Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 2. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1859.Auf dem Wege über die Mesa bei Calabozo litten wir Bei der Wanderung durch diese glühenden Ebenen drängt A. v. Humboldt, Reise. II. 19
Auf dem Wege über die Meſa bei Calabozo litten wir Bei der Wanderung durch dieſe glühenden Ebenen drängt A. v. Humboldt, Reiſe. II. 19
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Auf dem Wege über die Meſa bei Calabozo litten wir
ſehr von der Hitze. Die Temperatur der Luft ſtieg merkbar,
ſo oft der Wind zu wehen anfing. Die Luft war voll Staub,
und während der Windſtöße ſtieg der Thermometer auf 40
bis 41°. Wir kamen nur langſam vorwärts, denn es wäre
gefährlich geweſen, die Maultiere, die unſere Inſtrumente
trugen, dahinten zu laſſen. Unſere Führer gaben uns den
Rat, Rhopalablätter in unſere Hüte zu ſtecken, um die Wir-
kung der Sonnenſtrahlen auf Haare und Scheitel zu mildern.
Wir fühlten uns durch dieſes Mittel erleichtert, und wir
fanden es beſonders dann ausgezeichnet, wenn man Blätter
von Pothos oder einer anderen Arumart haben kann.
Bei der Wanderung durch dieſe glühenden Ebenen drängt
ſich einem von ſelbſt die Frage auf, ob ſie von jeher in dieſem
Zuſtand dagelegen, oder ob ſie durch eine Naturumwälzung
ihres Pflanzenwuchſes beraubt worden? Die gegenwärtige
Humusſchicht iſt allerdings ſehr dünn. Die Eingeborenen ſind
der Meinung, die Palmares und Chaparrales (die kleinen
Gebüſche von Palmen und Rhopala) ſeien vor der Ankunft
der Spanier häufiger und größer geweſen. Seit die Llanos
bewohnt und mit verwilderten Haustieren bevölkert ſind,
zündet man häufig die Savanne an, um die Weide zu ver-
beſſern. Mit den Gräſern werden dabei zufällig auch die
zerſtreuten Baumgruppen zerſtört. Die Ebenen waren ohne
Zweifel im 15. Jahrhundert nicht ſo kahl wie gegenwärtig;
indeſſen ſchon die erſten Eroberer, die von Coro herkamen,
beſchreiben ſie als Savannen, in denen man nichts ſieht als
Himmel und Raſen, im allgemeinen baumlos und beſchwer-
lich zu durchziehen wegen der Wärmeſtrahlung des Bodens.
Warum erſtreckt ſich der mächtige Wald am Orinoko nicht
weiter nordwärts auf dem linken Ufer des Fluſſes? Warum
überzieht er nicht den weiten Landſtrich bis zur Küſtenkordillere,
da dieſer doch von zahlreichen Gewäſſern befruchtet wird?
Dieſe Frage hängt genau zuſammen mit der ganzen Geſchichte
unſeres Planeten. Ueberläßt man ſich geologiſchen Träumen,
denkt man ſich, die amerikaniſchen Steppen und die Wüſte
Sahara ſeien durch einen Einbruch des Meeres ihres ganzen
Pflanzenwuchſes beraubt worden, oder aber, ſie ſeien urſprüng-
lich der Boden von Binnenſeeen geweſen, ſo leuchtet ein, daß
ſogar in Jahrtauſenden Bäume und Gebüſche vom Saume
der Wälder, vom Uferrand der kahlen oder mit Raſen be-
deckten Ebenen nicht bis zur Mitte derſelben vordringen und
A. v. Humboldt, Reiſe. II. 19
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