Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 3. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860.Pergament und ein ungeheures Kreuz am Ufer des Meta ist Vom Einflusse des Meta an erschien der Orinoko freier Am 13. April. Wir fuhren am frühen Morgen die Pergament und ein ungeheures Kreuz am Ufer des Meta iſt Vom Einfluſſe des Meta an erſchien der Orinoko freier Am 13. April. Wir fuhren am frühen Morgen die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0104" n="96"/> Pergament und ein ungeheures Kreuz am Ufer des Meta iſt<lb/> alles, was von der Villa de San Carlos beſtanden hat. Die<lb/> Guahibos, deren Kopfzahl, wie man behauptet, einige Tau-<lb/> ſende beträgt, ſind ſo frech geworden, daß ſie, als wir nach<lb/> Carichana kamen, dem Miſſionär hatten ankündigen laſſen,<lb/> ſie werden auf Flößen kommen und ihm ſein Dorf anzünden.<lb/> Dieſe Flöße (<hi rendition="#aq">valzas</hi>), die wir zu ſehen Gelegenheit hatten,<lb/> ſind kaum 1 <hi rendition="#aq">m</hi> breit und 4 <hi rendition="#aq">m</hi> lang. Es fahren nur zwei bis<lb/> drei Indianer darauf, aber 15 bis 16 Flöße werden mit den<lb/> Stengeln von Paulinia, Dolichos und anderen Rankengewächſen<lb/> aneinander gebunden. Man begreift kaum, wie dieſe kleinen<lb/> Fahrzeuge in den Stromſchnellen beiſammen bleiben können.<lb/> Viele aus den Dörfern am Caſanare und Apure entlaufene<lb/> Indianer haben ſich den Guahibos angeſchloſſen und ihnen<lb/> Geſchmack am Rindfleiſch und den Gebrauch des Leders bei-<lb/> gebracht. Die Höfe San Vicente, Rubio und San Antonio<lb/> haben durch die Einfälle der Indianer einen großen Teil ihres<lb/> Hornviehs eingebüßt. Ihretwegen können auch die Reiſenden,<lb/> die den Meta hinaufgehen, bis zum Einfluſſe des Caſanare<lb/> die Nacht nicht am Ufer zubringen. Bei niedrigem Waſſer<lb/> kommt es ziemlich häufig vor, daß Krämer aus Neugranada,<lb/> die zuweilen noch das Lager bei Pararuma beſuchen, von den<lb/> Guahibos mit vergifteten Pfeilen erſchoſſen werden.</p><lb/> <p>Vom Einfluſſe des Meta an erſchien der Orinoko freier<lb/> von Klippen und Felsmaſſen. Wir fuhren auf einer 970 <hi rendition="#aq">m</hi><lb/> breiten offenen Stromſtrecke. Die Indianer ruderten fort,<lb/> ohne die Piroge zu ſchieben und zu ziehen und uns dabei<lb/> mit ihrem wilden Geſchrei zu beläſtigen. Gegen Weſt lagen<lb/> im Vorbeifahren die Caños Uita und Endava, und es war<lb/> bereits Nacht, als wir vor dem <hi rendition="#g">Raudal de Tabaje</hi> hielten.<lb/> Die Indianer wollten es nicht mehr wagen, den Katarakt<lb/> hinaufzufahren, und wir ſchliefen daher am Lande, an einem<lb/> höchſt unbequemen Orte, auf einer mehr als 18° geneigten<lb/> Felsplatte, in deren Spalten Scharen von Fledermäuſen ſtaken.<lb/> Die ganze Nacht über hörten wir den Jaguar ganz in der<lb/> Nähe brüllen, und unſer großer Hund antwortete darauf mit<lb/> anhaltendem Geheul. Umſonſt wartete ich, ob nicht die Sterne<lb/> zum Vorſchein kämen; der Himmel war grauenhaft ſchwarz.<lb/> Das dumpfe Toſen der Fälle des Orinoko ſtach ſcharf ab vom<lb/> Donner, der weit weg, dem Walde zu, ſich hören ließ.</p><lb/> <p>Am 13. April. Wir fuhren am frühen Morgen die<lb/> Stromſchnellen von Tabaje hinauf, bis wohin Pater Gumilla<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [96/0104]
Pergament und ein ungeheures Kreuz am Ufer des Meta iſt
alles, was von der Villa de San Carlos beſtanden hat. Die
Guahibos, deren Kopfzahl, wie man behauptet, einige Tau-
ſende beträgt, ſind ſo frech geworden, daß ſie, als wir nach
Carichana kamen, dem Miſſionär hatten ankündigen laſſen,
ſie werden auf Flößen kommen und ihm ſein Dorf anzünden.
Dieſe Flöße (valzas), die wir zu ſehen Gelegenheit hatten,
ſind kaum 1 m breit und 4 m lang. Es fahren nur zwei bis
drei Indianer darauf, aber 15 bis 16 Flöße werden mit den
Stengeln von Paulinia, Dolichos und anderen Rankengewächſen
aneinander gebunden. Man begreift kaum, wie dieſe kleinen
Fahrzeuge in den Stromſchnellen beiſammen bleiben können.
Viele aus den Dörfern am Caſanare und Apure entlaufene
Indianer haben ſich den Guahibos angeſchloſſen und ihnen
Geſchmack am Rindfleiſch und den Gebrauch des Leders bei-
gebracht. Die Höfe San Vicente, Rubio und San Antonio
haben durch die Einfälle der Indianer einen großen Teil ihres
Hornviehs eingebüßt. Ihretwegen können auch die Reiſenden,
die den Meta hinaufgehen, bis zum Einfluſſe des Caſanare
die Nacht nicht am Ufer zubringen. Bei niedrigem Waſſer
kommt es ziemlich häufig vor, daß Krämer aus Neugranada,
die zuweilen noch das Lager bei Pararuma beſuchen, von den
Guahibos mit vergifteten Pfeilen erſchoſſen werden.
Vom Einfluſſe des Meta an erſchien der Orinoko freier
von Klippen und Felsmaſſen. Wir fuhren auf einer 970 m
breiten offenen Stromſtrecke. Die Indianer ruderten fort,
ohne die Piroge zu ſchieben und zu ziehen und uns dabei
mit ihrem wilden Geſchrei zu beläſtigen. Gegen Weſt lagen
im Vorbeifahren die Caños Uita und Endava, und es war
bereits Nacht, als wir vor dem Raudal de Tabaje hielten.
Die Indianer wollten es nicht mehr wagen, den Katarakt
hinaufzufahren, und wir ſchliefen daher am Lande, an einem
höchſt unbequemen Orte, auf einer mehr als 18° geneigten
Felsplatte, in deren Spalten Scharen von Fledermäuſen ſtaken.
Die ganze Nacht über hörten wir den Jaguar ganz in der
Nähe brüllen, und unſer großer Hund antwortete darauf mit
anhaltendem Geheul. Umſonſt wartete ich, ob nicht die Sterne
zum Vorſchein kämen; der Himmel war grauenhaft ſchwarz.
Das dumpfe Toſen der Fälle des Orinoko ſtach ſcharf ab vom
Donner, der weit weg, dem Walde zu, ſich hören ließ.
Am 13. April. Wir fuhren am frühen Morgen die
Stromſchnellen von Tabaje hinauf, bis wohin Pater Gumilla
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |