. Dieſer entwürdigende Brauch ſchreibt ſich aus
Afrika her, wie die getreue Schilderung zeigt, die Cervantes
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[187/0203] dunkelblau. Bei 40° Höhe verſchwanden ſie, ohne daß die meteorologiſchen Inſtrumente die geringſte Veränderung in den niederen Luftregionen anzeigten. Die Erſcheinung hatte nichts Auffallendes außer der großen Lebhaftigkeit der Farben, neben dem Umſtand, daß nach Meſſungen mit einem Ramsden- ſchen Sextanten die Mondſcheibe nicht ganz in der Mitte der Höfe ſtand. Ohne die Meſſung hätte man glauben können, dieſe Exzentrizität rühre von der Projektion der Kreiſe auf die ſcheinbare Konkavität des Himmels her. Die Form der Höfe und die Farben, welche in der Luft unter den Tropen beim Mondlicht zu Tage kommen, verdienen es, von den Phyſikern von neuem in den Kreis der Beobachtungen ge- zogen zu werden. In Mexiko habe ich bei vollkommen klarem Himmel breite Streifen in den Farben des Regen- bogens über das Himmelsgewölbe und gegen die Mondſcheibe hin zuſammenlaufen ſehen; dieſes merkwürdige Meteor er- innert an das von Cotes im Jahre 1716 beſchriebene. Wenn unſer Haus in Cumana für die Beobachtung des Himmels und der meteorologiſchen Vorgänge ſehr günſtig gelegen war, ſo mußten wir dagegen zuweilen bei Tage etwas anſehen, was uns empörte. Der große Platz iſt zum Teil mit Bogengängen umgeben, über denen eine lange hölzerne Galerie hinläuft, wie man ſie in allen heißen Län- dern ſieht. Hier wurden die Schwarzen verkauft, die von der afrikaniſchen Küſte herüberkommen. Unter allen euro- päiſchen Regierungen war die von Dänemark die erſte und lange die einzige, die den Sklavenhandel abgeſchafft hat, und dennoch waren die erſten Sklaven, die wir aufgeſtellt ſahen, auf einem däniſchen Sklavenſchiff gekommen. Der gemeine Eigennutz, der mit Menſchenpflicht, Nationalehre und den Geſetzen des Vaterlandes im Streite liegt, läßt ſich durch nichts in ſeinen Spekulationen ſtören. Die zum Verkauf ausgeſetzten Sklaven waren junge Leute von fünfzehn bis zwanzig Jahren. Man lieferte ihnen jeden Morgen Kokosöl, um ſich den Körper damit einzureiben und die Haut glänzend ſchwarz zu machen. Jeden Augenblick erſchienen Käufer und ſchätzten nach der Beſchaffenheit der Zähne Alter und Geſundheitszuſtand der Sklaven; ſie riſſen ihnen den Mund auf, ganz wie es auf dem Pferdemarkt geſchieht. Dieſer entwürdigende Brauch ſchreibt ſich aus Afrika her, wie die getreue Schilderung zeigt, die Cervantes nach langer Gefangenſchaft bei den Mauren in einem ſeiner

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Übers. v. Hermann Hauff. Bd. 1. Stuttgart, 1859, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial01_1859/203>, abgerufen am 21.11.2024.