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Humboldt, Alexander von: Ueber die Schwankungen der Goldproduktion mit Rücksicht auf staatswirthschaftliche Probleme. In: Deutsche Vierteljahrs Schrift, Bd. 1, H. IV (1838), S. 1-40.

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der Goldproduktion.
sich anhäufenden Störungen, das Maaß der partiellen Compensa-
tionen, die Natur und das Maaß der Totalwirkung.

Quantitäten vermehrter Goldproduktion, welche unsere Einbil-
dungskraft aufregen, verschwinden, man möchte sagen, wie ein
Unendlichkleines, gegen die seit Jahrtausenden aufgehäufte und im
Welthandel cirkulirende Masse, werde diese existirend als Münze
gedacht oder verarbeitet zu sachlichem Gebrauchswerthe. Jeglicher
Zufluß, auch der kleinste, wirkt allerdings durch eine lange Dauer,
da aber eine größere und an Wohlstand wachsende Population auch
eines größeren Umlaufcapitals bedarf, so kann, trotz des Zu-
flusses, durch Vertheilung ein fühlbarer Mangel eintreten.
Vor den großen Goldentdeckungen am östlichen Abfall des Ural,
deren eigentlicher Flor erst mit den Jahren 1823 und 1824 begann,
war auf dem großen Markte zu Hamburg der Tauschwerth des
Silbers zum Golde als Mittelpreis der Jahre 1818-1822 wie
1:15,75, wenn er nach der reichen Goldausbeute am Ural im
Mittel der fünf Jahre 1830-1834 nur auf 1:15,73 sank. Jn dieser
Zwischenzeit wurden in England, wie ich schon oben berührt, um den
Verkehr mit Metallgeld wieder herzustellen, 1,294,000 Mark Gold ver-
münzt. Welchen Theil hat nun an dieser Veränderung des Tauschwer-
thes* die verminderte Exportation der edeln Metalle aus dem Neuen

* Jch theile hier die Resultate der sorgfältigen Untersuchung mit, die
ich der Freundschaft eines in Beurtheilung von Handels- und staats-
wirthschaftlichen Verhältnissen gleich erfahrenden Mannes verdanke.
Herr Joseph Mendelssohn hat, auf meine Bitte, die in London und
Hamburg in den Jahren 1816-1837 officiell notirten Preise von
Gold und Silber in Barren (nicht vermünzt) gesammelt und daraus
für jedes Jahr einen Durchschnitt der Preise aufgestellt. "Jn London
waren die durch einen langen Krieg gestörten Verhältnisse der Me-
talle von 1816 bis 1819 sehr anomal; 1816 wie 1:15,800 und 1817
wie 1:14,975. Erst mit dem Jahre 1820 tritt in London eine größere
Stetigkeit in jenen Verhältnissen ein: die Extreme waren 1825 und
1833, denen 1:15,349 und 1:15,899 zugehörten. (Unterschied 71/2/13)
Ein anhaltendes Vor- und Rückschreiten war nicht zu bemerken. Auf
dem Hamburger Markte waren die Schwankungen weit geringer.
Das Verhältniß war dort am größten 1821, am kleinsten 1817: im
ersten Jahre wie 1:15,965; im zweiten wie 1:15,635. (Unterschied
in 21 Jahren nur 4 1/3 /13) Dieser Hamburger Markt ist aber mehr
8 *

der Goldproduktion.
ſich anhäufenden Störungen, das Maaß der partiellen Compenſa-
tionen, die Natur und das Maaß der Totalwirkung.

Quantitäten vermehrter Goldproduktion, welche unſere Einbil-
dungskraft aufregen, verſchwinden, man möchte ſagen, wie ein
Unendlichkleines, gegen die ſeit Jahrtauſenden aufgehäufte und im
Welthandel cirkulirende Maſſe, werde dieſe exiſtirend als Münze
gedacht oder verarbeitet zu ſachlichem Gebrauchswerthe. Jeglicher
Zufluß, auch der kleinſte, wirkt allerdings durch eine lange Dauer,
da aber eine größere und an Wohlſtand wachſende Population auch
eines größeren Umlaufcapitals bedarf, ſo kann, trotz des Zu-
fluſſes, durch Vertheilung ein fühlbarer Mangel eintreten.
Vor den großen Goldentdeckungen am öſtlichen Abfall des Ural,
deren eigentlicher Flor erſt mit den Jahren 1823 und 1824 begann,
war auf dem großen Markte zu Hamburg der Tauſchwerth des
Silbers zum Golde als Mittelpreis der Jahre 1818–1822 wie
1:15,75, wenn er nach der reichen Goldausbeute am Ural im
Mittel der fünf Jahre 1830–1834 nur auf 1:15,73 ſank. Jn dieſer
Zwiſchenzeit wurden in England, wie ich ſchon oben berührt, um den
Verkehr mit Metallgeld wieder herzuſtellen, 1,294,000 Mark Gold ver-
münzt. Welchen Theil hat nun an dieſer Veränderung des Tauſchwer-
thes* die verminderte Exportation der edeln Metalle aus dem Neuen

* Jch theile hier die Reſultate der ſorgfältigen Unterſuchung mit, die
ich der Freundſchaft eines in Beurtheilung von Handels- und ſtaats-
wirthſchaftlichen Verhältniſſen gleich erfahrenden Mannes verdanke.
Herr Joſeph Mendelsſohn hat, auf meine Bitte, die in London und
Hamburg in den Jahren 1816–1837 officiell notirten Preiſe von
Gold und Silber in Barren (nicht vermünzt) geſammelt und daraus
für jedes Jahr einen Durchſchnitt der Preiſe aufgeſtellt. „Jn London
waren die durch einen langen Krieg geſtörten Verhältniſſe der Me-
talle von 1816 bis 1819 ſehr anomal; 1816 wie 1:15,800 und 1817
wie 1:14,975. Erſt mit dem Jahre 1820 tritt in London eine größere
Stetigkeit in jenen Verhältniſſen ein: die Extreme waren 1825 und
1833, denen 1:15,349 und 1:15,899 zugehörten. (Unterſchied /13)
Ein anhaltendes Vor- und Rückſchreiten war nicht zu bemerken. Auf
dem Hamburger Markte waren die Schwankungen weit geringer.
Das Verhältniß war dort am größten 1821, am kleinſten 1817: im
erſten Jahre wie 1:15,965; im zweiten wie 1:15,635. (Unterſchied
in 21 Jahren nur 4⅓/13) Dieſer Hamburger Markt iſt aber mehr
8 *
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[35/0036] der Goldproduktion. ſich anhäufenden Störungen, das Maaß der partiellen Compenſa- tionen, die Natur und das Maaß der Totalwirkung. Quantitäten vermehrter Goldproduktion, welche unſere Einbil- dungskraft aufregen, verſchwinden, man möchte ſagen, wie ein Unendlichkleines, gegen die ſeit Jahrtauſenden aufgehäufte und im Welthandel cirkulirende Maſſe, werde dieſe exiſtirend als Münze gedacht oder verarbeitet zu ſachlichem Gebrauchswerthe. Jeglicher Zufluß, auch der kleinſte, wirkt allerdings durch eine lange Dauer, da aber eine größere und an Wohlſtand wachſende Population auch eines größeren Umlaufcapitals bedarf, ſo kann, trotz des Zu- fluſſes, durch Vertheilung ein fühlbarer Mangel eintreten. Vor den großen Goldentdeckungen am öſtlichen Abfall des Ural, deren eigentlicher Flor erſt mit den Jahren 1823 und 1824 begann, war auf dem großen Markte zu Hamburg der Tauſchwerth des Silbers zum Golde als Mittelpreis der Jahre 1818–1822 wie 1:15,75, wenn er nach der reichen Goldausbeute am Ural im Mittel der fünf Jahre 1830–1834 nur auf 1:15,73 ſank. Jn dieſer Zwiſchenzeit wurden in England, wie ich ſchon oben berührt, um den Verkehr mit Metallgeld wieder herzuſtellen, 1,294,000 Mark Gold ver- münzt. Welchen Theil hat nun an dieſer Veränderung des Tauſchwer- thes * die verminderte Exportation der edeln Metalle aus dem Neuen * Jch theile hier die Reſultate der ſorgfältigen Unterſuchung mit, die ich der Freundſchaft eines in Beurtheilung von Handels- und ſtaats- wirthſchaftlichen Verhältniſſen gleich erfahrenden Mannes verdanke. Herr Joſeph Mendelsſohn hat, auf meine Bitte, die in London und Hamburg in den Jahren 1816–1837 officiell notirten Preiſe von Gold und Silber in Barren (nicht vermünzt) geſammelt und daraus für jedes Jahr einen Durchſchnitt der Preiſe aufgeſtellt. „Jn London waren die durch einen langen Krieg geſtörten Verhältniſſe der Me- talle von 1816 bis 1819 ſehr anomal; 1816 wie 1:15,800 und 1817 wie 1:14,975. Erſt mit dem Jahre 1820 tritt in London eine größere Stetigkeit in jenen Verhältniſſen ein: die Extreme waren 1825 und 1833, denen 1:15,349 und 1:15,899 zugehörten. (Unterſchied 7½/13) Ein anhaltendes Vor- und Rückſchreiten war nicht zu bemerken. Auf dem Hamburger Markte waren die Schwankungen weit geringer. Das Verhältniß war dort am größten 1821, am kleinſten 1817: im erſten Jahre wie 1:15,965; im zweiten wie 1:15,635. (Unterſchied in 21 Jahren nur 4⅓/13) Dieſer Hamburger Markt iſt aber mehr 8 *

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Ueber die Schwankungen der Goldproduktion mit Rücksicht auf staatswirthschaftliche Probleme. In: Deutsche Vierteljahrs Schrift, Bd. 1, H. IV (1838), S. 1-40, hier S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_schwankungen_1838/36>, abgerufen am 28.03.2024.