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Humboldt, Alexander von: Ueber die Schwankungen der Goldproduktion mit Rücksicht auf staatswirthschaftliche Probleme. In: Deutsche Vierteljahrs Schrift, Bd. 1, H. IV (1838), S. 1-40.

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Ueber die Schwankungen
Mittel dar, die Capitalien produktiv zu machen; aber in der Ge-
schichte des Geldhandels interessiren die dem Schooße der Erde
entrissenen und in Cirkulation gebrachten Massen, wie der Zu- und
Abfluß derselben in verschiedenen Richtungen mehr, als der
Vortheil, welchen die Bearbeitung der Lagerstätten vorübergehend
gewährt.

Die Strömungen der edeln Metalle aus Asien und Amerika
nach unserem kleinen Continente, und von diesem theilweise zu den
Urquellen zurück, folgen, wie die Flüssigkeiten, den Gesetzen des
Gleichgewichts. Die goldreichen, uns aber wenig bekannten Regionen
von Jnner-Asien und Jnner-Afrika bilden kleine, gleichsam abge-
schlossene Becken, die mit den Küsten und durch sie mit dem großen
Welthandel nur in geringe Verbindung treten. Dagegen ist unter
dem Einfluß westlicher Cultur von Nertschinsk, vom Altai und dem
Ural an bis jenseits des atlantischen Meeresarms zum Missouri
ein ununterbrochenes Fluthen im Verkehr der edeln Metalle. Der
Tauschwerth desselben, man betrachte die Metalle in ihrem Ver-
hältniß zu einander oder als Maßstab der Waarenpreise (Preise der
Nahrungsmittel oder künstlicher Fabrikate), ist keineswegs allein und
hauptsächlich durch Vermehrung und Verminderung der Metallproduk-
tion bedingt: dieser Tauschwerth (ich wiederhole es hier) wird eben so
sehr, bei den complicirten Einrichtungen und Wechselverhältnissen des
jetzigen Völkerlebens, durch die zu- und abnehmende Bevölkerung
und ihre Culturfortschritte, durch das von der Bevölkerung abhängige
Bedürfniß eines wachsenden Circulations-Capitals, durch die oft
eintretende Nothwendigkeit baarer Geldversendungen und die Rich-
tung derselben, durch die ungleiche Abnutzung beider edeln Me-
talle, durch die Masse des Papiergeldes, als Theil des Umlaufs-
capitals, einwirkend auf das neben ihm bestehende metallische Tausch-
mittel, bestimmt. Ein Steigen des relativen Werthes des Goldes
gegen den Werth des Silbers kann während einer allgemeinen
Vermehrung der Goldproduktion eben so gut bestehen, als ein vor-
übergehendes Sinken des Barometers und eine zunehmende Erhöhung
der Temperatur bei starkem Nord-Ost-Winde. Jn den meteorolo-
gischen Veränderungen der Atmosphäre, wie im großen Verkehr der
edeln Metalle wirken viele perturbirende Ursachen gleichzeitig. Der
Erfolg jeder einzelnen Ursache ist bestimmbar, als Preis-erhebend
oder Preis-erniedrigend, nicht aber sind es, bei der Unzahl von

Ueber die Schwankungen
Mittel dar, die Capitalien produktiv zu machen; aber in der Ge-
ſchichte des Geldhandels intereſſiren die dem Schooße der Erde
entriſſenen und in Cirkulation gebrachten Maſſen, wie der Zu- und
Abfluß derſelben in verſchiedenen Richtungen mehr, als der
Vortheil, welchen die Bearbeitung der Lagerſtätten vorübergehend
gewährt.

Die Strömungen der edeln Metalle aus Aſien und Amerika
nach unſerem kleinen Continente, und von dieſem theilweiſe zu den
Urquellen zurück, folgen, wie die Flüſſigkeiten, den Geſetzen des
Gleichgewichts. Die goldreichen, uns aber wenig bekannten Regionen
von Jnner-Aſien und Jnner-Afrika bilden kleine, gleichſam abge-
ſchloſſene Becken, die mit den Küſten und durch ſie mit dem großen
Welthandel nur in geringe Verbindung treten. Dagegen iſt unter
dem Einfluß weſtlicher Cultur von Nertſchinsk, vom Altai und dem
Ural an bis jenſeits des atlantiſchen Meeresarms zum Miſſouri
ein ununterbrochenes Fluthen im Verkehr der edeln Metalle. Der
Tauſchwerth deſſelben, man betrachte die Metalle in ihrem Ver-
hältniß zu einander oder als Maßſtab der Waarenpreiſe (Preiſe der
Nahrungsmittel oder künſtlicher Fabrikate), iſt keineswegs allein und
hauptſächlich durch Vermehrung und Verminderung der Metallproduk-
tion bedingt: dieſer Tauſchwerth (ich wiederhole es hier) wird eben ſo
ſehr, bei den complicirten Einrichtungen und Wechſelverhältniſſen des
jetzigen Völkerlebens, durch die zu- und abnehmende Bevölkerung
und ihre Culturfortſchritte, durch das von der Bevölkerung abhängige
Bedürfniß eines wachſenden Circulations-Capitals, durch die oft
eintretende Nothwendigkeit baarer Geldverſendungen und die Rich-
tung derſelben, durch die ungleiche Abnutzung beider edeln Me-
talle, durch die Maſſe des Papiergeldes, als Theil des Umlaufs-
capitals, einwirkend auf das neben ihm beſtehende metalliſche Tauſch-
mittel, beſtimmt. Ein Steigen des relativen Werthes des Goldes
gegen den Werth des Silbers kann während einer allgemeinen
Vermehrung der Goldproduktion eben ſo gut beſtehen, als ein vor-
übergehendes Sinken des Barometers und eine zunehmende Erhöhung
der Temperatur bei ſtarkem Nord-Oſt-Winde. Jn den meteorolo-
giſchen Veränderungen der Atmoſphäre, wie im großen Verkehr der
edeln Metalle wirken viele perturbirende Urſachen gleichzeitig. Der
Erfolg jeder einzelnen Urſache iſt beſtimmbar, als Preis-erhebend
oder Preis-erniedrigend, nicht aber ſind es, bei der Unzahl von

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[34/0035] Ueber die Schwankungen Mittel dar, die Capitalien produktiv zu machen; aber in der Ge- ſchichte des Geldhandels intereſſiren die dem Schooße der Erde entriſſenen und in Cirkulation gebrachten Maſſen, wie der Zu- und Abfluß derſelben in verſchiedenen Richtungen mehr, als der Vortheil, welchen die Bearbeitung der Lagerſtätten vorübergehend gewährt. Die Strömungen der edeln Metalle aus Aſien und Amerika nach unſerem kleinen Continente, und von dieſem theilweiſe zu den Urquellen zurück, folgen, wie die Flüſſigkeiten, den Geſetzen des Gleichgewichts. Die goldreichen, uns aber wenig bekannten Regionen von Jnner-Aſien und Jnner-Afrika bilden kleine, gleichſam abge- ſchloſſene Becken, die mit den Küſten und durch ſie mit dem großen Welthandel nur in geringe Verbindung treten. Dagegen iſt unter dem Einfluß weſtlicher Cultur von Nertſchinsk, vom Altai und dem Ural an bis jenſeits des atlantiſchen Meeresarms zum Miſſouri ein ununterbrochenes Fluthen im Verkehr der edeln Metalle. Der Tauſchwerth deſſelben, man betrachte die Metalle in ihrem Ver- hältniß zu einander oder als Maßſtab der Waarenpreiſe (Preiſe der Nahrungsmittel oder künſtlicher Fabrikate), iſt keineswegs allein und hauptſächlich durch Vermehrung und Verminderung der Metallproduk- tion bedingt: dieſer Tauſchwerth (ich wiederhole es hier) wird eben ſo ſehr, bei den complicirten Einrichtungen und Wechſelverhältniſſen des jetzigen Völkerlebens, durch die zu- und abnehmende Bevölkerung und ihre Culturfortſchritte, durch das von der Bevölkerung abhängige Bedürfniß eines wachſenden Circulations-Capitals, durch die oft eintretende Nothwendigkeit baarer Geldverſendungen und die Rich- tung derſelben, durch die ungleiche Abnutzung beider edeln Me- talle, durch die Maſſe des Papiergeldes, als Theil des Umlaufs- capitals, einwirkend auf das neben ihm beſtehende metalliſche Tauſch- mittel, beſtimmt. Ein Steigen des relativen Werthes des Goldes gegen den Werth des Silbers kann während einer allgemeinen Vermehrung der Goldproduktion eben ſo gut beſtehen, als ein vor- übergehendes Sinken des Barometers und eine zunehmende Erhöhung der Temperatur bei ſtarkem Nord-Oſt-Winde. Jn den meteorolo- giſchen Veränderungen der Atmoſphäre, wie im großen Verkehr der edeln Metalle wirken viele perturbirende Urſachen gleichzeitig. Der Erfolg jeder einzelnen Urſache iſt beſtimmbar, als Preis-erhebend oder Preis-erniedrigend, nicht aber ſind es, bei der Unzahl von

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Ueber die Schwankungen der Goldproduktion mit Rücksicht auf staatswirthschaftliche Probleme. In: Deutsche Vierteljahrs Schrift, Bd. 1, H. IV (1838), S. 1-40, hier S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_schwankungen_1838/35>, abgerufen am 21.11.2024.