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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 3. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860.

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ergangen, sich meiner Person und meiner Instrumente zu ver-
sichern, ganz besonders aber der Verzeichnisse astronomischer
Beobachtungen, welche die Sicherheit der Staaten so sehr ge-
fährden könnten. Man hätte uns auf dem Amazonenfluß
nach Gran-Para geführt und uns von dort nach Lissabon ge-
schickt. Diese Absichten, die, wären sie in Erfüllung gegangen,
eine auf fünf Jahre berechnete Reise stark gefährdet hätten,
erwähne ich hier nur, um zu zeigen, wie in den Kolonial-
regierungen meist ein ganz anderer Geist herrscht als an der
Spitze der Verwaltung im Mutterland. Sobald das Mini-
sterium in Lissabon vom Diensteifer seiner Untergebenen Kunde
erhielt, erließ es den Befehl, mich in meinen Arbeiten nicht
zu stören, im Gegenteil sollte man mir hilfreich an die Hand
gehen, wenn ich durch einen Teil der portugiesischen Besitzungen
käme. Von diesem aufgeklärten Ministerium selbst wurde mir
kundgethan, welch freundliche Rücksicht man mir zugedacht, um
die ich mich in so großer Entfernung nicht hatte bewerben
können.

Unter den Portugiesen, die wir in San Carlos trafen,
befanden sich mehrere Offiziere, welche die Reise von Barcellos
nach Gran-Para gemacht hatten. Ich stelle hier alles zusam-
men, was ich über den Lauf des Rio Negro in Erfahrung
bringen konnte. Selten kommt man aus dem Amazonenstrom
über den Einfluß des Cababuri herauf, der wegen der Sarsa-
parilleernte weitberufen ist, und so ist alles, was in neuerer
Zeit über die Geographie dieser Länder veröffentlicht worden,
selbst was von Rio Janeiro ausgeht, in hohem Grade ver-
worren.

Weiter den Rio Negro hinab läßt man rechts den Canno
Maliapo, links die Cannos Dariba und Eny. 22,5 km weiter,
also etwa unter 1° 38' nördlicher Breite, liegt die Insel San
Josef, die provisorisch (denn in diesem endlosen Grenzprozeß
ist alles provisorisch) als südlicher Endpunkt der spanischen
Besitzungen gilt. Etwas unterhalb dieser Insel, an einem
Ort, wo es viele verwilderte Orangebäume gibt, zeigt man
einen kleinen, 65 m hohen Felsen mit einer Höhle, welche bei
den Missionären "Cocuys Glorieta" heißt. Dieser Lust-
ort
, denn solches bedeutet das Wort Glorieta im Spanischen,
weckt nicht die angenehmsten Erinnerungen. Hier hatte Cocuy,
der Häuptling der Manitivitanos, von dem oben die Rede
war, sein Harem, und hier verspeiste er -- um alles zu
sagen -- aus besonderer Vorliebe die schönsten und fettesten

ergangen, ſich meiner Perſon und meiner Inſtrumente zu ver-
ſichern, ganz beſonders aber der Verzeichniſſe aſtronomiſcher
Beobachtungen, welche die Sicherheit der Staaten ſo ſehr ge-
fährden könnten. Man hätte uns auf dem Amazonenfluß
nach Gran-Para geführt und uns von dort nach Liſſabon ge-
ſchickt. Dieſe Abſichten, die, wären ſie in Erfüllung gegangen,
eine auf fünf Jahre berechnete Reiſe ſtark gefährdet hätten,
erwähne ich hier nur, um zu zeigen, wie in den Kolonial-
regierungen meiſt ein ganz anderer Geiſt herrſcht als an der
Spitze der Verwaltung im Mutterland. Sobald das Mini-
ſterium in Liſſabon vom Dienſteifer ſeiner Untergebenen Kunde
erhielt, erließ es den Befehl, mich in meinen Arbeiten nicht
zu ſtören, im Gegenteil ſollte man mir hilfreich an die Hand
gehen, wenn ich durch einen Teil der portugieſiſchen Beſitzungen
käme. Von dieſem aufgeklärten Miniſterium ſelbſt wurde mir
kundgethan, welch freundliche Rückſicht man mir zugedacht, um
die ich mich in ſo großer Entfernung nicht hatte bewerben
können.

Unter den Portugieſen, die wir in San Carlos trafen,
befanden ſich mehrere Offiziere, welche die Reiſe von Barcellos
nach Gran-Para gemacht hatten. Ich ſtelle hier alles zuſam-
men, was ich über den Lauf des Rio Negro in Erfahrung
bringen konnte. Selten kommt man aus dem Amazonenſtrom
über den Einfluß des Cababuri herauf, der wegen der Sarſa-
parilleernte weitberufen iſt, und ſo iſt alles, was in neuerer
Zeit über die Geographie dieſer Länder veröffentlicht worden,
ſelbſt was von Rio Janeiro ausgeht, in hohem Grade ver-
worren.

Weiter den Rio Negro hinab läßt man rechts den Caño
Maliapo, links die Caños Dariba und Eny. 22,5 km weiter,
alſo etwa unter 1° 38′ nördlicher Breite, liegt die Inſel San
Joſef, die proviſoriſch (denn in dieſem endloſen Grenzprozeß
iſt alles proviſoriſch) als ſüdlicher Endpunkt der ſpaniſchen
Beſitzungen gilt. Etwas unterhalb dieſer Inſel, an einem
Ort, wo es viele verwilderte Orangebäume gibt, zeigt man
einen kleinen, 65 m hohen Felſen mit einer Höhle, welche bei
den Miſſionären „Cocuys Glorieta“ heißt. Dieſer Luſt-
ort
, denn ſolches bedeutet das Wort Glorieta im Spaniſchen,
weckt nicht die angenehmſten Erinnerungen. Hier hatte Cocuy,
der Häuptling der Manitivitanos, von dem oben die Rede
war, ſein Harem, und hier verſpeiſte er — um alles zu
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[281/0289] ergangen, ſich meiner Perſon und meiner Inſtrumente zu ver- ſichern, ganz beſonders aber der Verzeichniſſe aſtronomiſcher Beobachtungen, welche die Sicherheit der Staaten ſo ſehr ge- fährden könnten. Man hätte uns auf dem Amazonenfluß nach Gran-Para geführt und uns von dort nach Liſſabon ge- ſchickt. Dieſe Abſichten, die, wären ſie in Erfüllung gegangen, eine auf fünf Jahre berechnete Reiſe ſtark gefährdet hätten, erwähne ich hier nur, um zu zeigen, wie in den Kolonial- regierungen meiſt ein ganz anderer Geiſt herrſcht als an der Spitze der Verwaltung im Mutterland. Sobald das Mini- ſterium in Liſſabon vom Dienſteifer ſeiner Untergebenen Kunde erhielt, erließ es den Befehl, mich in meinen Arbeiten nicht zu ſtören, im Gegenteil ſollte man mir hilfreich an die Hand gehen, wenn ich durch einen Teil der portugieſiſchen Beſitzungen käme. Von dieſem aufgeklärten Miniſterium ſelbſt wurde mir kundgethan, welch freundliche Rückſicht man mir zugedacht, um die ich mich in ſo großer Entfernung nicht hatte bewerben können. Unter den Portugieſen, die wir in San Carlos trafen, befanden ſich mehrere Offiziere, welche die Reiſe von Barcellos nach Gran-Para gemacht hatten. Ich ſtelle hier alles zuſam- men, was ich über den Lauf des Rio Negro in Erfahrung bringen konnte. Selten kommt man aus dem Amazonenſtrom über den Einfluß des Cababuri herauf, der wegen der Sarſa- parilleernte weitberufen iſt, und ſo iſt alles, was in neuerer Zeit über die Geographie dieſer Länder veröffentlicht worden, ſelbſt was von Rio Janeiro ausgeht, in hohem Grade ver- worren. Weiter den Rio Negro hinab läßt man rechts den Caño Maliapo, links die Caños Dariba und Eny. 22,5 km weiter, alſo etwa unter 1° 38′ nördlicher Breite, liegt die Inſel San Joſef, die proviſoriſch (denn in dieſem endloſen Grenzprozeß iſt alles proviſoriſch) als ſüdlicher Endpunkt der ſpaniſchen Beſitzungen gilt. Etwas unterhalb dieſer Inſel, an einem Ort, wo es viele verwilderte Orangebäume gibt, zeigt man einen kleinen, 65 m hohen Felſen mit einer Höhle, welche bei den Miſſionären „Cocuys Glorieta“ heißt. Dieſer Luſt- ort, denn ſolches bedeutet das Wort Glorieta im Spaniſchen, weckt nicht die angenehmſten Erinnerungen. Hier hatte Cocuy, der Häuptling der Manitivitanos, von dem oben die Rede war, ſein Harem, und hier verſpeiſte er — um alles zu ſagen — aus beſonderer Vorliebe die ſchönſten und fetteſten

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 3. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial03_1859/289>, abgerufen am 22.11.2024.