Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 4. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860.Hauptstadt des Dorado geschleppt worden sein, hatten Berrios Da diese häufig überschwemmten Landstriche von jeher von A. v. Humboldt, Reise. IV. 14
Hauptſtadt des Dorado geſchleppt worden ſein, hatten Berrios Da dieſe häufig überſchwemmten Landſtriche von jeher von A. v. Humboldt, Reiſe. IV. 14
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0217" n="209"/> Hauptſtadt des Dorado geſchleppt worden ſein, hatten Berrios<lb/> Phantaſie erhitzt. Was dieſer Konquiſtador auf der Fahrt<lb/> den Orinoko herab ſelbſt beobachtet, iſt ſchwer von dem zu<lb/> unterſcheiden, was er, wie er angibt, aus einem in Por-<lb/> torico aufbewahrten Tagebuche des Martinez geſchöpft hat.<lb/> Man ſieht, man hatte damals vom neuen Kontinent im all-<lb/> gemeinen dieſelben Vorſtellungen, wie wir ſo lange von<lb/> Afrika. Man meinte tiefer im Lande mehr Kultur anzu-<lb/> treffen als an den Küſten. Bereits Juan Gonzalez, den<lb/> Diego de Ordaz abgeſandt hatte, die Ufer des Orinoko zu<lb/> unterſuchen (1531), behauptete, „je weiter man auf dem<lb/> Orinoko hinaufkomme, deſto ſtärker werde die Bevölkerung“.<lb/> Berrio erwähnt zwiſchen den Mündungen des Meta und des<lb/> Cuchivero der häufig unter Waſſer ſtehenden Provinz Ama-<lb/> paja, wo er viele kleine gegoſſene goldene Götzenbilder ge-<lb/> funden, ähnlich denen, welche in Cauchieto öſtlich von Coro<lb/> verfertigt wurden. Er meinte, dieſes Gold komme aus dem<lb/> Granitboden des bergigen Landes zwiſchen Carichana, Uruana<lb/> und dem Cuchivero. Und allerdings haben in neuerer Zeit<lb/> die Eingeborenen in der <hi rendition="#aq">Quebrada del tigre</hi> bei der Miſ-<lb/> ſion Encamerada ein Goldgeſchiebe gefunden. Oſtwärts von<lb/> der Provinz Amapaja erwähnt Berrio des Rio Carony (Ca-<lb/> roly), den man aus einem großen See entſpringen ließ, weil<lb/> man einen der Nebenflüſſe des Carony, den Rio Paragua<lb/> (Fluß des <hi rendition="#g">großen Waſſers</hi>), aus Unbekanntſchaft mit den<lb/> indianiſchen Sprachen für ein <hi rendition="#g">Binnenmeer</hi> gehalten hatte.<lb/> Mehrere ſpaniſche Geſchichtſchreiber glaubten, dieſer See, die<lb/> Quelle des Carony, ſei Berrios <hi rendition="#g">Gran Manoa</hi>; aber aus<lb/> den Nachrichten, die Berrio Ralegh mitgeteilt, iſt erſichtlich,<lb/> daß man annahm, die <hi rendition="#g">Laguna de Manoa</hi> (del <hi rendition="#g">Dorado</hi><lb/> oder de <hi rendition="#g">Parime</hi>) liege ſüdlich vom Rio Paragua, aus dem<lb/> man die <hi rendition="#g">Laguna Caſſipa</hi> gemacht hatte. „Dieſe beiden<lb/> Waſſerbecken hatten goldhaltigen Sand; aber am Ufer des<lb/> Caſſipa lag Macureguaria (Margureguaira), die Hauptſtadt<lb/> des Kaziken Aromaja und die vornehme Stadt des eingebil-<lb/> deten Reiches Guyana.“</p><lb/> <p>Da dieſe häufig überſchwemmten Landſtriche von jeher von<lb/> Völkern karibiſchen Stammes bewohnt waren, die tief ins<lb/> Land hinein mit den entlegenſten Gegenden einen ungemein<lb/> lebhaften Handel trieben, ſo iſt nicht zu verwundern, daß man<lb/> hier bei den Indianern mehr Gold fand als irgendwo. Die<lb/> Eingeborenen im Küſtenland brauchten dieſes Metall nicht<lb/> <fw place="bottom" type="sig">A. v. <hi rendition="#g">Humboldt</hi>, Reiſe. <hi rendition="#aq">IV.</hi> 14</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [209/0217]
Hauptſtadt des Dorado geſchleppt worden ſein, hatten Berrios
Phantaſie erhitzt. Was dieſer Konquiſtador auf der Fahrt
den Orinoko herab ſelbſt beobachtet, iſt ſchwer von dem zu
unterſcheiden, was er, wie er angibt, aus einem in Por-
torico aufbewahrten Tagebuche des Martinez geſchöpft hat.
Man ſieht, man hatte damals vom neuen Kontinent im all-
gemeinen dieſelben Vorſtellungen, wie wir ſo lange von
Afrika. Man meinte tiefer im Lande mehr Kultur anzu-
treffen als an den Küſten. Bereits Juan Gonzalez, den
Diego de Ordaz abgeſandt hatte, die Ufer des Orinoko zu
unterſuchen (1531), behauptete, „je weiter man auf dem
Orinoko hinaufkomme, deſto ſtärker werde die Bevölkerung“.
Berrio erwähnt zwiſchen den Mündungen des Meta und des
Cuchivero der häufig unter Waſſer ſtehenden Provinz Ama-
paja, wo er viele kleine gegoſſene goldene Götzenbilder ge-
funden, ähnlich denen, welche in Cauchieto öſtlich von Coro
verfertigt wurden. Er meinte, dieſes Gold komme aus dem
Granitboden des bergigen Landes zwiſchen Carichana, Uruana
und dem Cuchivero. Und allerdings haben in neuerer Zeit
die Eingeborenen in der Quebrada del tigre bei der Miſ-
ſion Encamerada ein Goldgeſchiebe gefunden. Oſtwärts von
der Provinz Amapaja erwähnt Berrio des Rio Carony (Ca-
roly), den man aus einem großen See entſpringen ließ, weil
man einen der Nebenflüſſe des Carony, den Rio Paragua
(Fluß des großen Waſſers), aus Unbekanntſchaft mit den
indianiſchen Sprachen für ein Binnenmeer gehalten hatte.
Mehrere ſpaniſche Geſchichtſchreiber glaubten, dieſer See, die
Quelle des Carony, ſei Berrios Gran Manoa; aber aus
den Nachrichten, die Berrio Ralegh mitgeteilt, iſt erſichtlich,
daß man annahm, die Laguna de Manoa (del Dorado
oder de Parime) liege ſüdlich vom Rio Paragua, aus dem
man die Laguna Caſſipa gemacht hatte. „Dieſe beiden
Waſſerbecken hatten goldhaltigen Sand; aber am Ufer des
Caſſipa lag Macureguaria (Margureguaira), die Hauptſtadt
des Kaziken Aromaja und die vornehme Stadt des eingebil-
deten Reiches Guyana.“
Da dieſe häufig überſchwemmten Landſtriche von jeher von
Völkern karibiſchen Stammes bewohnt waren, die tief ins
Land hinein mit den entlegenſten Gegenden einen ungemein
lebhaften Handel trieben, ſo iſt nicht zu verwundern, daß man
hier bei den Indianern mehr Gold fand als irgendwo. Die
Eingeborenen im Küſtenland brauchten dieſes Metall nicht
A. v. Humboldt, Reiſe. IV. 14
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