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Humboldt, Wilhelm von: Ideen zu einem Versuch, die Gränzen der Wirksamkeit des Staats zu bestimmen. Breslau, 1851.

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beides darum nicht minder stark, nur schwerer bemerkbar,
obgleich eben darum auch mächtiger wirkend, auch ohne alle
Rücksicht auf jene Verschiedenheit, und unter Personen des-
selben Geschlechts. Diese Ideen weiter verfolgt und genauer
entwickelt, dürften vielleicht auf eine richtigere Erklärung des
Phänomens der Verbindungen führen, welche bei den Alten,
vorzüglich den Griechen, selbst die Gesetzgeber benutzten, und
die man oft zu unedel mit dem Namen der gewöhnlichen Liebe,
und immer unrichtig mit dem Namen der blossen Freund-
schaft belegt hat. Der bildende Nutzen solcher Verbindungen
beruht immer auf dem Grade, in welchem sich die Selbststän-
digkeit der Verbundenen zugleich mit der Innigkeit der Ver-
bindung erhält. Denn wenn ohne diese Innigkeit der eine den
andern nicht genug aufzufassen vermag, so ist die Selbststän-
digkeit nothwendig, um das Aufgefasste gleichsam in das eigne
Wesen zu verwandeln. Beides aber erfordert Kraft der Indi-
viduen, und eine Verschiedenheit, die, nicht zu gross, damit
einer den andern aufzufassen vermöge, auch nicht zu klein ist,
um einige Bewundrung dessen, was der andre besitzt, und den
Wunsch rege zu machen, es auch in sich überzutragen. Diese
Kraft nun und diese mannigfaltige Verschiedenheit vereinen
sich in der Originalität, und das also, worauf die ganze
Grösse des Menschen zuletzt beruht, wonach der einzelne
Mensch ewig ringen muss, und was der, welcher auf Menschen
wirken will, nie aus den Augen verlieren darf, ist Eigen-
thümlichkeit der Kraft und der Bildung
. Wie diese
Eigenthümlichkeit durch Freiheit des Handelns und Mannig-
faltigkeit des Handelnden gewirkt wird; so bringt sie beides
wiederum hervor. Selbst die leblose Natur, welche nach ewig
unveränderlichen Gesetzen einen immer gleichmässigen Schritt
hält, erscheint dem eigengebildeten Menschen eigenthümlicher.
Er trägt gleichsam sich selbst in sie hinüber, und so ist es im
höchsten Verstande wahr, dass jeder immer in eben dem Grade

beides darum nicht minder stark, nur schwerer bemerkbar,
obgleich eben darum auch mächtiger wirkend, auch ohne alle
Rücksicht auf jene Verschiedenheit, und unter Personen des-
selben Geschlechts. Diese Ideen weiter verfolgt und genauer
entwickelt, dürften vielleicht auf eine richtigere Erklärung des
Phänomens der Verbindungen führen, welche bei den Alten,
vorzüglich den Griechen, selbst die Gesetzgeber benutzten, und
die man oft zu unedel mit dem Namen der gewöhnlichen Liebe,
und immer unrichtig mit dem Namen der blossen Freund-
schaft belegt hat. Der bildende Nutzen solcher Verbindungen
beruht immer auf dem Grade, in welchem sich die Selbststän-
digkeit der Verbundenen zugleich mit der Innigkeit der Ver-
bindung erhält. Denn wenn ohne diese Innigkeit der eine den
andern nicht genug aufzufassen vermag, so ist die Selbststän-
digkeit nothwendig, um das Aufgefasste gleichsam in das eigne
Wesen zu verwandeln. Beides aber erfordert Kraft der Indi-
viduen, und eine Verschiedenheit, die, nicht zu gross, damit
einer den andern aufzufassen vermöge, auch nicht zu klein ist,
um einige Bewundrung dessen, was der andre besitzt, und den
Wunsch rege zu machen, es auch in sich überzutragen. Diese
Kraft nun und diese mannigfaltige Verschiedenheit vereinen
sich in der Originalität, und das also, worauf die ganze
Grösse des Menschen zuletzt beruht, wonach der einzelne
Mensch ewig ringen muss, und was der, welcher auf Menschen
wirken will, nie aus den Augen verlieren darf, ist Eigen-
thümlichkeit der Kraft und der Bildung
. Wie diese
Eigenthümlichkeit durch Freiheit des Handelns und Mannig-
faltigkeit des Handelnden gewirkt wird; so bringt sie beides
wiederum hervor. Selbst die leblose Natur, welche nach ewig
unveränderlichen Gesetzen einen immer gleichmässigen Schritt
hält, erscheint dem eigengebildeten Menschen eigenthümlicher.
Er trägt gleichsam sich selbst in sie hinüber, und so ist es im
höchsten Verstande wahr, dass jeder immer in eben dem Grade

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[11/0047] beides darum nicht minder stark, nur schwerer bemerkbar, obgleich eben darum auch mächtiger wirkend, auch ohne alle Rücksicht auf jene Verschiedenheit, und unter Personen des- selben Geschlechts. Diese Ideen weiter verfolgt und genauer entwickelt, dürften vielleicht auf eine richtigere Erklärung des Phänomens der Verbindungen führen, welche bei den Alten, vorzüglich den Griechen, selbst die Gesetzgeber benutzten, und die man oft zu unedel mit dem Namen der gewöhnlichen Liebe, und immer unrichtig mit dem Namen der blossen Freund- schaft belegt hat. Der bildende Nutzen solcher Verbindungen beruht immer auf dem Grade, in welchem sich die Selbststän- digkeit der Verbundenen zugleich mit der Innigkeit der Ver- bindung erhält. Denn wenn ohne diese Innigkeit der eine den andern nicht genug aufzufassen vermag, so ist die Selbststän- digkeit nothwendig, um das Aufgefasste gleichsam in das eigne Wesen zu verwandeln. Beides aber erfordert Kraft der Indi- viduen, und eine Verschiedenheit, die, nicht zu gross, damit einer den andern aufzufassen vermöge, auch nicht zu klein ist, um einige Bewundrung dessen, was der andre besitzt, und den Wunsch rege zu machen, es auch in sich überzutragen. Diese Kraft nun und diese mannigfaltige Verschiedenheit vereinen sich in der Originalität, und das also, worauf die ganze Grösse des Menschen zuletzt beruht, wonach der einzelne Mensch ewig ringen muss, und was der, welcher auf Menschen wirken will, nie aus den Augen verlieren darf, ist Eigen- thümlichkeit der Kraft und der Bildung. Wie diese Eigenthümlichkeit durch Freiheit des Handelns und Mannig- faltigkeit des Handelnden gewirkt wird; so bringt sie beides wiederum hervor. Selbst die leblose Natur, welche nach ewig unveränderlichen Gesetzen einen immer gleichmässigen Schritt hält, erscheint dem eigengebildeten Menschen eigenthümlicher. Er trägt gleichsam sich selbst in sie hinüber, und so ist es im höchsten Verstande wahr, dass jeder immer in eben dem Grade

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Zitationshilfe: Humboldt, Wilhelm von: Ideen zu einem Versuch, die Gränzen der Wirksamkeit des Staats zu bestimmen. Breslau, 1851, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_grenzen_1851/47>, abgerufen am 21.11.2024.