Humboldt, Alexander von: Ueber die Schwankungen der Goldproduktion mit Rücksicht auf staatswirthschaftliche Probleme. In: Deutsche Vierteljahrs Schrift, Bd. 1, H. IV (1838), S. 1-40.der Goldproduktion. 2,426,000 Thalern gestiegen. Jn Frankreich war die Consumtion in denselben Jahren2,592,000 " 2,876,000 " nur: 5,476,000 Francs. aber in ganz Europa, bei einer Bevölkerung von wenigstens 2283,982,000 " 4,856,000 " Millionen Menschen, ist sie wahrscheinlich nicht unter 14 bis 16 Millionen Thaler, wovon Vanille, Muskatnüsse und Blumeu, Pfeffer und Zimmt fast 2/3 ausmachen. Wenn man bedenkt, wie groß die Summe des Gewürzwerthes bei dem jetzigen Verbrauche von Europa im Vergleich mit der Summe seyn muß, um welche am Ende des fünfzehnten Jahrhunderts sich gleichsam der wichtigste Theil des damaligen Welthandels drehte, so hat man hier aber- mals ein merkwürdiges Beispiel von der Potenz der Metalle, wenn sie mit concentrirter Stärke auf einen engen Raum (damals die Ufer des Mittelmeers und das westlichste Europa) ihre Kraft ausüben. Der Gewürzhandel veranlaßte zufällig die Entdeckung des Neuen Con- tinents, er führte die Portugiesen um die Südspitze von Afrika nach Jndien, wie er Griechen und Römer einst nach Taprobane geleitet hatte. Als Christoph Columbus "durch den Occident nach dem Orient" gelangen will, schreibt ihm (schon am 24. Junius 1474) Paul Toscanelli aus Florenz: "ich freue mich zu hören, daß Jhr den schönen und großen Wunsch nähret, auf kürzerem Wege dahin zu gelangen, onde nacen las especerias." Mit welchen Klagen sind die Schriften der Jtaliener erfüllt, mit welchen Verwünschungen werden die Portugiesen bedeckt, weil sie zur See nach Jndien vorgedrungen sind, und den Gewürzhandel der vene- zianischen, pisanischen und genuesischen Kaufleute zu vernichten dro- hen. Der Cardinal Bembo* nennt es ein malum inopinatum und sucht philosophische Trostgründe. Petrus Martyr d'Anghiera schreibt an seinen gelehrten Freund Pomponius Lätus: Portuga- lenses trans aequinoctium aliamque arcton, aromatum com- mercia prosequuntur, Alexandrinos ac Damascenos mercatores * Historiae Venetae, lib. VI, pag. 189.
der Goldproduktion. 2,426,000 Thalern geſtiegen. Jn Frankreich war die Conſumtion in denſelben Jahren2,592,000 〃 2,876,000 〃 nur: 5,476,000 Francs. aber in ganz Europa, bei einer Bevölkerung von wenigſtens 2283,982,000 〃 4,856,000 〃 Millionen Menſchen, iſt ſie wahrſcheinlich nicht unter 14 bis 16 Millionen Thaler, wovon Vanille, Muskatnüſſe und Blumeu, Pfeffer und Zimmt faſt ⅔ ausmachen. Wenn man bedenkt, wie groß die Summe des Gewürzwerthes bei dem jetzigen Verbrauche von Europa im Vergleich mit der Summe ſeyn muß, um welche am Ende des fünfzehnten Jahrhunderts ſich gleichſam der wichtigſte Theil des damaligen Welthandels drehte, ſo hat man hier aber- mals ein merkwürdiges Beiſpiel von der Potenz der Metalle, wenn ſie mit concentrirter Stärke auf einen engen Raum (damals die Ufer des Mittelmeers und das weſtlichſte Europa) ihre Kraft ausüben. Der Gewürzhandel veranlaßte zufällig die Entdeckung des Neuen Con- tinents, er führte die Portugieſen um die Südſpitze von Afrika nach Jndien, wie er Griechen und Römer einſt nach Taprobane geleitet hatte. Als Chriſtoph Columbus „durch den Occident nach dem Orient“ gelangen will, ſchreibt ihm (ſchon am 24. Junius 1474) Paul Toscanelli aus Florenz: „ich freue mich zu hören, daß Jhr den ſchönen und großen Wunſch nähret, auf kürzerem Wege dahin zu gelangen, onde nacen las especerias.“ Mit welchen Klagen ſind die Schriften der Jtaliener erfüllt, mit welchen Verwünſchungen werden die Portugieſen bedeckt, weil ſie zur See nach Jndien vorgedrungen ſind, und den Gewürzhandel der vene- zianiſchen, piſaniſchen und genueſiſchen Kaufleute zu vernichten dro- hen. Der Cardinal Bembo* nennt es ein malum inopinatum und ſucht philoſophiſche Troſtgründe. Petrus Martyr d'Anghiera ſchreibt an ſeinen gelehrten Freund Pomponius Lätus: Portuga- lenses trans aequinoctium aliamque arcton, aromatum com- mercia prosequuntur, Alexandrinos ac Damascenos mercatores * Historiae Venetae, lib. VI, pag. 189.
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der Goldproduktion.
2,426,000 Thalern
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2,876,000 〃
geſtiegen. Jn Frankreich war die Conſumtion in denſelben Jahren
nur:
5,476,000 Francs.
3,982,000 〃
4,856,000 〃
aber in ganz Europa, bei einer Bevölkerung von wenigſtens 228
Millionen Menſchen, iſt ſie wahrſcheinlich nicht unter 14 bis 16
Millionen Thaler, wovon Vanille, Muskatnüſſe und Blumeu,
Pfeffer und Zimmt faſt ⅔ ausmachen. Wenn man bedenkt, wie
groß die Summe des Gewürzwerthes bei dem jetzigen Verbrauche
von Europa im Vergleich mit der Summe ſeyn muß, um welche
am Ende des fünfzehnten Jahrhunderts ſich gleichſam der wichtigſte
Theil des damaligen Welthandels drehte, ſo hat man hier aber-
mals ein merkwürdiges Beiſpiel von der Potenz der Metalle, wenn
ſie mit concentrirter Stärke auf einen engen Raum (damals die Ufer
des Mittelmeers und das weſtlichſte Europa) ihre Kraft ausüben. Der
Gewürzhandel veranlaßte zufällig die Entdeckung des Neuen Con-
tinents, er führte die Portugieſen um die Südſpitze von Afrika
nach Jndien, wie er Griechen und Römer einſt nach Taprobane
geleitet hatte. Als Chriſtoph Columbus „durch den Occident nach
dem Orient“ gelangen will, ſchreibt ihm (ſchon am 24. Junius
1474) Paul Toscanelli aus Florenz: „ich freue mich zu hören,
daß Jhr den ſchönen und großen Wunſch nähret, auf kürzerem
Wege dahin zu gelangen, onde nacen las especerias.“ Mit
welchen Klagen ſind die Schriften der Jtaliener erfüllt, mit welchen
Verwünſchungen werden die Portugieſen bedeckt, weil ſie zur See
nach Jndien vorgedrungen ſind, und den Gewürzhandel der vene-
zianiſchen, piſaniſchen und genueſiſchen Kaufleute zu vernichten dro-
hen. Der Cardinal Bembo * nennt es ein malum inopinatum und
ſucht philoſophiſche Troſtgründe. Petrus Martyr d'Anghiera
ſchreibt an ſeinen gelehrten Freund Pomponius Lätus: Portuga-
lenses trans aequinoctium aliamque arcton, aromatum com-
mercia prosequuntur, Alexandrinos ac Damascenos mercatores
* Historiae Venetae, lib. VI, pag. 189.
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