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Humboldt, Alexander von: [Über die Hochebene von Bogota]. In: Bericht über die zur Bekanntmachung geeigneten Verhandlungen der Königl. Preuss. Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Berlin, 1838, S. 38-43.

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von Rom, aber in Rom sind die mittleren Grade der wärmsten und
kältesten Monate um 16° verschieden (Januar 7°,8; August 23°,7), wäh-
rend dass in der Hochebene von Bogota die Wärme so gleichmässig
vertheilt ist, dass oft sieben auf einander folgende Monate nur
einen Unterschied von Grad mittlerer Wärme darbieten. Im
ganzen Jahre ist der wärmste Monat 16°,6, der kälteste 14°,2.
Die klimaterischen Einflüsse auf die Lebensprozesse des Organis-
mus hängen mehr von der Vertheilung der Wärme unter die
verschiedenen Jahres- und Tageszeiten, als von der mittleren
Temperatur des ganzen Jahres ab.

Die Bergebene von Bogota hat, wie ihr individuelles Klima,
also auch ihre eigene geognostische Mythe. Die Ebene bildet,
wie die Bergebene von Mexico (Tenochtitlan), ein Becken, aus
dem die Wasser nur in einem einzigen Punkte einen Ausweg
finden. Beide enthalten in ihrem Schuttboden die fossilen Kno-
chen elephantenartiger Thiere, aber die Öffnung im Thal von
Mexico
ist eine künstliche, durch die spanischen Ansiedler seit
1607 begonnen: der Pass, durch welchen der Rio de Bogota oder
Funzha, bei Tequendama, die Wasser der Hochebene ausführt, ist
ein natürlicher. Mythische Traditionen des Urvolks, der Muyscas,
schreiben die Öffnung dieses Passes und die Entstehung des gro-
ssen Wasserfalles der mächtigen Hand eines Wundermannes, des
Botschica (Bochica) zu, einem Heliaden, wie Manco-Capac, der
die in roher Sitte lebenden Muyscas zum Ackerbau anregte, den
Sonnendienst einführte, und, wie in Tübet und Japan, die Ober-
gewalt unter einen weltlichen Herrscher (Zaque) und einen geist-
lichen, den Ober-Lama des Sonnentempels von Iraca (bei Soga-
moso
), theilte. Die Local-Fluth, Bildung und Anschwellung des
Sees Funzha, wurde durch eine dem Heliaden feindliche weib-
liche Gestalt, Huythaca, verursacht. Was von dem Menschen-
geschlechte, das heisst dem Stamme der Muyscas, übrig blieb,
rettete sich auf die nahen Berge. Der langbärtige Wundermann
Botschica öffnete die Felswand bei Tequendama und Canoas: er
trocknet die nun wieder bewohnbare Ebene. Huythaca selbst
wird der alle Feuchtigkeit anziehende Mond, welcher nun erst die
Erde zu begleiten beginnt. Ähnlichkeit zwischen den drei mythi-
schen Personen, Quelzalcoatl in Mexico, Botschica in Neu-Granada
und Manco-Capac in Peru. Die beiden erstern, nachdem sie ihr

von Rom, aber in Rom sind die mittleren Grade der wärmsten und
kältesten Monate um 16° verschieden (Januar 7°,8; August 23°,7), wäh-
rend daſs in der Hochebene von Bogota die Wärme so gleichmäſsig
vertheilt ist, daſs oft sieben auf einander folgende Monate nur
einen Unterschied von Grad mittlerer Wärme darbieten. Im
ganzen Jahre ist der wärmste Monat 16°,6, der kälteste 14°,2.
Die klimaterischen Einflüsse auf die Lebensprozesse des Organis-
mus hängen mehr von der Vertheilung der Wärme unter die
verschiedenen Jahres- und Tageszeiten, als von der mittleren
Temperatur des ganzen Jahres ab.

Die Bergebene von Bogota hat, wie ihr individuelles Klima,
also auch ihre eigene geognostische Mythe. Die Ebene bildet,
wie die Bergebene von Mexico (Tenochtitlan), ein Becken, aus
dem die Wasser nur in einem einzigen Punkte einen Ausweg
finden. Beide enthalten in ihrem Schuttboden die fossilen Kno-
chen elephantenartiger Thiere, aber die Öffnung im Thal von
Mexico
ist eine künstliche, durch die spanischen Ansiedler seit
1607 begonnen: der Paſs, durch welchen der Rio de Bogota oder
Funzha, bei Tequendama, die Wasser der Hochebene ausführt, ist
ein natürlicher. Mythische Traditionen des Urvolks, der Muyscas,
schreiben die Öffnung dieses Passes und die Entstehung des gro-
ſsen Wasserfalles der mächtigen Hand eines Wundermannes, des
Botschica (Bochica) zu, einem Heliaden, wie Manco-Capac, der
die in roher Sitte lebenden Muyscas zum Ackerbau anregte, den
Sonnendienst einführte, und, wie in Tübet und Japan, die Ober-
gewalt unter einen weltlichen Herrscher (Zaque) und einen geist-
lichen, den Ober-Lama des Sonnentempels von Iraca (bei Soga-
moso
), theilte. Die Local-Fluth, Bildung und Anschwellung des
Sees Funzha, wurde durch eine dem Heliaden feindliche weib-
liche Gestalt, Huythaca, verursacht. Was von dem Menschen-
geschlechte, das heiſst dem Stamme der Muyscas, übrig blieb,
rettete sich auf die nahen Berge. Der langbärtige Wundermann
Botschica öffnete die Felswand bei Tequendama und Canoas: er
trocknet die nun wieder bewohnbare Ebene. Huythaca selbst
wird der alle Feuchtigkeit anziehende Mond, welcher nun erst die
Erde zu begleiten beginnt. Ähnlichkeit zwischen den drei mythi-
schen Personen, Quelzalcoatl in Mexico, Botschica in Neu-Granada
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[41/0005] von Rom, aber in Rom sind die mittleren Grade der wärmsten und kältesten Monate um 16° verschieden (Jan. 7°,8; Aug. 23°,7), wäh- rend daſs in der Hochebene von Bogota die Wärme so gleichmäſsig vertheilt ist, daſs oft sieben auf einander folgende Monate nur einen Unterschied von [FORMEL] Grad mittlerer Wärme darbieten. Im ganzen Jahre ist der wärmste Monat 16°,6, der kälteste 14°,2. Die klimaterischen Einflüsse auf die Lebensprozesse des Organis- mus hängen mehr von der Vertheilung der Wärme unter die verschiedenen Jahres- und Tageszeiten, als von der mittleren Temperatur des ganzen Jahres ab. Die Bergebene von Bogota hat, wie ihr individuelles Klima, also auch ihre eigene geognostische Mythe. Die Ebene bildet, wie die Bergebene von Mexico (Tenochtitlan), ein Becken, aus dem die Wasser nur in einem einzigen Punkte einen Ausweg finden. Beide enthalten in ihrem Schuttboden die fossilen Kno- chen elephantenartiger Thiere, aber die Öffnung im Thal von Mexico ist eine künstliche, durch die spanischen Ansiedler seit 1607 begonnen: der Paſs, durch welchen der Rio de Bogota oder Funzha, bei Tequendama, die Wasser der Hochebene ausführt, ist ein natürlicher. Mythische Traditionen des Urvolks, der Muyscas, schreiben die Öffnung dieses Passes und die Entstehung des gro- ſsen Wasserfalles der mächtigen Hand eines Wundermannes, des Botschica (Bochica) zu, einem Heliaden, wie Manco-Capac, der die in roher Sitte lebenden Muyscas zum Ackerbau anregte, den Sonnendienst einführte, und, wie in Tübet und Japan, die Ober- gewalt unter einen weltlichen Herrscher (Zaque) und einen geist- lichen, den Ober-Lama des Sonnentempels von Iraca (bei Soga- moso), theilte. Die Local-Fluth, Bildung und Anschwellung des Sees Funzha, wurde durch eine dem Heliaden feindliche weib- liche Gestalt, Huythaca, verursacht. Was von dem Menschen- geschlechte, das heiſst dem Stamme der Muyscas, übrig blieb, rettete sich auf die nahen Berge. Der langbärtige Wundermann Botschica öffnete die Felswand bei Tequendama und Canoas: er trocknet die nun wieder bewohnbare Ebene. Huythaca selbst wird der alle Feuchtigkeit anziehende Mond, welcher nun erst die Erde zu begleiten beginnt. Ähnlichkeit zwischen den drei mythi- schen Personen, Quelzalcoatl in Mexico, Botschica in Neu-Granada und Manco-Capac in Peru. Die beiden erstern, nachdem sie ihr

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: [Über die Hochebene von Bogota]. In: Bericht über die zur Bekanntmachung geeigneten Verhandlungen der Königl. Preuss. Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Berlin, 1838, S. 38-43, hier S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_bogota_1838/5>, abgerufen am 21.11.2024.