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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 4. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860.

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ein, weil die Verbindung zwischen Angostura und den Ufern
des Meta und des Apure, welche zum Ostabhang der Kor-
dilleren von Neugranada führen, jetzt in politischer und
kommerzieller Beziehung von großem Belang ist. Die Fahrt
auf dem unteren Orinoko von der Mündung bis zur Provinz
Varinas ist allein wegen der starken Strömung beschwerlich.
Im Flußbett selbst sind nirgends stärkere Hindernisse zu über-
winden, als auf der Donau zwischen Wien und Linz. Große
Felsschwellen, eigentliche Wasserfälle kommen erst oberhalb
des Meta. Daher bildet auch der obere Orinoko mit dem
Cassiquiare und dem Rio Negro ein besonderes Flußsystem,
das dem industriellen Leben in Angostura und auf dem
Küstenland von Caracas noch lange fremd bleiben wird.

Ich konnte auf einer Insel mitten in der Boca del In-
fierno,
wo wir unsere Instrumente aufgestellt hatten, Stun-
denwinkel der Sonne aufnehmen. Der Punkt liegt nach dem
Chronometer unter 67° 10' 31" der Länge. Ich wollte die
Inklination der Magnetnadel und die Intensität der Kraft
beobachten, aber ein Gewitterregen vereitelte den Versuch.
Da der Himmel nachmittags wieder heiter wurde, schlugen wir
unser Lager auf einem breiten Gestade am südlichen Ufer des
Orinoko, beinahe im Meridian der kleinen Stadt Muitaco oder
Real Corona, auf. Mittels dreier Sterne fand ich die Breite
8° 0' 26", die Länge 67° 5' 19". Als die Observanten im
Jahre 1752 ihre ersten Entradas auf das Gebiet der Ka-
riben machten, bauten sie an diesem Punkt ein kleines Fort
oder eine Casa fuerte. Durch den Umstand, daß die hohen
Gebirge von Araguacais so nahe liegen, ist Muitaco einer
der gesundesten Orte am unteren Orinoko. Hier schlug Itur-
riaga im Jahre 1756 seinen Wohnsitz auf, um sich von den
Strapazen der Grenzexpedition zu erholen, und da er seine
Genesung dem mehr heißen als feuchten Klima zuschrieb, er-
hielt die Stadt oder vielmehr das Dorf Real Corona den
Namen Pueblo del puerto sano. Weiterhin gegen Ost ließen
wir nordwärts den Einfluß des Rio Pao, südwärts den des
Rio Arui. Letzterer Fluß ist ziemlich bedeutend; er kommt
in Raleghs Berichten häufig vor. Lange ließen die Geo-
graphen den Aroy oder Arvi (Arui), den Caroli (Carony)
und den Coari (Caura) aus dem vielberufenen See Cassipa
entspringen, der später der Laguna del Dorado Platz machte.
Je weiter wir abwärts kamen, desto langsamer wurde die
Strömung des Orinoko. Ich maß mehrmals am Ufer eine

ein, weil die Verbindung zwiſchen Angoſtura und den Ufern
des Meta und des Apure, welche zum Oſtabhang der Kor-
dilleren von Neugranada führen, jetzt in politiſcher und
kommerzieller Beziehung von großem Belang iſt. Die Fahrt
auf dem unteren Orinoko von der Mündung bis zur Provinz
Varinas iſt allein wegen der ſtarken Strömung beſchwerlich.
Im Flußbett ſelbſt ſind nirgends ſtärkere Hinderniſſe zu über-
winden, als auf der Donau zwiſchen Wien und Linz. Große
Felsſchwellen, eigentliche Waſſerfälle kommen erſt oberhalb
des Meta. Daher bildet auch der obere Orinoko mit dem
Caſſiquiare und dem Rio Negro ein beſonderes Flußſyſtem,
das dem induſtriellen Leben in Angoſtura und auf dem
Küſtenland von Caracas noch lange fremd bleiben wird.

Ich konnte auf einer Inſel mitten in der Boca del In-
fierno,
wo wir unſere Inſtrumente aufgeſtellt hatten, Stun-
denwinkel der Sonne aufnehmen. Der Punkt liegt nach dem
Chronometer unter 67° 10′ 31″ der Länge. Ich wollte die
Inklination der Magnetnadel und die Intenſität der Kraft
beobachten, aber ein Gewitterregen vereitelte den Verſuch.
Da der Himmel nachmittags wieder heiter wurde, ſchlugen wir
unſer Lager auf einem breiten Geſtade am ſüdlichen Ufer des
Orinoko, beinahe im Meridian der kleinen Stadt Muitaco oder
Real Corona, auf. Mittels dreier Sterne fand ich die Breite
8° 0′ 26″, die Länge 67° 5′ 19″. Als die Obſervanten im
Jahre 1752 ihre erſten Entradas auf das Gebiet der Ka-
riben machten, bauten ſie an dieſem Punkt ein kleines Fort
oder eine Casa fuerte. Durch den Umſtand, daß die hohen
Gebirge von Araguacais ſo nahe liegen, iſt Muitaco einer
der geſundeſten Orte am unteren Orinoko. Hier ſchlug Itur-
riaga im Jahre 1756 ſeinen Wohnſitz auf, um ſich von den
Strapazen der Grenzexpedition zu erholen, und da er ſeine
Geneſung dem mehr heißen als feuchten Klima zuſchrieb, er-
hielt die Stadt oder vielmehr das Dorf Real Corona den
Namen Pueblo del puerto sano. Weiterhin gegen Oſt ließen
wir nordwärts den Einfluß des Rio Pao, ſüdwärts den des
Rio Arui. Letzterer Fluß iſt ziemlich bedeutend; er kommt
in Raleghs Berichten häufig vor. Lange ließen die Geo-
graphen den Aroy oder Arvi (Arui), den Caroli (Carony)
und den Coari (Caura) aus dem vielberufenen See Caſſipa
entſpringen, der ſpäter der Laguna del Dorado Platz machte.
Je weiter wir abwärts kamen, deſto langſamer wurde die
Strömung des Orinoko. Ich maß mehrmals am Ufer eine

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[147/0155] ein, weil die Verbindung zwiſchen Angoſtura und den Ufern des Meta und des Apure, welche zum Oſtabhang der Kor- dilleren von Neugranada führen, jetzt in politiſcher und kommerzieller Beziehung von großem Belang iſt. Die Fahrt auf dem unteren Orinoko von der Mündung bis zur Provinz Varinas iſt allein wegen der ſtarken Strömung beſchwerlich. Im Flußbett ſelbſt ſind nirgends ſtärkere Hinderniſſe zu über- winden, als auf der Donau zwiſchen Wien und Linz. Große Felsſchwellen, eigentliche Waſſerfälle kommen erſt oberhalb des Meta. Daher bildet auch der obere Orinoko mit dem Caſſiquiare und dem Rio Negro ein beſonderes Flußſyſtem, das dem induſtriellen Leben in Angoſtura und auf dem Küſtenland von Caracas noch lange fremd bleiben wird. Ich konnte auf einer Inſel mitten in der Boca del In- fierno, wo wir unſere Inſtrumente aufgeſtellt hatten, Stun- denwinkel der Sonne aufnehmen. Der Punkt liegt nach dem Chronometer unter 67° 10′ 31″ der Länge. Ich wollte die Inklination der Magnetnadel und die Intenſität der Kraft beobachten, aber ein Gewitterregen vereitelte den Verſuch. Da der Himmel nachmittags wieder heiter wurde, ſchlugen wir unſer Lager auf einem breiten Geſtade am ſüdlichen Ufer des Orinoko, beinahe im Meridian der kleinen Stadt Muitaco oder Real Corona, auf. Mittels dreier Sterne fand ich die Breite 8° 0′ 26″, die Länge 67° 5′ 19″. Als die Obſervanten im Jahre 1752 ihre erſten Entradas auf das Gebiet der Ka- riben machten, bauten ſie an dieſem Punkt ein kleines Fort oder eine Casa fuerte. Durch den Umſtand, daß die hohen Gebirge von Araguacais ſo nahe liegen, iſt Muitaco einer der geſundeſten Orte am unteren Orinoko. Hier ſchlug Itur- riaga im Jahre 1756 ſeinen Wohnſitz auf, um ſich von den Strapazen der Grenzexpedition zu erholen, und da er ſeine Geneſung dem mehr heißen als feuchten Klima zuſchrieb, er- hielt die Stadt oder vielmehr das Dorf Real Corona den Namen Pueblo del puerto sano. Weiterhin gegen Oſt ließen wir nordwärts den Einfluß des Rio Pao, ſüdwärts den des Rio Arui. Letzterer Fluß iſt ziemlich bedeutend; er kommt in Raleghs Berichten häufig vor. Lange ließen die Geo- graphen den Aroy oder Arvi (Arui), den Caroli (Carony) und den Coari (Caura) aus dem vielberufenen See Caſſipa entſpringen, der ſpäter der Laguna del Dorado Platz machte. Je weiter wir abwärts kamen, deſto langſamer wurde die Strömung des Orinoko. Ich maß mehrmals am Ufer eine

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 4. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial04_1859/155>, abgerufen am 09.11.2024.