Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 4. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860.schaftliche alkalische Basis, ähnlich dem Morphium im Opium Man unterscheidet am Orinoko zwischen Curare de raiz 1 Dorf in der Provinz Jaen de Bracamoros. A. v. Humboldt, Reise. IV. 5
ſchaftliche alkaliſche Baſis, ähnlich dem Morphium im Opium Man unterſcheidet am Orinoko zwiſchen Curare de raiz 1 Dorf in der Provinz Jaen de Bracamoros. A. v. Humboldt, Reiſe. IV. 5
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0073" n="65"/> ſchaftliche alkaliſche Baſis, ähnlich dem Morphium im Opium<lb/> und der Vauqueline in den Strychnosarten.</p><lb/> <p>Man unterſcheidet am Orinoko zwiſchen <hi rendition="#aq">Curare de <hi rendition="#g">raiz</hi></hi><lb/> (aus Wurzeln) und <hi rendition="#aq">Curare de <hi rendition="#g">bejuco</hi></hi> (aus Lianen oder<lb/> der Rinde der Zweige). Wir haben nur letzteres bereiten<lb/> ſehen; erſteres iſt ſchwächer und weit weniger geſucht. Am<lb/> Amazonenſtrom lernten wir die Gifte verſchiedener Indianer-<lb/> ſtämme kennen, der Ticuna, Yagua, Peva und Jivaro,<lb/> die von derſelben Pflanze kommen und vielleicht mehr oder<lb/> weniger ſorgfältig zubereitet ſind. Das <hi rendition="#aq">Toxique des Ticunas,</hi><lb/> das durch La Condamine in Europa ſo berühmt geworden iſt<lb/> und das man jetzt, etwas uneigentlich, „Ticuna“ zu nennen<lb/> anfängt, kommt von einer Liane, die auf der Inſel Mormo-<lb/> rote im oberen Marañon wächſt. Dieſes Gift wird zum<lb/> Teil von den Ticunaindianern bezogen, die auf ſpaniſchem<lb/> Gebiet bei den Quellen des Yacarique unabhängig geblieben<lb/> ſind, zum Teil von den Indianern desſelben Stammes, die<lb/> in der portugieſiſchen Miſſion Loreto leben. Da Gifte in<lb/> dieſem Klima für Jägervölker ein unentbehrliches Bedürf-<lb/> nis ſind, ſo widerſetzen ſich die Miſſionäre am Orinoko und<lb/> Amazonenſtrom der Bereitung derſelben nicht leicht. Die hier<lb/> genannten Gifte ſind völlig verſchieden vom Gift von La<lb/> Peca <note place="foot" n="1">Dorf in der Provinz Jaen de Bracamoros.</note> und vom Gift von Lamas und Moyobamba. Ich<lb/> führe dieſe Einzelheiten an, weil die Pflanzenreſte, die wir<lb/> unterſuchen konnten, uns (gegen die allgemeine Annahme)<lb/> den Beweis geliefert haben, daß die drei Gifte, das der Ti-<lb/> cuna, das von La Peca und das von Moyobamba, nicht von<lb/> derſelben Art kommen, wahrſcheinlich nicht einmal von ver-<lb/> wandten Gewächſen. So einfach das Curare iſt, ſo lang-<lb/> wierig und verwickelt iſt die Bereitungsweiſe des Giftes von<lb/> Moyobamba. Mit dem Saft des <hi rendition="#g">Bejucode Ambihuasca</hi>,<lb/> dem Hauptingrediens, miſcht man Piment <hi rendition="#aq">(Capsicum)</hi>,<lb/> Tabak, Barbasco <hi rendition="#aq">(Jacquinia armillaris)</hi>, Sanango <hi rendition="#aq">(Tabernae<lb/> montana)</hi> und die Milch einiger anderen Apocyneen. Der<lb/> friſche Saft der <hi rendition="#g">Ambihuasca</hi> wirkt tödlich, wenn er mit<lb/> dem Blut in Berührung kommt; der Saft des <hi rendition="#g">Mavacure</hi><lb/> wird erſt durch Einkochen ein tödliches Gift, und der Saft<lb/> der Wurzel der <hi rendition="#aq">Jatropha Manihot</hi> verliert durch Kochen ganz<lb/> ſeine ſchädliche Eigenſchaft. Als ich bei ſehr großer Hitze<lb/> die Liane, von der das ſchreckliche Gift von La Peca kommt,<lb/> <fw place="bottom" type="sig">A. v. <hi rendition="#g">Humboldt</hi>, Reiſe. <hi rendition="#aq">IV.</hi> 5</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [65/0073]
ſchaftliche alkaliſche Baſis, ähnlich dem Morphium im Opium
und der Vauqueline in den Strychnosarten.
Man unterſcheidet am Orinoko zwiſchen Curare de raiz
(aus Wurzeln) und Curare de bejuco (aus Lianen oder
der Rinde der Zweige). Wir haben nur letzteres bereiten
ſehen; erſteres iſt ſchwächer und weit weniger geſucht. Am
Amazonenſtrom lernten wir die Gifte verſchiedener Indianer-
ſtämme kennen, der Ticuna, Yagua, Peva und Jivaro,
die von derſelben Pflanze kommen und vielleicht mehr oder
weniger ſorgfältig zubereitet ſind. Das Toxique des Ticunas,
das durch La Condamine in Europa ſo berühmt geworden iſt
und das man jetzt, etwas uneigentlich, „Ticuna“ zu nennen
anfängt, kommt von einer Liane, die auf der Inſel Mormo-
rote im oberen Marañon wächſt. Dieſes Gift wird zum
Teil von den Ticunaindianern bezogen, die auf ſpaniſchem
Gebiet bei den Quellen des Yacarique unabhängig geblieben
ſind, zum Teil von den Indianern desſelben Stammes, die
in der portugieſiſchen Miſſion Loreto leben. Da Gifte in
dieſem Klima für Jägervölker ein unentbehrliches Bedürf-
nis ſind, ſo widerſetzen ſich die Miſſionäre am Orinoko und
Amazonenſtrom der Bereitung derſelben nicht leicht. Die hier
genannten Gifte ſind völlig verſchieden vom Gift von La
Peca 1 und vom Gift von Lamas und Moyobamba. Ich
führe dieſe Einzelheiten an, weil die Pflanzenreſte, die wir
unterſuchen konnten, uns (gegen die allgemeine Annahme)
den Beweis geliefert haben, daß die drei Gifte, das der Ti-
cuna, das von La Peca und das von Moyobamba, nicht von
derſelben Art kommen, wahrſcheinlich nicht einmal von ver-
wandten Gewächſen. So einfach das Curare iſt, ſo lang-
wierig und verwickelt iſt die Bereitungsweiſe des Giftes von
Moyobamba. Mit dem Saft des Bejucode Ambihuasca,
dem Hauptingrediens, miſcht man Piment (Capsicum),
Tabak, Barbasco (Jacquinia armillaris), Sanango (Tabernae
montana) und die Milch einiger anderen Apocyneen. Der
friſche Saft der Ambihuasca wirkt tödlich, wenn er mit
dem Blut in Berührung kommt; der Saft des Mavacure
wird erſt durch Einkochen ein tödliches Gift, und der Saft
der Wurzel der Jatropha Manihot verliert durch Kochen ganz
ſeine ſchädliche Eigenſchaft. Als ich bei ſehr großer Hitze
die Liane, von der das ſchreckliche Gift von La Peca kommt,
1 Dorf in der Provinz Jaen de Bracamoros.
A. v. Humboldt, Reiſe. IV. 5
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