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Humboldt, Alexander von: Geognostische und physikalische Beobachtungen über die Vulkane des Hochlandes von Quito. Erste Abhandlung. In: Annalen der Physik und Chemie, Bd. 40 (1837), S. 161-193.

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eine wollige, von uns zuerst beschriebene Alpenpflanze
aus der Familie der Compositen, eine Pflanze, die erst
in 13500 Fuss zu wachsen anfängt, Culcitium rufescens,
sehr leicht entzündliche, stets trockne Materie (yesca) dar-
bietet. Dieser Frailejon von Pichincha ist nicht mit dem
gleichnamigen und eben so wolligen Frailejon von Neu-
Granada, einer Espeletia, zu verwechseln. Wir schroben
das Objectiv aus einem grossen Dollond'schen Fern-
rohr ab und zündeten die Blattwolle des Culcitiums, das
sich mit der Oberhaut wie ein Handschuh abziehen lässt,
durch die Sonnenstrahlen an. Das Gefäss mit Schneewas-
ser gefüllt, gab den Siedpunkt zu 187°,2 Fahr., etwas
unter 69°,0 R. an. Das Barometer zeigte ganz in der
Nähe, auf den Nullpunkt reducirt, 16 Zoll 4,64 Linien
(altes französisches Maass). Professor Poggendorf fin-
det, dass meine Beobachtungen des Siedpunkts, nach einer
auf Gay-Lussac's Versuchen gegründeten Tafel von
August, entsprechen 199,4 Par. Linien, nach der auf
Dalton's Versuchen gegründeten Tafel von Biot etwa
anderthalb Linien mehr, 200,92 Par. Linien (die Queck-
silbersäulen immer auf den Gefrierpunkt reducirt). Ich
las, durch unmittelbare Beobachtung, auf dem Felskamme,
der den Ziegelberg mit der Kuppe Tablahuma verbindet,
an meinem Barometer 196,64 Par. Lin. (auf 0° reducirt),
der Gay-Lussac-August'schen Tafel also näher als
der Dalton-Biot'schen; man vergesse nicht, dass in
diesen Beobachtungen ein Grad Fahrenheit schon 4,5 Li-
nien Barometerhöhe entspricht. Wäre den jetzigen Ta-
feln und den Elasticitäts-Bestimmungen des Wasserdampfs
unter 80° R. mehr zu trauen, so würde aus diesen Ver-
gleichungen folgen, dass ich den Südpunkt des Schnee-
wassers in einem Gefäss, aus dem, nach Saussure's
Vorschrift, die Dämpfe leicht entweichen könnten, doch
um einige Bruchtheile zu hoch gefunden habe.

Der feuerspeiende Gipfel Rucupichincha war noch,
wie ich schon oben bemerkt, in beträchtlicher Entfernung,

eine wollige, von uns zuerst beschriebene Alpenpflanze
aus der Familie der Compositen, eine Pflanze, die erst
in 13500 Fuſs zu wachsen anfängt, Culcitium rufescens,
sehr leicht entzündliche, stets trockne Materie (yesca) dar-
bietet. Dieser Frailejon von Pichincha ist nicht mit dem
gleichnamigen und eben so wolligen Frailejon von Neu-
Granada, einer Espeletia, zu verwechseln. Wir schroben
das Objectiv aus einem groſsen Dollond'schen Fern-
rohr ab und zündeten die Blattwolle des Culcitiums, das
sich mit der Oberhaut wie ein Handschuh abziehen läſst,
durch die Sonnenstrahlen an. Das Gefäſs mit Schneewas-
ser gefüllt, gab den Siedpunkt zu 187°,2 Fahr., etwas
unter 69°,0 R. an. Das Barometer zeigte ganz in der
Nähe, auf den Nullpunkt reducirt, 16 Zoll 4,64 Linien
(altes französisches Maaſs). Professor Poggendorf fin-
det, daſs meine Beobachtungen des Siedpunkts, nach einer
auf Gay-Lussac's Versuchen gegründeten Tafel von
August, entsprechen 199,4 Par. Linien, nach der auf
Dalton's Versuchen gegründeten Tafel von Biot etwa
anderthalb Linien mehr, 200,92 Par. Linien (die Queck-
silbersäulen immer auf den Gefrierpunkt reducirt). Ich
las, durch unmittelbare Beobachtung, auf dem Felskamme,
der den Ziegelberg mit der Kuppe Tablahuma verbindet,
an meinem Barometer 196,64 Par. Lin. (auf 0° reducirt),
der Gay-Lussac-August'schen Tafel also näher als
der Dalton-Biot'schen; man vergesse nicht, daſs in
diesen Beobachtungen ein Grad Fahrenheit schon 4,5 Li-
nien Barometerhöhe entspricht. Wäre den jetzigen Ta-
feln und den Elasticitäts-Bestimmungen des Wasserdampfs
unter 80° R. mehr zu trauen, so würde aus diesen Ver-
gleichungen folgen, daſs ich den Südpunkt des Schnee-
wassers in einem Gefäſs, aus dem, nach Saussure's
Vorschrift, die Dämpfe leicht entweichen könnten, doch
um einige Bruchtheile zu hoch gefunden habe.

Der feuerspeiende Gipfel Rucupichincha war noch,
wie ich schon oben bemerkt, in beträchtlicher Entfernung,

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[190/0030] eine wollige, von uns zuerst beschriebene Alpenpflanze aus der Familie der Compositen, eine Pflanze, die erst in 13500 Fuſs zu wachsen anfängt, Culcitium rufescens, sehr leicht entzündliche, stets trockne Materie (yesca) dar- bietet. Dieser Frailejon von Pichincha ist nicht mit dem gleichnamigen und eben so wolligen Frailejon von Neu- Granada, einer Espeletia, zu verwechseln. Wir schroben das Objectiv aus einem groſsen Dollond'schen Fern- rohr ab und zündeten die Blattwolle des Culcitiums, das sich mit der Oberhaut wie ein Handschuh abziehen läſst, durch die Sonnenstrahlen an. Das Gefäſs mit Schneewas- ser gefüllt, gab den Siedpunkt zu 187°,2 Fahr., etwas unter 69°,0 R. an. Das Barometer zeigte ganz in der Nähe, auf den Nullpunkt reducirt, 16 Zoll 4,64 Linien (altes französisches Maaſs). Professor Poggendorf fin- det, daſs meine Beobachtungen des Siedpunkts, nach einer auf Gay-Lussac's Versuchen gegründeten Tafel von August, entsprechen 199,4 Par. Linien, nach der auf Dalton's Versuchen gegründeten Tafel von Biot etwa anderthalb Linien mehr, 200,92 Par. Linien (die Queck- silbersäulen immer auf den Gefrierpunkt reducirt). Ich las, durch unmittelbare Beobachtung, auf dem Felskamme, der den Ziegelberg mit der Kuppe Tablahuma verbindet, an meinem Barometer 196,64 Par. Lin. (auf 0° reducirt), der Gay-Lussac-August'schen Tafel also näher als der Dalton-Biot'schen; man vergesse nicht, daſs in diesen Beobachtungen ein Grad Fahrenheit schon 4,5 Li- nien Barometerhöhe entspricht. Wäre den jetzigen Ta- feln und den Elasticitäts-Bestimmungen des Wasserdampfs unter 80° R. mehr zu trauen, so würde aus diesen Ver- gleichungen folgen, daſs ich den Südpunkt des Schnee- wassers in einem Gefäſs, aus dem, nach Saussure's Vorschrift, die Dämpfe leicht entweichen könnten, doch um einige Bruchtheile zu hoch gefunden habe. Der feuerspeiende Gipfel Rucupichincha war noch, wie ich schon oben bemerkt, in beträchtlicher Entfernung,

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Geognostische und physikalische Beobachtungen über die Vulkane des Hochlandes von Quito. Erste Abhandlung. In: Annalen der Physik und Chemie, Bd. 40 (1837), S. 161-193, hier S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_geognostisch_1837/30>, abgerufen am 23.11.2024.