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Humboldt, Alexander von: Ueber die Schwankungen der Goldproduktion mit Rücksicht auf staatswirthschaftliche Probleme. In: Deutsche Vierteljahrs Schrift, Bd. 1, H. IV (1838), S. 1-40.

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der Goldproduktion.
der zwölf Jahre in der Londoner Münze verprägten Goldes beträgt.
Wenn man den Tauschwerth der edeln Metalle befreit von den
kleinen lokalen Zufälligkeiten betrachtet, z. B. den Goldbarren-Werth
in Hamburg, so erkennt man darin zwischen 1816 und 1837
weder den Einfluß des asiatischen Bergbaues, noch die abnehmende
Golderzeugung im spanischen Amerika.

Das Maximum, welches der Tauschwerth des Goldes im
Jahr 1827 erreichte, hat sich mit sehr geringen Schwankungen
bis 1832 erhalten. Dann wird ein allmähliges Sinken wieder
bemerkbar, und dazu ein sehr regelmäßig fortschreitendes Sinken.
Das russische Gold aus der Uralkette und aus Sibirien hat einen
Theil dieser Wirkung hervorgebracht, aber wir dürfen nicht ver-
gessen, daß die ganze Goldproduktion Rußlands, so wichtig sie
in anderer Rücksicht uns scheint, doch in den Jahren 1823 bis
1837 nur gegen 302,000 Mark beträgt, noch weniger als die
mindere Goldausfuhr aus dem spanischen Amerika in den Jahren
1816-1827. Auch jetzt noch hat sich in jenen Freistaaten von
Mexiko und von Südamerika der Goldbergbau weniger gehoben,
als die Silberproduktion. Dazu bedürfen die nordamerikanischen
Staaten, ihrer großen Geld- und Bankverwirrung kaum entgangen,
beträchtlicher und baarer Goldsendungen aus Europa. Das ist ein
Abfluß nach Westen, der neben vielen andern immerfort wirkenden
Ursachen den Effekt verlarvt, den wir der vermehrten Goldausbeute
von Asien zuzuschreiben geneigt sind. Der Hauptgrund des schwa-
chen Wirkens der uralischen und nordasiatischen Goldausbeute liegt
aber wohl, wie ich schon mehrmals bemerkt habe, in der relativen
Kleinheit des Zuflusses, verglichen mit der schon vorhandenen Masse
edler Metalle. Der Abfluß nach Asien, den ich an einem andern
Orte und in verschiedenen Epochen zu untersuchen Gelegenheit ge-
habt,* ist bestimmt im Abnehmen. Für das Jahr 1831 schätzte
Herr Jacob den jährlichen Verlust der englischen Handelsbalance in
dem asiatischen Verkehr um das Vorgebirge der guten Hoffnung noch

* Sur les quantites relatives de metaux precieux monnayes et reduits
en objets d'orfevrerie
und sur les chaugemens qu'eprouve l'accu-
mulation des metaux precieux en Europe
in der zweiten Ausgabe
meines Essai pol. T. III, p. 436-444 und p. 460-476. Eine
Vertheidigung meiner Ansichten über die Anhäufung edler Metalle
ist enthalten in dem Edinb. Review 1832, April, S. 43-61.

der Goldproduktion.
der zwölf Jahre in der Londoner Münze verprägten Goldes beträgt.
Wenn man den Tauſchwerth der edeln Metalle befreit von den
kleinen lokalen Zufälligkeiten betrachtet, z. B. den Goldbarren-Werth
in Hamburg, ſo erkennt man darin zwiſchen 1816 und 1837
weder den Einfluß des aſiatiſchen Bergbaues, noch die abnehmende
Golderzeugung im ſpaniſchen Amerika.

Das Maximum, welches der Tauſchwerth des Goldes im
Jahr 1827 erreichte, hat ſich mit ſehr geringen Schwankungen
bis 1832 erhalten. Dann wird ein allmähliges Sinken wieder
bemerkbar, und dazu ein ſehr regelmäßig fortſchreitendes Sinken.
Das ruſſiſche Gold aus der Uralkette und aus Sibirien hat einen
Theil dieſer Wirkung hervorgebracht, aber wir dürfen nicht ver-
geſſen, daß die ganze Goldproduktion Rußlands, ſo wichtig ſie
in anderer Rückſicht uns ſcheint, doch in den Jahren 1823 bis
1837 nur gegen 302,000 Mark beträgt, noch weniger als die
mindere Goldausfuhr aus dem ſpaniſchen Amerika in den Jahren
1816–1827. Auch jetzt noch hat ſich in jenen Freiſtaaten von
Mexiko und von Südamerika der Goldbergbau weniger gehoben,
als die Silberproduktion. Dazu bedürfen die nordamerikaniſchen
Staaten, ihrer großen Geld- und Bankverwirrung kaum entgangen,
beträchtlicher und baarer Goldſendungen aus Europa. Das iſt ein
Abfluß nach Weſten, der neben vielen andern immerfort wirkenden
Urſachen den Effekt verlarvt, den wir der vermehrten Goldausbeute
von Aſien zuzuſchreiben geneigt ſind. Der Hauptgrund des ſchwa-
chen Wirkens der uraliſchen und nordaſiatiſchen Goldausbeute liegt
aber wohl, wie ich ſchon mehrmals bemerkt habe, in der relativen
Kleinheit des Zufluſſes, verglichen mit der ſchon vorhandenen Maſſe
edler Metalle. Der Abfluß nach Aſien, den ich an einem andern
Orte und in verſchiedenen Epochen zu unterſuchen Gelegenheit ge-
habt,* ist beſtimmt im Abnehmen. Für das Jahr 1831 ſchätzte
Herr Jacob den jährlichen Verluſt der engliſchen Handelsbalance in
dem aſiatiſchen Verkehr um das Vorgebirge der guten Hoffnung noch

* Sur les quantités relatives de métaux précieux monnayés et reduits
en objets d'orfèvrerie
und ſur leſ chaugemenſ qu'éprouve l'accu-
mulation deſ métaux précieux en Europe
in der zweiten Ausgabe
meines Essai pol. T. III, p. 436–444 und p. 460–476. Eine
Vertheidigung meiner Anſichten über die Anhäufung edler Metalle
iſt enthalten in dem Edinb. Review 1832, April, S. 43–61.
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[37/0038] der Goldproduktion. der zwölf Jahre in der Londoner Münze verprägten Goldes beträgt. Wenn man den Tauſchwerth der edeln Metalle befreit von den kleinen lokalen Zufälligkeiten betrachtet, z. B. den Goldbarren-Werth in Hamburg, ſo erkennt man darin zwiſchen 1816 und 1837 weder den Einfluß des aſiatiſchen Bergbaues, noch die abnehmende Golderzeugung im ſpaniſchen Amerika. Das Maximum, welches der Tauſchwerth des Goldes im Jahr 1827 erreichte, hat ſich mit ſehr geringen Schwankungen bis 1832 erhalten. Dann wird ein allmähliges Sinken wieder bemerkbar, und dazu ein ſehr regelmäßig fortſchreitendes Sinken. Das ruſſiſche Gold aus der Uralkette und aus Sibirien hat einen Theil dieſer Wirkung hervorgebracht, aber wir dürfen nicht ver- geſſen, daß die ganze Goldproduktion Rußlands, ſo wichtig ſie in anderer Rückſicht uns ſcheint, doch in den Jahren 1823 bis 1837 nur gegen 302,000 Mark beträgt, noch [FORMEL] weniger als die mindere Goldausfuhr aus dem ſpaniſchen Amerika in den Jahren 1816–1827. Auch jetzt noch hat ſich in jenen Freiſtaaten von Mexiko und von Südamerika der Goldbergbau weniger gehoben, als die Silberproduktion. Dazu bedürfen die nordamerikaniſchen Staaten, ihrer großen Geld- und Bankverwirrung kaum entgangen, beträchtlicher und baarer Goldſendungen aus Europa. Das iſt ein Abfluß nach Weſten, der neben vielen andern immerfort wirkenden Urſachen den Effekt verlarvt, den wir der vermehrten Goldausbeute von Aſien zuzuſchreiben geneigt ſind. Der Hauptgrund des ſchwa- chen Wirkens der uraliſchen und nordaſiatiſchen Goldausbeute liegt aber wohl, wie ich ſchon mehrmals bemerkt habe, in der relativen Kleinheit des Zufluſſes, verglichen mit der ſchon vorhandenen Maſſe edler Metalle. Der Abfluß nach Aſien, den ich an einem andern Orte und in verſchiedenen Epochen zu unterſuchen Gelegenheit ge- habt, * ist beſtimmt im Abnehmen. Für das Jahr 1831 ſchätzte Herr Jacob den jährlichen Verluſt der engliſchen Handelsbalance in dem aſiatiſchen Verkehr um das Vorgebirge der guten Hoffnung noch * Sur les quantités relatives de métaux précieux monnayés et reduits en objets d'orfèvrerie und ſur leſ chaugemenſ qu'éprouve l'accu- mulation deſ métaux précieux en Europe in der zweiten Ausgabe meines Essai pol. T. III, p. 436–444 und p. 460–476. Eine Vertheidigung meiner Anſichten über die Anhäufung edler Metalle iſt enthalten in dem Edinb. Review 1832, April, S. 43–61.

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Ueber die Schwankungen der Goldproduktion mit Rücksicht auf staatswirthschaftliche Probleme. In: Deutsche Vierteljahrs Schrift, Bd. 1, H. IV (1838), S. 1-40, hier S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_schwankungen_1838/38>, abgerufen am 20.04.2024.