Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 2. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1859.neuen Art von Pancratium, deren Blüte 21 bis 23 cm lang Der Hof, auf dem wir wohnten, ist eine hübsche Zucker- Auf dieser Pflanzung, wie überall in der Provinz Vene- neuen Art von Pancratium, deren Blüte 21 bis 23 cm lang Der Hof, auf dem wir wohnten, iſt eine hübſche Zucker- Auf dieſer Pflanzung, wie überall in der Provinz Vene- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0186" n="178"/> neuen Art von Pancratium, deren Blüte 21 bis 23 <hi rendition="#aq">cm</hi> lang<lb/> iſt und die am Ufer des Tuy wächſt. Wir verlebten zwei<lb/> höchſt angenehme Tage auf der Pflanzung Don Joſes de Man-<lb/> terola, der in der Jugend Mitglied der ſpaniſchen Geſandt-<lb/> ſchaft in Rußland geweſen war. Als Zögling und Günſt-<lb/> ling Xavedras, eines der einſichtsvollſten Intendanten von<lb/> Caracas, wollte er ſich, als der berühmte Staatsmann ins<lb/> Miniſterium getreten war, nach Europa einſchiffen. Der Gou-<lb/> verneur der Provinz fürchtete Manterolas Einfluß und ließ<lb/> ihn im Hafen verhaften, und als der Befehl von Hof an-<lb/> langte, der die eigenmächtige Verhaftung aufhob, war der<lb/> Miniſter bereits nicht mehr in Gunſt. Es hält ſchwer, auf<lb/> 7300 <hi rendition="#aq">km</hi> von der ſüdamerikaniſchen Küſte rechtzeitig einzu-<lb/> treffen, um von der Macht eines hochgeſtellten Mannes Nutzen<lb/> zu ziehen.</p><lb/> <p>Der Hof, auf dem wir wohnten, iſt eine hübſche Zucker-<lb/> plantage. Der Boden iſt eben wie der Grund eines aus-<lb/> getrockneten Sees. Der Tuy ſchlängelt ſich durch Gründe,<lb/> die mit Bananen und einem kleinen Gehölz von <hi rendition="#aq">Hura cre-<lb/> pitans, Erythrina corallodendron</hi> und Feigenbäumen mit<lb/> Nymphäenblättern bewachſen ſind. Das Flußbett beſteht aus<lb/> Quarzgeſchieben, und ich wüßte nicht, wo man angenehmer<lb/> badete als im Tuy: das kriſtallhelle Waſſer behält ſelbſt bei<lb/> Tage die Temperatur von 18,6°. Das iſt ſehr kühl für dieſes<lb/> Klima und für eine Meereshöhe von 580 <hi rendition="#aq">m</hi>, aber der Fluß<lb/> entſpringt in den benachbarten Bergen. Die Wohnung des<lb/> Eigentümers liegt auf einem 30 bis 40 <hi rendition="#aq">m</hi> hohen Hügel und<lb/> ringsum ſtehen die Hütten der Neger. Die Verheirateten<lb/> ſorgen ſelbſt für ihren Unterhalt. Wie überall in den Thä-<lb/> lern von Aragua weiſt man ihnen ein kleines Grundſtück an,<lb/> das ſie bebauen. Sie verwenden dazu die einzigen freien<lb/> Tage in der Woche, Sonnabend und Sonntag. Sie halten<lb/> Hühner, zuweilen ſogar ein Schwein. Der Herr rühmt, wie<lb/> gut ſie es haben, wie im nördlichen Europa die gnädigen<lb/> Herren den Wohlſtand der leibeigenen Bauern rühmen. Am<lb/> Tage unſerer Ankunft ſahen wir drei entſprungene Neger ein-<lb/> bringen, vor kurzem gekaufte Sklaven. Ich fürchtete Zeuge<lb/> einer der Prügelſzenen ſein zu müſſen, die einem überall, wo<lb/> die Sklaverei herrſcht, das Landleben verbittern; glücklicher-<lb/> weiſe wurden die Schwarzen menſchlich behandelt.</p><lb/> <p>Auf dieſer Pflanzung, wie überall in der Provinz Vene-<lb/> zuela, unterſcheidet man ſchon von weitem die drei Arten<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [178/0186]
neuen Art von Pancratium, deren Blüte 21 bis 23 cm lang
iſt und die am Ufer des Tuy wächſt. Wir verlebten zwei
höchſt angenehme Tage auf der Pflanzung Don Joſes de Man-
terola, der in der Jugend Mitglied der ſpaniſchen Geſandt-
ſchaft in Rußland geweſen war. Als Zögling und Günſt-
ling Xavedras, eines der einſichtsvollſten Intendanten von
Caracas, wollte er ſich, als der berühmte Staatsmann ins
Miniſterium getreten war, nach Europa einſchiffen. Der Gou-
verneur der Provinz fürchtete Manterolas Einfluß und ließ
ihn im Hafen verhaften, und als der Befehl von Hof an-
langte, der die eigenmächtige Verhaftung aufhob, war der
Miniſter bereits nicht mehr in Gunſt. Es hält ſchwer, auf
7300 km von der ſüdamerikaniſchen Küſte rechtzeitig einzu-
treffen, um von der Macht eines hochgeſtellten Mannes Nutzen
zu ziehen.
Der Hof, auf dem wir wohnten, iſt eine hübſche Zucker-
plantage. Der Boden iſt eben wie der Grund eines aus-
getrockneten Sees. Der Tuy ſchlängelt ſich durch Gründe,
die mit Bananen und einem kleinen Gehölz von Hura cre-
pitans, Erythrina corallodendron und Feigenbäumen mit
Nymphäenblättern bewachſen ſind. Das Flußbett beſteht aus
Quarzgeſchieben, und ich wüßte nicht, wo man angenehmer
badete als im Tuy: das kriſtallhelle Waſſer behält ſelbſt bei
Tage die Temperatur von 18,6°. Das iſt ſehr kühl für dieſes
Klima und für eine Meereshöhe von 580 m, aber der Fluß
entſpringt in den benachbarten Bergen. Die Wohnung des
Eigentümers liegt auf einem 30 bis 40 m hohen Hügel und
ringsum ſtehen die Hütten der Neger. Die Verheirateten
ſorgen ſelbſt für ihren Unterhalt. Wie überall in den Thä-
lern von Aragua weiſt man ihnen ein kleines Grundſtück an,
das ſie bebauen. Sie verwenden dazu die einzigen freien
Tage in der Woche, Sonnabend und Sonntag. Sie halten
Hühner, zuweilen ſogar ein Schwein. Der Herr rühmt, wie
gut ſie es haben, wie im nördlichen Europa die gnädigen
Herren den Wohlſtand der leibeigenen Bauern rühmen. Am
Tage unſerer Ankunft ſahen wir drei entſprungene Neger ein-
bringen, vor kurzem gekaufte Sklaven. Ich fürchtete Zeuge
einer der Prügelſzenen ſein zu müſſen, die einem überall, wo
die Sklaverei herrſcht, das Landleben verbittern; glücklicher-
weiſe wurden die Schwarzen menſchlich behandelt.
Auf dieſer Pflanzung, wie überall in der Provinz Vene-
zuela, unterſcheidet man ſchon von weitem die drei Arten
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