süß; ich weiß nicht, ob es eine Spielart der Carica Micro- carpa ist, die Jacquin beschrieben hat.
Die Umgegend des Sees ist nur in der trockenen Jahres- zeit ungesund, wenn bei fallendem Wasser der schlammige Boden der Sonnenhitze ausgesetzt ist. Das von Gebüschen der Coccoloba barbadensis beschattete, mit herrlichen Lilien- gewächsen geschmückte Gestade erinnert durch den Typus der Wasserpflanzen an die sumpfigen Ufer unserer europäischen Seen. Man findet hier Laichkraut (Potamogeton), Chara und 1 m hohe Teichkolben, die man von der Typha angusti- folia unserer Sümpfe kaum unterscheiden kann. Erst bei ge- nauer Untersuchung erkennt man in allen diesen Gewächsen der Neuen Welt eigentümliche Arten. Wie viele Pflanzen von der Magelhaensschen Meerenge, aus Chile und den Kor- dilleren von Quito sind früher wegen der großen Ueberein- stimmung in Bildung und Aussehen mit Gewächsen der nörd- lichen gemäßigten Zone zusammengeworfen worden!
Die Bewohner der Thäler von Aragua fragen häufig, warum das südliche Ufer des Sees, besonders aber der süd- westliche Strich desselben gegen Las Aguacates, im ganzen stärker bewachsen ist und ein frischeres Grün hat als das nördliche. Im Februar sahen wir viele entblätterte Bäume bei der Hacienda de Cura, bei Mocundo und Guacara, wäh- rend südöstlich von Valencia alles bereits darauf deutete, daß die Regenzeit bevorstand. Nach meiner Ansicht werden im ersten Abschnitte des Jahres, wo die Sonne gegen Süden abweicht, die Hügel um Valencia, Guacara und Cura von der Sonnenhitze ausgebrannt, während dem südlichen Ufer durch den Seewind, sobald er durch die Abra de Porto Cabello in das Thal kommt, eine Luft zugeführt wird, die sich über dem See mit Wasserdunst beladen hat. Auf diesem südlichen Ufer, bei Guaruto, liegen auch die schönsten Tabaks- felder in der ganzen Provinz. Man unterscheidet welche der primera, segunda und tercera fundacion. Nach dem drücken- den Monopol der Tabakspacht, deren wir bei der Beschreibung der Stadt Cumanacoa gedacht haben, darf man in der Pro- vinz Caracas nur in den Thälern von Aragua (bei Guaruto und Tapatapa) und in den Llanos von Uritucu Tabak bauen. Der Ertrag beläuft sich auf 500000 bis 600000 Piaster; aber die Regie ist so kostspielig, daß sie gegen 230000 Piaster im Jahre verschlingt. Die Capitania general von Caracas könnte vermöge ihrer Größe und ihres vortrefflichen Bodens, so gut
ſüß; ich weiß nicht, ob es eine Spielart der Carica Micro- carpa iſt, die Jacquin beſchrieben hat.
Die Umgegend des Sees iſt nur in der trockenen Jahres- zeit ungeſund, wenn bei fallendem Waſſer der ſchlammige Boden der Sonnenhitze ausgeſetzt iſt. Das von Gebüſchen der Coccoloba barbadensis beſchattete, mit herrlichen Lilien- gewächſen geſchmückte Geſtade erinnert durch den Typus der Waſſerpflanzen an die ſumpfigen Ufer unſerer europäiſchen Seen. Man findet hier Laichkraut (Potamogeton), Chara und 1 m hohe Teichkolben, die man von der Typha angusti- folia unſerer Sümpfe kaum unterſcheiden kann. Erſt bei ge- nauer Unterſuchung erkennt man in allen dieſen Gewächſen der Neuen Welt eigentümliche Arten. Wie viele Pflanzen von der Magelhaensſchen Meerenge, aus Chile und den Kor- dilleren von Quito ſind früher wegen der großen Ueberein- ſtimmung in Bildung und Ausſehen mit Gewächſen der nörd- lichen gemäßigten Zone zuſammengeworfen worden!
Die Bewohner der Thäler von Aragua fragen häufig, warum das ſüdliche Ufer des Sees, beſonders aber der ſüd- weſtliche Strich desſelben gegen Las Aguacates, im ganzen ſtärker bewachſen iſt und ein friſcheres Grün hat als das nördliche. Im Februar ſahen wir viele entblätterte Bäume bei der Hacienda de Cura, bei Mocundo und Guacara, wäh- rend ſüdöſtlich von Valencia alles bereits darauf deutete, daß die Regenzeit bevorſtand. Nach meiner Anſicht werden im erſten Abſchnitte des Jahres, wo die Sonne gegen Süden abweicht, die Hügel um Valencia, Guacara und Cura von der Sonnenhitze ausgebrannt, während dem ſüdlichen Ufer durch den Seewind, ſobald er durch die Abra de Porto Cabello in das Thal kommt, eine Luft zugeführt wird, die ſich über dem See mit Waſſerdunſt beladen hat. Auf dieſem ſüdlichen Ufer, bei Guaruto, liegen auch die ſchönſten Tabaks- felder in der ganzen Provinz. Man unterſcheidet welche der primera, segunda und tercera fundacion. Nach dem drücken- den Monopol der Tabakspacht, deren wir bei der Beſchreibung der Stadt Cumanacoa gedacht haben, darf man in der Pro- vinz Caracas nur in den Thälern von Aragua (bei Guaruto und Tapatapa) und in den Llanos von Uritucu Tabak bauen. Der Ertrag beläuft ſich auf 500000 bis 600000 Piaſter; aber die Regie iſt ſo koſtſpielig, daß ſie gegen 230000 Piaſter im Jahre verſchlingt. Die Capitania general von Caracas könnte vermöge ihrer Größe und ihres vortrefflichen Bodens, ſo gut
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ſüß; ich weiß nicht, ob es eine Spielart der Carica Micro-
carpa iſt, die Jacquin beſchrieben hat.
Die Umgegend des Sees iſt nur in der trockenen Jahres-
zeit ungeſund, wenn bei fallendem Waſſer der ſchlammige
Boden der Sonnenhitze ausgeſetzt iſt. Das von Gebüſchen
der Coccoloba barbadensis beſchattete, mit herrlichen Lilien-
gewächſen geſchmückte Geſtade erinnert durch den Typus der
Waſſerpflanzen an die ſumpfigen Ufer unſerer europäiſchen
Seen. Man findet hier Laichkraut (Potamogeton), Chara
und 1 m hohe Teichkolben, die man von der Typha angusti-
folia unſerer Sümpfe kaum unterſcheiden kann. Erſt bei ge-
nauer Unterſuchung erkennt man in allen dieſen Gewächſen
der Neuen Welt eigentümliche Arten. Wie viele Pflanzen
von der Magelhaensſchen Meerenge, aus Chile und den Kor-
dilleren von Quito ſind früher wegen der großen Ueberein-
ſtimmung in Bildung und Ausſehen mit Gewächſen der nörd-
lichen gemäßigten Zone zuſammengeworfen worden!
Die Bewohner der Thäler von Aragua fragen häufig,
warum das ſüdliche Ufer des Sees, beſonders aber der ſüd-
weſtliche Strich desſelben gegen Las Aguacates, im ganzen
ſtärker bewachſen iſt und ein friſcheres Grün hat als das
nördliche. Im Februar ſahen wir viele entblätterte Bäume
bei der Hacienda de Cura, bei Mocundo und Guacara, wäh-
rend ſüdöſtlich von Valencia alles bereits darauf deutete, daß
die Regenzeit bevorſtand. Nach meiner Anſicht werden im
erſten Abſchnitte des Jahres, wo die Sonne gegen Süden
abweicht, die Hügel um Valencia, Guacara und Cura von
der Sonnenhitze ausgebrannt, während dem ſüdlichen Ufer
durch den Seewind, ſobald er durch die Abra de Porto
Cabello in das Thal kommt, eine Luft zugeführt wird, die
ſich über dem See mit Waſſerdunſt beladen hat. Auf dieſem
ſüdlichen Ufer, bei Guaruto, liegen auch die ſchönſten Tabaks-
felder in der ganzen Provinz. Man unterſcheidet welche der
primera, segunda und tercera fundacion. Nach dem drücken-
den Monopol der Tabakspacht, deren wir bei der Beſchreibung
der Stadt Cumanacoa gedacht haben, darf man in der Pro-
vinz Caracas nur in den Thälern von Aragua (bei Guaruto
und Tapatapa) und in den Llanos von Uritucu Tabak bauen.
Der Ertrag beläuft ſich auf 500000 bis 600000 Piaſter; aber
die Regie iſt ſo koſtſpielig, daß ſie gegen 230000 Piaſter im
Jahre verſchlingt. Die Capitania general von Caracas könnte
vermöge ihrer Größe und ihres vortrefflichen Bodens, ſo gut
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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 2. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1859, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial02_1859/225>, abgerufen am 18.07.2024.
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