Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 4. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860.von der Sorge für den täglichen Unterhalt befangen, beständig Unsere Piroge war erst gegen drei Uhr abends bereit 1 Diese drei Punkte liegen auf den Grenzen der Missionen
am Rio Carony, am Rio Caura und am oberen Orinoko. von der Sorge für den täglichen Unterhalt befangen, beſtändig Unſere Piroge war erſt gegen drei Uhr abends bereit 1 Dieſe drei Punkte liegen auf den Grenzen der Miſſionen
am Rio Carony, am Rio Caura und am oberen Orinoko. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0100" n="92"/> von der Sorge für den täglichen Unterhalt befangen, beſtändig<lb/> darauf bedacht, auf eine Miſſion verſetzt zu werden, die näher<lb/> bei der civiliſierten Welt liegt, das heißt bei <hi rendition="#g">weißen und ver-<lb/> nünftigen Leuten</hi>, kommen ſie nicht leicht in Verſuchung,<lb/> weiter ins Land zu dringen. Es wird raſch vorwärts gehen,<lb/> ſobald man (nach dem Vorgange der Jeſuiten) den entlegen-<lb/> ſten Miſſionen außerordentliche Unterſtützungen zu teil werden<lb/> läßt, und auf die äußerſten Poſten, Guirior, San Luis del<lb/> Erevato und Esmeralda, <note place="foot" n="1">Dieſe drei Punkte liegen auf den Grenzen der Miſſionen<lb/> am Rio Carony, am Rio Caura und am oberen Orinoko.</note> die mutigſten, verſtändigſten und<lb/> in den Indianerſprachen bewandertſten Miſſionäre ſtellt. Das<lb/> kleine Stück, das vom Orinoko noch zu berichtigen iſt (wahr-<lb/> ſcheinlich eine Strecke von 112 bis 136 <hi rendition="#aq">km</hi>), wird bald ent-<lb/> deckt ſein; in Süd- wie in Nordamerika ſind die Miſſionäre<lb/> überall zuerſt auf dem Platze, weil ihnen Vorteile zu ſtatten<lb/> kommen, die anderen Reiſenden abgehen. „Ihr thut groß<lb/> damit, wie weit ihr über den Oberſee hinaufgekommen,“ ſagte<lb/> ein Indianer aus Kanada zu Pelzhändlern aus den Vereinig-<lb/> ten Staaten; „ihr denkt alſo nicht daran, daß die ‚Schwarz-<lb/> röcke‘ vorher dageweſen, und daß dieſe euch den Weg nach<lb/> Weſten gewieſen haben!“</p><lb/> <p>Unſere Piroge war erſt gegen drei Uhr abends bereit<lb/> uns aufzunehmen. Während der Fahrt auf dem Caſſiquiare<lb/> hatten ſich unzählige Ameiſen darin eingeniſtet und nur mit<lb/> Mühe ſäuberte man davon den <hi rendition="#g">Toldo</hi>, das Dach aus Palm-<lb/> blättern, unter dem wir nun wieder zweiundzwanzig Tage<lb/> lang ausgeſtreckt liegen ſollten. Einen Teil des Vormittags<lb/> verwendeten wir dazu, um die Bewohner von Esmeralda noch-<lb/> mals über einen See auszufragen, der gegen Oſt liegen ſollte.<lb/> Wir zeigten den alten Soldaten, die in der Miſſion ſeit ihrer<lb/> Gründung lagen, die Karten von Surville und La Cruz. Sie<lb/> lachten über die angebliche Verbindung zwiſchen dem Orinoko<lb/> und dem Rio Idapa und über das <hi rendition="#g">Weiße Meer</hi>, durch<lb/> das erſterer Fluß laufen ſoll. Was wir höflich Fiktionen<lb/> der Geographen nennen, hießen ſie „Lügen von dort drüben“<lb/> (<hi rendition="#aq">mentiras de por allá</hi>). Die guten Leute konnten nicht be-<lb/> greifen, wie man von Ländern, in denen man nie geweſen,<lb/> Karten machen kann und aufs genaueſte Dinge wiſſen will,<lb/> wovon man an Ort und Stelle gar nichts weiß. Der See<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [92/0100]
von der Sorge für den täglichen Unterhalt befangen, beſtändig
darauf bedacht, auf eine Miſſion verſetzt zu werden, die näher
bei der civiliſierten Welt liegt, das heißt bei weißen und ver-
nünftigen Leuten, kommen ſie nicht leicht in Verſuchung,
weiter ins Land zu dringen. Es wird raſch vorwärts gehen,
ſobald man (nach dem Vorgange der Jeſuiten) den entlegen-
ſten Miſſionen außerordentliche Unterſtützungen zu teil werden
läßt, und auf die äußerſten Poſten, Guirior, San Luis del
Erevato und Esmeralda, 1 die mutigſten, verſtändigſten und
in den Indianerſprachen bewandertſten Miſſionäre ſtellt. Das
kleine Stück, das vom Orinoko noch zu berichtigen iſt (wahr-
ſcheinlich eine Strecke von 112 bis 136 km), wird bald ent-
deckt ſein; in Süd- wie in Nordamerika ſind die Miſſionäre
überall zuerſt auf dem Platze, weil ihnen Vorteile zu ſtatten
kommen, die anderen Reiſenden abgehen. „Ihr thut groß
damit, wie weit ihr über den Oberſee hinaufgekommen,“ ſagte
ein Indianer aus Kanada zu Pelzhändlern aus den Vereinig-
ten Staaten; „ihr denkt alſo nicht daran, daß die ‚Schwarz-
röcke‘ vorher dageweſen, und daß dieſe euch den Weg nach
Weſten gewieſen haben!“
Unſere Piroge war erſt gegen drei Uhr abends bereit
uns aufzunehmen. Während der Fahrt auf dem Caſſiquiare
hatten ſich unzählige Ameiſen darin eingeniſtet und nur mit
Mühe ſäuberte man davon den Toldo, das Dach aus Palm-
blättern, unter dem wir nun wieder zweiundzwanzig Tage
lang ausgeſtreckt liegen ſollten. Einen Teil des Vormittags
verwendeten wir dazu, um die Bewohner von Esmeralda noch-
mals über einen See auszufragen, der gegen Oſt liegen ſollte.
Wir zeigten den alten Soldaten, die in der Miſſion ſeit ihrer
Gründung lagen, die Karten von Surville und La Cruz. Sie
lachten über die angebliche Verbindung zwiſchen dem Orinoko
und dem Rio Idapa und über das Weiße Meer, durch
das erſterer Fluß laufen ſoll. Was wir höflich Fiktionen
der Geographen nennen, hießen ſie „Lügen von dort drüben“
(mentiras de por allá). Die guten Leute konnten nicht be-
greifen, wie man von Ländern, in denen man nie geweſen,
Karten machen kann und aufs genaueſte Dinge wiſſen will,
wovon man an Ort und Stelle gar nichts weiß. Der See
1 Dieſe drei Punkte liegen auf den Grenzen der Miſſionen
am Rio Carony, am Rio Caura und am oberen Orinoko.
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