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Humboldt, Alexander von: Geognostische und physikalische Beobachtungen über die Vulkane des Hochlandes von Quito. Erste Abhandlung. In: Annalen der Physik und Chemie, Bd. 40 (1837), S. 161-193.

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über dem Felsen, 3 Linien positiver Elektricität. Es war
unnöthig die Spitze mit rauchendem Schwamme zu be-
waffnen. So wie wir aber in eine Nebelschicht traten,
wurde plötzlich die Elektricität negativ, etwa eine Li-
nie, und ging dann abwechselnd während des Nebels vom
negativen zum positiven über. Es war also wie ein klei-
ner, sonst unbemerkbarer Gewitterprocess in den Dunst-
bläschen, die wahrscheinlich in abgesonderten Schichten
gelagert waren.

Von dem Pico de los Ladrillos, auf dem wir stan-
den, geht ein schmaler Felskamm, ganz mit Bimsstein
überschüttet, zu der etwas niedrigeren Neben-Kuppe,
Tablahuma, einem vollkommenen Kegel. Der horizon-
tale Kamm liegt 46 T. niedriger als der Ziegelberg, 34 T.
niedriger als Tablahuma. Wo das Gestein sichtbar wird,
ist es wieder dünngeschichtet, stark einfallend, dem Por-
phyrschiefer durch seine Absonderung ähnlich. Ich hatte
mir zu meiner Reise von dem geschickten Mechaniker Paul
in Genf, ausser dem ziemlich unvollkommenen Cyanome-
ter, den von Saussure gebrauchten sehr schönen Appa-
rat zur Bestimmung des Siedpunktes auf grossen Berghö-
hen anfertigen lassen. Ich benutzte das Bouilloire thermo-
scopique
nicht, wie nur zu oft von neueren Reisenden in
Klein-Asien, Persien und der Bucharei geschehen ist, um
Höhen nach einer schon 1739 von Le Monnier ausge-
führten Methode zu bestimmen (der Fehler eines Fah-
renheitschen Grades in der Bestimmung des beobachteten
Siedpunktes kann einen Fehler von 340 Fuss Höhe nach
sich ziehen); ich beobachtete vielmehr den Stand des Ba-
rometers, die Luft- und Quecksilbertemperatur und den
Siedgrad des Wassers so oft ich konnte gleichzeitig, um
Thatsachen zur Berichtigung der damals noch so schwan-
kenden Deluc'schen Theorie von dem Siedpunkte zu sam-
meln. Als der Apparat eben aufgestellt war, entdeckten
wir mit Bedauern, dass der Indianer, der das gewöhnliche
Feuerzeug trug, die Anhöhe noch nicht erreicht hatte. Glück-
licherweise war heller Sonnenschein. Wir wussten, dass

über dem Felsen, 3 Linien positiver Elektricität. Es war
unnöthig die Spitze mit rauchendem Schwamme zu be-
waffnen. So wie wir aber in eine Nebelschicht traten,
wurde plötzlich die Elektricität negativ, etwa eine Li-
nie, und ging dann abwechselnd während des Nebels vom
negativen zum positiven über. Es war also wie ein klei-
ner, sonst unbemerkbarer Gewitterproceſs in den Dunst-
bläschen, die wahrscheinlich in abgesonderten Schichten
gelagert waren.

Von dem Pico de los Ladrillos, auf dem wir stan-
den, geht ein schmaler Felskamm, ganz mit Bimsstein
überschüttet, zu der etwas niedrigeren Neben-Kuppe,
Tablahuma, einem vollkommenen Kegel. Der horizon-
tale Kamm liegt 46 T. niedriger als der Ziegelberg, 34 T.
niedriger als Tablahuma. Wo das Gestein sichtbar wird,
ist es wieder dünngeschichtet, stark einfallend, dem Por-
phyrschiefer durch seine Absonderung ähnlich. Ich hatte
mir zu meiner Reise von dem geschickten Mechaniker Paul
in Genf, auſser dem ziemlich unvollkommenen Cyanome-
ter, den von Saussure gebrauchten sehr schönen Appa-
rat zur Bestimmung des Siedpunktes auf groſsen Berghö-
hen anfertigen lassen. Ich benutzte das Bouilloire thermo-
scopique
nicht, wie nur zu oft von neueren Reisenden in
Klein-Asien, Persien und der Bucharei geschehen ist, um
Höhen nach einer schon 1739 von Le Monnier ausge-
führten Methode zu bestimmen (der Fehler eines Fah-
renheitschen Grades in der Bestimmung des beobachteten
Siedpunktes kann einen Fehler von 340 Fuſs Höhe nach
sich ziehen); ich beobachtete vielmehr den Stand des Ba-
rometers, die Luft- und Quecksilbertemperatur und den
Siedgrad des Wassers so oft ich konnte gleichzeitig, um
Thatsachen zur Berichtigung der damals noch so schwan-
kenden Deluc'schen Theorie von dem Siedpunkte zu sam-
meln. Als der Apparat eben aufgestellt war, entdeckten
wir mit Bedauern, daſs der Indianer, der das gewöhnliche
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[189/0029] über dem Felsen, 3 Linien positiver Elektricität. Es war unnöthig die Spitze mit rauchendem Schwamme zu be- waffnen. So wie wir aber in eine Nebelschicht traten, wurde plötzlich die Elektricität negativ, etwa eine Li- nie, und ging dann abwechselnd während des Nebels vom negativen zum positiven über. Es war also wie ein klei- ner, sonst unbemerkbarer Gewitterproceſs in den Dunst- bläschen, die wahrscheinlich in abgesonderten Schichten gelagert waren. Von dem Pico de los Ladrillos, auf dem wir stan- den, geht ein schmaler Felskamm, ganz mit Bimsstein überschüttet, zu der etwas niedrigeren Neben-Kuppe, Tablahuma, einem vollkommenen Kegel. Der horizon- tale Kamm liegt 46 T. niedriger als der Ziegelberg, 34 T. niedriger als Tablahuma. Wo das Gestein sichtbar wird, ist es wieder dünngeschichtet, stark einfallend, dem Por- phyrschiefer durch seine Absonderung ähnlich. Ich hatte mir zu meiner Reise von dem geschickten Mechaniker Paul in Genf, auſser dem ziemlich unvollkommenen Cyanome- ter, den von Saussure gebrauchten sehr schönen Appa- rat zur Bestimmung des Siedpunktes auf groſsen Berghö- hen anfertigen lassen. Ich benutzte das Bouilloire thermo- scopique nicht, wie nur zu oft von neueren Reisenden in Klein-Asien, Persien und der Bucharei geschehen ist, um Höhen nach einer schon 1739 von Le Monnier ausge- führten Methode zu bestimmen (der Fehler eines Fah- renheitschen Grades in der Bestimmung des beobachteten Siedpunktes kann einen Fehler von 340 Fuſs Höhe nach sich ziehen); ich beobachtete vielmehr den Stand des Ba- rometers, die Luft- und Quecksilbertemperatur und den Siedgrad des Wassers so oft ich konnte gleichzeitig, um Thatsachen zur Berichtigung der damals noch so schwan- kenden Deluc'schen Theorie von dem Siedpunkte zu sam- meln. Als der Apparat eben aufgestellt war, entdeckten wir mit Bedauern, daſs der Indianer, der das gewöhnliche Feuerzeug trug, die Anhöhe noch nicht erreicht hatte. Glück- licherweise war heller Sonnenschein. Wir wuſsten, daſs

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Geognostische und physikalische Beobachtungen über die Vulkane des Hochlandes von Quito. Erste Abhandlung. In: Annalen der Physik und Chemie, Bd. 40 (1837), S. 161-193, hier S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_geognostisch_1837/29>, abgerufen am 25.04.2024.