Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 2. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1859.Man glaubte die verschiedenen Weltteile zu charakteri- Dieselben Erscheinungen wiederholen sich in den ent- Man glaubte die verſchiedenen Weltteile zu charakteri- Dieſelben Erſcheinungen wiederholen ſich in den ent- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0277" n="269"/> <p>Man glaubte die verſchiedenen Weltteile zu charakteri-<lb/> ſieren, indem man ſagte, Europa habe <hi rendition="#g">Heiden</hi>, Aſien <hi rendition="#g">Steppen</hi>,<lb/> Afrika <hi rendition="#g">Wüſten</hi>, Amerika <hi rendition="#g">Savannen</hi>; aber man ſtellt damit<lb/> Gegenſätze auf, die weder in der Natur der Sache, noch im<lb/> Geiſte der Sprachen gegründet ſind. Die aſiatiſchen Steppen<lb/> ſind keineswegs überall mit Salzpflanzen bedeckt; in den Sa-<lb/> vannen von Venezuela kommen neben den Gräſern kleine kraut-<lb/> artige Mimoſen, Schotengewächſe und andere Dikotyledonen<lb/> vor. Die Ebenen der Dſungarei, die zwiſchen Don und Wolga,<lb/> die ungariſchen <hi rendition="#g">Pußten</hi> ſind wahre Savannen, Weideländer<lb/> mit reichem Graswuchs, während auf den Savannen oſt- und<lb/> weſtwärts von den Rocky Mountains und von Neumexiko<lb/> Chenopodien mit einem Gehalt von kohlenſaurem und ſalz-<lb/> ſaurem Natron vorkommen. Aſien hat echte pflanzenloſe Wüſten,<lb/> in Arabien, in der Gobi, in Perſien. Seit man die Wüſten<lb/> im Inneren Afrikas, was man ſo lange unter dem allge-<lb/> meinen Namen Sahara begriffen, näher kennen gelernt hat,<lb/> weiß man, daß es im Oſten dieſes Kontinents, wie in Ara-<lb/> bien, Savannen und Weideländer gibt, die von nackten, dürren<lb/> Landſtrichen umgeben ſind. Letztere, mit loſem Geſtein bedeckte,<lb/> ganz pflanzenloſe Wüſten, fehlen nun aber der Neuen Welt<lb/> faſt ganz. Ich habe dergleichen nur im niederen Striche von<lb/> Peru, zwiſchen Amotape und Coquimbo, am Geſtade der Süd-<lb/> ſee geſehen. Die Spanier nennen ſie nicht Llanos, ſondern<lb/> Deſiertos von Sechura und Atacamez. Dieſe Einöde iſt nicht<lb/> breit, aber 1980 <hi rendition="#aq">km</hi> lang. Die Gebirgsart kommt überall<lb/> durch den Flugſand zu Tage. Es fällt niemals ein Tropfen<lb/> Regen, und wie in der Sahara nördlich von Timbuktu findet<lb/> ſich in der peruaniſchen Wüſte bei Huaura eine reiche Stein-<lb/> ſalzgrube. Ueberall ſonſt in der Neuen Welt gibt es öde,<lb/> weil unbewohnte Flächen, aber keine eigentlichen Wüſten.</p><lb/> <p>Dieſelben Erſcheinungen wiederholen ſich in den ent-<lb/> legenſten Landſtrichen, und ſtatt dieſe weiten baumloſen Ebenen<lb/> nach den Pflanzen zu unterſcheiden, die auf ihnen vorkommen,<lb/> unterſcheidet man wohl am einfachſten zwiſchen <hi rendition="#g">Wüſten</hi> und<lb/><hi rendition="#g">Steppen</hi> oder <hi rendition="#g">Savannen</hi>, zwiſchen nackten Landſtrichen<lb/> ohne Spur von Pflanzenwuchs und Landſtrichen, die mit<lb/> Gräſern oder kleinen Gewächſen aus der Klaſſe der Dikotyle-<lb/> donen bedeckt ſind. In manchen Werken heißen die ameri-<lb/> kaniſchen Savannen, namentlich die der gemäßigten Zone,<lb/><hi rendition="#g">Wieſen</hi> (Prärien); aber dieſe Bezeichnung paßt, wie mir<lb/> dünkt, ſchlecht auf Weiden, die oft ſehr dürr, wenn auch mit<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [269/0277]
Man glaubte die verſchiedenen Weltteile zu charakteri-
ſieren, indem man ſagte, Europa habe Heiden, Aſien Steppen,
Afrika Wüſten, Amerika Savannen; aber man ſtellt damit
Gegenſätze auf, die weder in der Natur der Sache, noch im
Geiſte der Sprachen gegründet ſind. Die aſiatiſchen Steppen
ſind keineswegs überall mit Salzpflanzen bedeckt; in den Sa-
vannen von Venezuela kommen neben den Gräſern kleine kraut-
artige Mimoſen, Schotengewächſe und andere Dikotyledonen
vor. Die Ebenen der Dſungarei, die zwiſchen Don und Wolga,
die ungariſchen Pußten ſind wahre Savannen, Weideländer
mit reichem Graswuchs, während auf den Savannen oſt- und
weſtwärts von den Rocky Mountains und von Neumexiko
Chenopodien mit einem Gehalt von kohlenſaurem und ſalz-
ſaurem Natron vorkommen. Aſien hat echte pflanzenloſe Wüſten,
in Arabien, in der Gobi, in Perſien. Seit man die Wüſten
im Inneren Afrikas, was man ſo lange unter dem allge-
meinen Namen Sahara begriffen, näher kennen gelernt hat,
weiß man, daß es im Oſten dieſes Kontinents, wie in Ara-
bien, Savannen und Weideländer gibt, die von nackten, dürren
Landſtrichen umgeben ſind. Letztere, mit loſem Geſtein bedeckte,
ganz pflanzenloſe Wüſten, fehlen nun aber der Neuen Welt
faſt ganz. Ich habe dergleichen nur im niederen Striche von
Peru, zwiſchen Amotape und Coquimbo, am Geſtade der Süd-
ſee geſehen. Die Spanier nennen ſie nicht Llanos, ſondern
Deſiertos von Sechura und Atacamez. Dieſe Einöde iſt nicht
breit, aber 1980 km lang. Die Gebirgsart kommt überall
durch den Flugſand zu Tage. Es fällt niemals ein Tropfen
Regen, und wie in der Sahara nördlich von Timbuktu findet
ſich in der peruaniſchen Wüſte bei Huaura eine reiche Stein-
ſalzgrube. Ueberall ſonſt in der Neuen Welt gibt es öde,
weil unbewohnte Flächen, aber keine eigentlichen Wüſten.
Dieſelben Erſcheinungen wiederholen ſich in den ent-
legenſten Landſtrichen, und ſtatt dieſe weiten baumloſen Ebenen
nach den Pflanzen zu unterſcheiden, die auf ihnen vorkommen,
unterſcheidet man wohl am einfachſten zwiſchen Wüſten und
Steppen oder Savannen, zwiſchen nackten Landſtrichen
ohne Spur von Pflanzenwuchs und Landſtrichen, die mit
Gräſern oder kleinen Gewächſen aus der Klaſſe der Dikotyle-
donen bedeckt ſind. In manchen Werken heißen die ameri-
kaniſchen Savannen, namentlich die der gemäßigten Zone,
Wieſen (Prärien); aber dieſe Bezeichnung paßt, wie mir
dünkt, ſchlecht auf Weiden, die oft ſehr dürr, wenn auch mit
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