erinnere, daß im Jahre 1788 in der Stadt Popayan am hellen Tage das Innere der Häuser durch einen ungeheuer großen Meteorstein stark erleuchtet wurde; er ging um 1 Uhr nach- mittags bei hellem Sonnenschein über die Stadt weg. Am 26. September 1800, während unseres zweiten Aufenthalts in Cumana, gelang es Bonpland und mir, nachdem wir die Immersion des ersten Jupiterstrabanten beobachtet, 18 Mi- nuten, nachdem sich die Sonnenscheibe über den Horizont er- hoben, den Planeten mit bloßem Auge deutlich zu sehen. Gegen Ost war sehr leichtes Gewölk, aber Jupiter stand auf blauem Grunde. Diese Fälle beweisen, wie rein und durch- sichtig die Luft zwischen den Wendekreisen ist. Die Masse des zerstreuten Lichtes ist desto kleiner, je vollständiger der Wasserdunst aufgelöst ist. Dieselbe Ursache, welche der Zer- streuung des Sonnenlichtes entgegenwirkt, vermindert auch die Schwächung des Lichtes, das von den Feuerkugeln, vom Ju- piter, vom Mond am zweiten Tag nach der Konjunktion ausgeht.
Der 12. November war wieder ein sehr heißer Tag und der Hygrometer zeigte eine für dieses Klima sehr starke Trockenheit an. Auch zeigte sich der rötliche, den Horizont umschleiernde Dunst wieder und stieg 14° hoch herauf. Es war das letzte Mal, daß man ihn in diesem Jahre sah. Ich bemerke hier, daß derselbe unter dem schönen Himmel von Cumana im allgemeinen so selten ist, als er in Acapulco auf der Westküste von Mexiko häufig vorkommt.
Da bei meinem Abgange von Europa die Physiker durch Chladnis Untersuchungen auf Feuerkugeln und Sternschnuppen besonders aufmerksam geworden waren, so versäumten wir auf unserer Reise von Caracas nach dem Rio Negro nicht, uns überall zu erkundigen, ob am 12. November die Meteore gesehen worden seien. In einem wilden Lande, wo die Ein- wohner größenteils im Freien schlafen, konnte eine so außer- ordentliche Erscheinung nur da unbemerkt bleiben, wo sie sich durch bewölkten Himmel der Beobachtung entzog. Der Ka- puziner in der Mission San Fernando de Apure, die mitten in den Savannen der Provinz Varinas liegt, die Franziskaner an den Fällen des Orinoko und in Maroa am Rio Negro hatten zahllose Sternschnuppen und Feuerkugeln das Himmels- gewölbe beleuchten sehen. Maroa liegt 780 km südwestlich von Cumana. Alle diese Beobachter verglichen das Phänomen mit einem schönen Feuerwerk, das von 3 bis 6 Uhr
erinnere, daß im Jahre 1788 in der Stadt Popayan am hellen Tage das Innere der Häuſer durch einen ungeheuer großen Meteorſtein ſtark erleuchtet wurde; er ging um 1 Uhr nach- mittags bei hellem Sonnenſchein über die Stadt weg. Am 26. September 1800, während unſeres zweiten Aufenthalts in Cumana, gelang es Bonpland und mir, nachdem wir die Immerſion des erſten Jupiterstrabanten beobachtet, 18 Mi- nuten, nachdem ſich die Sonnenſcheibe über den Horizont er- hoben, den Planeten mit bloßem Auge deutlich zu ſehen. Gegen Oſt war ſehr leichtes Gewölk, aber Jupiter ſtand auf blauem Grunde. Dieſe Fälle beweiſen, wie rein und durch- ſichtig die Luft zwiſchen den Wendekreiſen iſt. Die Maſſe des zerſtreuten Lichtes iſt deſto kleiner, je vollſtändiger der Waſſerdunſt aufgelöſt iſt. Dieſelbe Urſache, welche der Zer- ſtreuung des Sonnenlichtes entgegenwirkt, vermindert auch die Schwächung des Lichtes, das von den Feuerkugeln, vom Ju- piter, vom Mond am zweiten Tag nach der Konjunktion ausgeht.
Der 12. November war wieder ein ſehr heißer Tag und der Hygrometer zeigte eine für dieſes Klima ſehr ſtarke Trockenheit an. Auch zeigte ſich der rötliche, den Horizont umſchleiernde Dunſt wieder und ſtieg 14° hoch herauf. Es war das letzte Mal, daß man ihn in dieſem Jahre ſah. Ich bemerke hier, daß derſelbe unter dem ſchönen Himmel von Cumana im allgemeinen ſo ſelten iſt, als er in Acapulco auf der Weſtküſte von Mexiko häufig vorkommt.
Da bei meinem Abgange von Europa die Phyſiker durch Chladnis Unterſuchungen auf Feuerkugeln und Sternſchnuppen beſonders aufmerkſam geworden waren, ſo verſäumten wir auf unſerer Reiſe von Caracas nach dem Rio Negro nicht, uns überall zu erkundigen, ob am 12. November die Meteore geſehen worden ſeien. In einem wilden Lande, wo die Ein- wohner größenteils im Freien ſchlafen, konnte eine ſo außer- ordentliche Erſcheinung nur da unbemerkt bleiben, wo ſie ſich durch bewölkten Himmel der Beobachtung entzog. Der Ka- puziner in der Miſſion San Fernando de Apure, die mitten in den Savannen der Provinz Varinas liegt, die Franziskaner an den Fällen des Orinoko und in Maroa am Rio Negro hatten zahlloſe Sternſchnuppen und Feuerkugeln das Himmels- gewölbe beleuchten ſehen. Maroa liegt 780 km ſüdweſtlich von Cumana. Alle dieſe Beobachter verglichen das Phänomen mit einem ſchönen Feuerwerk, das von 3 bis 6 Uhr
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[53/0061]
erinnere, daß im Jahre 1788 in der Stadt Popayan am hellen
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Meteorſtein ſtark erleuchtet wurde; er ging um 1 Uhr nach-
mittags bei hellem Sonnenſchein über die Stadt weg. Am
26. September 1800, während unſeres zweiten Aufenthalts
in Cumana, gelang es Bonpland und mir, nachdem wir die
Immerſion des erſten Jupiterstrabanten beobachtet, 18 Mi-
nuten, nachdem ſich die Sonnenſcheibe über den Horizont er-
hoben, den Planeten mit bloßem Auge deutlich zu ſehen.
Gegen Oſt war ſehr leichtes Gewölk, aber Jupiter ſtand auf
blauem Grunde. Dieſe Fälle beweiſen, wie rein und durch-
ſichtig die Luft zwiſchen den Wendekreiſen iſt. Die Maſſe
des zerſtreuten Lichtes iſt deſto kleiner, je vollſtändiger der
Waſſerdunſt aufgelöſt iſt. Dieſelbe Urſache, welche der Zer-
ſtreuung des Sonnenlichtes entgegenwirkt, vermindert auch die
Schwächung des Lichtes, das von den Feuerkugeln, vom Ju-
piter, vom Mond am zweiten Tag nach der Konjunktion
ausgeht.
Der 12. November war wieder ein ſehr heißer Tag und
der Hygrometer zeigte eine für dieſes Klima ſehr ſtarke
Trockenheit an. Auch zeigte ſich der rötliche, den Horizont
umſchleiernde Dunſt wieder und ſtieg 14° hoch herauf. Es
war das letzte Mal, daß man ihn in dieſem Jahre ſah. Ich
bemerke hier, daß derſelbe unter dem ſchönen Himmel von
Cumana im allgemeinen ſo ſelten iſt, als er in Acapulco auf
der Weſtküſte von Mexiko häufig vorkommt.
Da bei meinem Abgange von Europa die Phyſiker durch
Chladnis Unterſuchungen auf Feuerkugeln und Sternſchnuppen
beſonders aufmerkſam geworden waren, ſo verſäumten wir
auf unſerer Reiſe von Caracas nach dem Rio Negro nicht,
uns überall zu erkundigen, ob am 12. November die Meteore
geſehen worden ſeien. In einem wilden Lande, wo die Ein-
wohner größenteils im Freien ſchlafen, konnte eine ſo außer-
ordentliche Erſcheinung nur da unbemerkt bleiben, wo ſie ſich
durch bewölkten Himmel der Beobachtung entzog. Der Ka-
puziner in der Miſſion San Fernando de Apure, die mitten
in den Savannen der Provinz Varinas liegt, die Franziskaner
an den Fällen des Orinoko und in Maroa am Rio Negro
hatten zahlloſe Sternſchnuppen und Feuerkugeln das Himmels-
gewölbe beleuchten ſehen. Maroa liegt 780 km ſüdweſtlich
von Cumana. Alle dieſe Beobachter verglichen das Phänomen
mit einem ſchönen Feuerwerk, das von 3 bis 6 Uhr
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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 2. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1859, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial02_1859/61>, abgerufen am 16.02.2025.
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