Humboldt, Alexander von: Ueber die Schwankungen der Goldproduktion mit Rücksicht auf staatswirthschaftliche Probleme. In: Deutsche Vierteljahrs Schrift, Bd. 1, H. IV (1838), S. 1-40.der Goldproduktion. damals entdeckten Theilen der Neuen Welt in Mitteljahren kaum2000 Mark betrug. Der Pabst Alexander VI., welcher wähnte, den Spaniern eine Erdhälfte gegeben zu haben, erhielt als Gegengeschenk von Ferdinand dem Katholischen kleine Goldgeschiebe aus Haiti, "als erste Früchte des neuentdeckten Landes," zur Vergoldung der prächtigen Decke (Soffitto) der Basilica von Sta. Maria Mag- giore. Eine Jnschrift erwähnt des Metalls, quod primo Ca- tholici Reges ex India receperaut. So groß war damals die Thätigkeit der spanischen Regierung, daß schon 1495, wie der Historiker Mufioz gezeigt hat, ein Bergmann Pablo Belvis mit einem Vorrath Quecksilber nach Haiti geschickt wurde, um das Goldwaschen durch Anquicken zu beschleunigen. Sehr auffallend ist es, in einem neu aufgefundenen und erst vor Kurzem publicirten Theile der Geographie des Sherif Edrisi zu lesen,* "daß die Ne- ger im Jnneren des westlichen Afrika, wie auch die Bewohner der fruchtbaren Niederung Wadi el Alaki (zwischen Abyssinien, Bodja und Nubien) den Goldsand durch Quecksilber bearbeiteten." Da- von spricht der nubische Geograph in der Mitte des zwölften Jahr- hunderts, als von einer längst bekannten Sache. Sollte sich diese Kenntniß aus dem Orient durch Aegypten, dem schwarzen, der Scheidekunst ergebenen Lande (Chemi), nach Afrika verbreitet haben? Das griechische und römische Alterthum gedenkt wohl einer sehr gebräuchlichen Anwendung des Quecksilbers, um das Gold aus den Fäden alter Treffen aufzunehmen, nirgends aber einer technischen Anwendung im Großen bei den doch oft so umständ- lich beschriebenen Goldseyffenwerken. Mehr durch Eröffnung neuer reicher Quellen, als durch Versiegung * S. die französische Uebersetzung von Amedee Jaubert (Paris 1836)
T. I, p. 42 und 67. Beide Stellen fehlen in dem Codex, welcher der lateinischen Uebersetzung des Sionita zum Grunde lag. der Goldproduktion. damals entdeckten Theilen der Neuen Welt in Mitteljahren kaum2000 Mark betrug. Der Pabſt Alexander VI., welcher wähnte, den Spaniern eine Erdhälfte gegeben zu haben, erhielt als Gegengeſchenk von Ferdinand dem Katholiſchen kleine Goldgeſchiebe aus Haiti, „als erſte Früchte des neuentdeckten Landes,“ zur Vergoldung der prächtigen Decke (Soffitto) der Baſilica von Sta. Maria Mag- giore. Eine Jnſchrift erwähnt des Metalls, quod primo Ca- tholici Reges ex India receperaut. So groß war damals die Thätigkeit der ſpaniſchen Regierung, daß ſchon 1495, wie der Hiſtoriker Mufioz gezeigt hat, ein Bergmann Pablo Belvis mit einem Vorrath Queckſilber nach Haiti geſchickt wurde, um das Goldwaſchen durch Anquicken zu beſchleunigen. Sehr auffallend iſt es, in einem neu aufgefundenen und erſt vor Kurzem publicirten Theile der Geographie des Sherif Edriſi zu leſen,* „daß die Ne- ger im Jnneren des weſtlichen Afrika, wie auch die Bewohner der fruchtbaren Niederung Wadi el Alaki (zwiſchen Abyſſinien, Bodja und Nubien) den Goldſand durch Queckſilber bearbeiteten.“ Da- von ſpricht der nubiſche Geograph in der Mitte des zwölften Jahr- hunderts, als von einer längſt bekannten Sache. Sollte ſich dieſe Kenntniß aus dem Orient durch Aegypten, dem ſchwarzen, der Scheidekunſt ergebenen Lande (Chemi), nach Afrika verbreitet haben? Das griechiſche und römiſche Alterthum gedenkt wohl einer ſehr gebräuchlichen Anwendung des Queckſilbers, um das Gold aus den Fäden alter Treffen aufzunehmen, nirgends aber einer techniſchen Anwendung im Großen bei den doch oft ſo umſtänd- lich beſchriebenen Goldſeyffenwerken. Mehr durch Eröffnung neuer reicher Quellen, als durch Verſiegung * S. die franzöſiſche Ueberſetzung von Amedée Jaubert (Paris 1836)
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der Goldproduktion.
damals entdeckten Theilen der Neuen Welt in Mitteljahren kaum
2000 Mark betrug. Der Pabſt Alexander VI., welcher wähnte, den
Spaniern eine Erdhälfte gegeben zu haben, erhielt als Gegengeſchenk
von Ferdinand dem Katholiſchen kleine Goldgeſchiebe aus Haiti,
„als erſte Früchte des neuentdeckten Landes,“ zur Vergoldung der
prächtigen Decke (Soffitto) der Baſilica von Sta. Maria Mag-
giore. Eine Jnſchrift erwähnt des Metalls, quod primo Ca-
tholici Reges ex India receperaut. So groß war damals
die Thätigkeit der ſpaniſchen Regierung, daß ſchon 1495, wie
der Hiſtoriker Mufioz gezeigt hat, ein Bergmann Pablo Belvis
mit einem Vorrath Queckſilber nach Haiti geſchickt wurde, um
das Goldwaſchen durch Anquicken zu beſchleunigen. Sehr auffallend
iſt es, in einem neu aufgefundenen und erſt vor Kurzem publicirten
Theile der Geographie des Sherif Edriſi zu leſen, * „daß die Ne-
ger im Jnneren des weſtlichen Afrika, wie auch die Bewohner der
fruchtbaren Niederung Wadi el Alaki (zwiſchen Abyſſinien, Bodja
und Nubien) den Goldſand durch Queckſilber bearbeiteten.“ Da-
von ſpricht der nubiſche Geograph in der Mitte des zwölften Jahr-
hunderts, als von einer längſt bekannten Sache. Sollte ſich dieſe
Kenntniß aus dem Orient durch Aegypten, dem ſchwarzen, der
Scheidekunſt ergebenen Lande (Chemi), nach Afrika verbreitet
haben? Das griechiſche und römiſche Alterthum gedenkt wohl einer
ſehr gebräuchlichen Anwendung des Queckſilbers, um das Gold
aus den Fäden alter Treffen aufzunehmen, nirgends aber einer
techniſchen Anwendung im Großen bei den doch oft ſo umſtänd-
lich beſchriebenen Goldſeyffenwerken.
Mehr durch Eröffnung neuer reicher Quellen, als durch Verſiegung
der älteren wird das jedesmalige Verhältniß des Werthes von Gold
und Silber modificirt. Es ſtieg daher wiederum, ſeit Entdeckung der
Großen Antillen der Preis des Goldes gegen die Mitte des 16ten Jahr-
hunderts, als die reichen Silbergruben von Potoſi und Zacatecas in
Peru und Nord-Mexiko eröffnet wurden. Nach meinen ſorgfältigen
Unterſuchungen verhielt ſich bis zu der Eröffnung der braſiliſchen
Goldwäſchen im Anfange des achtzehnten Jahrhunderts, die Ein-
* S. die franzöſiſche Ueberſetzung von Amedée Jaubert (Paris 1836)
T. I, p. 42 und 67. Beide Stellen fehlen in dem Codex, welcher der
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