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Humboldt, Alexander von: Ueber den Manati des Orinoko. In: Archiv für Naturgeschichte, 4 Jg., Bd. 1 (1838), S. 1-18, [397], [399].

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da sie, besonders am Unterarme, viel dicker sind, als in Hrn.
v. Humboldt's Abbildung. Alles dies lässt auf erhebliche
Verschiedenheiten schliessen, die, wenn sie erst vollständig ge-
kannt sind, eine sichere Charakteristik der westindischen Art
nach äussern Merkmalen zulassen werden.

Es fragt sich noch, welche Benennung für die südamerikani-
sche Art anzunehmen ist, da sie von einigen Zoologen, so von G.
und Fr. Cuvier, Desmarest u. A. M. americanus, von andern
Naturforschern, wie Tilesius und J. B. Fischer M. australis
genannt wird, wobei jedoch immer der westindische Manati
als nicht specifisch unterschieden mit einbegriffen ist. Die er-
stere Benennung wird minder bezeichnend, seit es kaum einem
Zweifel unterliegt, dass noch eine zweite Art die amerikani-
schen Gewässer bewohnt. Der letztere Namen, aus Linne's
Varietät b. australis entstanden, wird dagegen bezeichnender,
theils weil die südamerikanische Art, so weit unsere Kenntniss
reicht, die einzige ist, welche sich in ihrer Verbreitung auf
die südliche Hemisphäre erstreckt, theils weil diese Benennung
zugleich ihr geographisches Verhältniss zum westindischen Ma-
nati, Harlan's M. latirostris, auf das bestimmteste ausdrückt.
Für die geographische Verbreitung der südamerikanischen
Art füge ich schliesslich noch eine von F. Cuvier über-
gangene Notiz hinzu, die, so viel mir bekannt ist, den süd-
lichsten Punkt ihres Vorkommens bezeichnen dürfte. Sr.
Durchlaucht der Prinz Maxim. von Neuwied, berichtet näm-
lich (Beitr. zur Naturgesch. v. Brasilien 2. p 602.), dass der
Manati sich in den Umgebungen des Flusses St. Matthaeus,
sowohl in diesem selbst, als in einer grossen mit ihm in Ver-
bindung stehenden grasreichen Lagoa finde. Ihre Verbreitungs-
sphäre würde demnach vom Stromgebiete des Orinoko bis
etwa zum 19° südl. Br. reichen.

Hinsichtlich der Etymologie des Wortes Manati finden wir
noch immer Oviedo's irrige Ansicht wiederholt, dass es aus dem
spanischen Mano (Hand) gebildet sei und die handförmige Be-
schaffenheit der Flossen bezeichnen solle. Selbst G. Cuvier
im Regn. anim. 1. p. 283. 2. edit. tritt noch dieser Ableitung
bei, obwohl es ihm nicht unbekannt war, dass Hernandez
das Wort aus der Haitisprache, und La Condamine aus der
Caraiben- und Galibisprache ableiten (Oss. foss. 4. edit. VIII.

IV. Jahrg. 1. Band. 2

da sie, besonders am Unterarme, viel dicker sind, als in Hrn.
v. Humboldt's Abbildung. Alles dies läſst auf erhebliche
Verschiedenheiten schlieſsen, die, wenn sie erst vollständig ge-
kannt sind, eine sichere Charakteristik der westindischen Art
nach äuſsern Merkmalen zulassen werden.

Es fragt sich noch, welche Benennung für die südamerikani-
sche Art anzunehmen ist, da sie von einigen Zoologen, so von G.
und Fr. Cuvier, Desmarest u. A. M. americanus, von andern
Naturforschern, wie Tilesius und J. B. Fischer M. australis
genannt wird, wobei jedoch immer der westindische Manati
als nicht specifisch unterschieden mit einbegriffen ist. Die er-
stere Benennung wird minder bezeichnend, seit es kaum einem
Zweifel unterliegt, daſs noch eine zweite Art die amerikani-
schen Gewässer bewohnt. Der letztere Namen, aus Linné's
Varietät β. australis entstanden, wird dagegen bezeichnender,
theils weil die südamerikanische Art, so weit unsere Kenntniſs
reicht, die einzige ist, welche sich in ihrer Verbreitung auf
die südliche Hemisphäre erstreckt, theils weil diese Benennung
zugleich ihr geographisches Verhältniſs zum westindischen Ma-
nati, Harlan's M. latirostris, auf das bestimmteste ausdrückt.
Für die geographische Verbreitung der südamerikanischen
Art füge ich schlieſslich noch eine von F. Cuvier über-
gangene Notiz hinzu, die, so viel mir bekannt ist, den süd-
lichsten Punkt ihres Vorkommens bezeichnen dürfte. Sr.
Durchlaucht der Prinz Maxim. von Neuwied, berichtet näm-
lich (Beitr. zur Naturgesch. v. Brasilien 2. p 602.), daſs der
Manati sich in den Umgebungen des Flusses St. Matthaeus,
sowohl in diesem selbst, als in einer groſsen mit ihm in Ver-
bindung stehenden grasreichen Lagoa finde. Ihre Verbreitungs-
sphäre würde demnach vom Stromgebiete des Orinoko bis
etwa zum 19° südl. Br. reichen.

Hinsichtlich der Etymologie des Wortes Manati finden wir
noch immer Oviedo's irrige Ansicht wiederholt, daſs es aus dem
spanischen Mano (Hand) gebildet sei und die handförmige Be-
schaffenheit der Flossen bezeichnen solle. Selbst G. Cuvier
im Règn. anim. 1. p. 283. 2. edit. tritt noch dieser Ableitung
bei, obwohl es ihm nicht unbekannt war, daſs Hernandez
das Wort aus der Haitisprache, und La Condamine aus der
Caraiben- und Galibisprache ableiten (Oss. foss. 4. edit. VIII.

IV. Jahrg. 1. Band. 2
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[17/0018] da sie, besonders am Unterarme, viel dicker sind, als in Hrn. v. Humboldt's Abbildung. Alles dies läſst auf erhebliche Verschiedenheiten schlieſsen, die, wenn sie erst vollständig ge- kannt sind, eine sichere Charakteristik der westindischen Art nach äuſsern Merkmalen zulassen werden. Es fragt sich noch, welche Benennung für die südamerikani- sche Art anzunehmen ist, da sie von einigen Zoologen, so von G. und Fr. Cuvier, Desmarest u. A. M. americanus, von andern Naturforschern, wie Tilesius und J. B. Fischer M. australis genannt wird, wobei jedoch immer der westindische Manati als nicht specifisch unterschieden mit einbegriffen ist. Die er- stere Benennung wird minder bezeichnend, seit es kaum einem Zweifel unterliegt, daſs noch eine zweite Art die amerikani- schen Gewässer bewohnt. Der letztere Namen, aus Linné's Varietät β. australis entstanden, wird dagegen bezeichnender, theils weil die südamerikanische Art, so weit unsere Kenntniſs reicht, die einzige ist, welche sich in ihrer Verbreitung auf die südliche Hemisphäre erstreckt, theils weil diese Benennung zugleich ihr geographisches Verhältniſs zum westindischen Ma- nati, Harlan's M. latirostris, auf das bestimmteste ausdrückt. Für die geographische Verbreitung der südamerikanischen Art füge ich schlieſslich noch eine von F. Cuvier über- gangene Notiz hinzu, die, so viel mir bekannt ist, den süd- lichsten Punkt ihres Vorkommens bezeichnen dürfte. Sr. Durchlaucht der Prinz Maxim. von Neuwied, berichtet näm- lich (Beitr. zur Naturgesch. v. Brasilien 2. p 602.), daſs der Manati sich in den Umgebungen des Flusses St. Matthaeus, sowohl in diesem selbst, als in einer groſsen mit ihm in Ver- bindung stehenden grasreichen Lagoa finde. Ihre Verbreitungs- sphäre würde demnach vom Stromgebiete des Orinoko bis etwa zum 19° südl. Br. reichen. Hinsichtlich der Etymologie des Wortes Manati finden wir noch immer Oviedo's irrige Ansicht wiederholt, daſs es aus dem spanischen Mano (Hand) gebildet sei und die handförmige Be- schaffenheit der Flossen bezeichnen solle. Selbst G. Cuvier im Règn. anim. 1. p. 283. 2. edit. tritt noch dieser Ableitung bei, obwohl es ihm nicht unbekannt war, daſs Hernandez das Wort aus der Haitisprache, und La Condamine aus der Caraiben- und Galibisprache ableiten (Oss. foss. 4. edit. VIII. IV. Jahrg. 1. Band. 2

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Ueber den Manati des Orinoko. In: Archiv für Naturgeschichte, 4 Jg., Bd. 1 (1838), S. 1-18, [397], [399], S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_manati_1838/18>, abgerufen am 03.12.2024.