Humboldt, Alexander von: Ueber die Schwankungen der Goldproduktion mit Rücksicht auf staatswirthschaftliche Probleme. In: Deutsche Vierteljahrs Schrift, Bd. 1, H. IV (1838), S. 1-40.Ueber die Schwankungen ganz Europa gegen die neue Welt. Das letzte Verhältniß,* näm-lich die relative Productivität von Europa und Amerika war im Anfange des neunzehnten Jahrhunderts, als die Bergwerke der spanischen Colonien am schwunghaftesten betrieben wurden, für die Golderzeugung wie 1:13, für die Silbererzeugung wie 1:15. Es ist mir sogar wahrscheinlich, daß für die alexandrinische und pto- lemäische Zeit, besonders in der Goldausbeute, das Verhältniß noch ungünstiger für Europa ausfallen würde, wenn statistische An- gaben der Art aufgefunden werden könnten. Jn Griechenland selbst war zwar, neben den anfangs sehr ergiebigen Silbergruben von Laurion, der Goldreichthum in Thessalien, in dem pangäischen Gebirge an der Gränze von Macedonien und Thracien, wie seit den frühesten** phönizischen Ansiedlungen auf der gegenüber liegenden Jnsel Thasos beträchtlich genug. Auch Jberien ist für Phönizier und Carthager nicht bloß ein Silberland gewesen. Tar- tessus und Ophir (dieses entweder Arabien*** oder die ostafrika- nische Küste oder gar, wie Heeren will, eine allgemeine Be- nennung für reiche Südländer), Tartessus und Ophir waren das Doppelziel der vereinigten Hiram-Salomonischen Flotte. Wenn auch in dem metallischen Reichthum von Spanien Silber aus Bätika und aus der Nähe des von Hamilkar Barkas gegründeten Neu-Carthago, lange der Hauptgegenstand des auswärtigen Han- dels war, so lieferten doch auch manches Jahr Galläcien, Lusitanien und besonders Asturien 20,000 Pfund Gold+, das ist fast so viel, * Die Fundamente dieser Berechnung sind enthalten im 11. Kapitel meines Essai politique sur le Royaume de la Nouvelle Espagne T. III, p. 400. Die relative Goldausbeute war damals 1300 und 17,300 Kil., die relative Silberausbeute 52,700 und 795,600 Kil. ** Otfr. Müller, Gesch. Hellen. Stämme B. 1, S. 115. Auch Gold bei Skapte Hyle (Bokh, Corp. Inscript. T. I, p. 219.) *** S. über einen so oft behandelten Gegenstand eine mit philologischer Kritik abgefaßte Schrift des Dr. Keil, in Dorpat: Ueber die Schifffahrt nach Ophir und Tarsis, 1834. S. 61-70. + Bökh, Staatshaushalt, Th. 1, S. 15. Auch der Hafen von Carthago
enthält Goldsand, den das Mittelmeer auswirft, zwischen dem Flusse Miliana und dem Cap Sidi-Bou-Said. Die armen Einwohner be- nutzen diesen Goldsand noch jetzt. Dureau de la Malle, Rech. sur la Topographie de Carthage 1835 p. 251. Ueber die Schwankungen ganz Europa gegen die neue Welt. Das letzte Verhältniß,* näm-lich die relative Productivität von Europa und Amerika war im Anfange des neunzehnten Jahrhunderts, als die Bergwerke der ſpaniſchen Colonien am ſchwunghafteſten betrieben wurden, für die Golderzeugung wie 1:13, für die Silbererzeugung wie 1:15. Es iſt mir ſogar wahrſcheinlich, daß für die alexandriniſche und pto- lemäiſche Zeit, beſonders in der Goldausbeute, das Verhältniß noch ungünſtiger für Europa ausfallen würde, wenn ſtatiſtiſche An- gaben der Art aufgefunden werden könnten. Jn Griechenland ſelbſt war zwar, neben den anfangs ſehr ergiebigen Silbergruben von Laurion, der Goldreichthum in Theſſalien, in dem pangäiſchen Gebirge an der Gränze von Macedonien und Thracien, wie ſeit den früheſten** phöniziſchen Anſiedlungen auf der gegenüber liegenden Jnſel Thaſos beträchtlich genug. Auch Jberien iſt für Phönizier und Carthager nicht bloß ein Silberland geweſen. Tar- teſſus und Ophir (dieſes entweder Arabien*** oder die oſtafrika- niſche Küſte oder gar, wie Heeren will, eine allgemeine Be- nennung für reiche Südländer), Tarteſſus und Ophir waren das Doppelziel der vereinigten Hiram-Salomoniſchen Flotte. Wenn auch in dem metalliſchen Reichthum von Spanien Silber aus Bätika und aus der Nähe des von Hamilkar Barkas gegründeten Neu-Carthago, lange der Hauptgegenſtand des auswärtigen Han- dels war, ſo lieferten doch auch manches Jahr Galläcien, Luſitanien und beſonders Aſturien 20,000 Pfund Gold†, das iſt faſt ſo viel, * Die Fundamente dieſer Berechnung ſind enthalten im 11. Kapitel meines Essai politique ſur le Royaume de la Nouvelle Espagne T. III, p. 400. Die relative Goldausbeute war damals 1300 und 17,300 Kil., die relative Silberausbeute 52,700 und 795,600 Kil. ** Otfr. Müller, Geſch. Hellen. Stämme B. 1, S. 115. Auch Gold bei Skapte Hyle (Bokh, Corp. Inscript. T. I, p. 219.) *** S. über einen ſo oft behandelten Gegenſtand eine mit philologiſcher Kritik abgefaßte Schrift des Dr. Keil, in Dorpat: Ueber die Schifffahrt nach Ophir und Tarſis, 1834. S. 61–70. † Bökh, Staatshaushalt, Th. 1, S. 15. Auch der Hafen von Carthago
enthält Goldſand, den das Mittelmeer auswirft, zwiſchen dem Fluſſe Miliana und dem Cap Sidi-Bou-Said. Die armen Einwohner be- nutzen dieſen Goldſand noch jetzt. Dureau de la Malle, Rech. ſur la Topographie de Carthage 1835 p. 251. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0009" n="8"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#fr">Ueber die Schwankungen</hi></fw><lb/> ganz Europa gegen die neue Welt. Das letzte Verhältniß,<note place="foot" n="*">Die Fundamente dieſer Berechnung ſind enthalten im 11. Kapitel<lb/> meines <hi rendition="#aq">Essai politique ſur le Royaume de la Nouvelle Espagne<lb/> T. III, p</hi>. 400. Die relative Goldausbeute war damals 1300 und<lb/> 17,300 Kil., die relative Silberausbeute 52,700 und 795,600 Kil.</note> näm-<lb/> lich die relative Productivität von Europa und Amerika war im<lb/> Anfange des neunzehnten Jahrhunderts, als die Bergwerke der<lb/> ſpaniſchen Colonien am ſchwunghafteſten betrieben wurden, für die<lb/> Golderzeugung wie 1:13, für die Silbererzeugung wie 1:15. Es<lb/> iſt mir ſogar wahrſcheinlich, daß für die alexandriniſche und pto-<lb/> lemäiſche Zeit, beſonders in der Goldausbeute, das Verhältniß<lb/> noch ungünſtiger für Europa ausfallen würde, wenn ſtatiſtiſche An-<lb/> gaben der Art aufgefunden werden könnten. Jn Griechenland ſelbſt<lb/> war zwar, neben den anfangs ſehr ergiebigen Silbergruben von<lb/> Laurion, der Goldreichthum in Theſſalien, in dem pangäiſchen<lb/> Gebirge an der Gränze von Macedonien und Thracien, wie ſeit<lb/> den früheſten<note place="foot" n="**">Otfr. Müller, <hi rendition="#g">Geſch. Hellen. Stämme</hi> B. 1, S. 115. Auch Gold<lb/> bei Skapte Hyle (<hi rendition="#aq">Bokh, Corp. Inscript. T. I, p</hi>. 219.)</note> phöniziſchen Anſiedlungen auf der gegenüber<lb/> liegenden Jnſel Thaſos beträchtlich genug. Auch Jberien iſt für<lb/> Phönizier und Carthager nicht bloß ein Silberland geweſen. Tar-<lb/> teſſus und Ophir (dieſes entweder Arabien<note place="foot" n="***">S. über einen ſo oft behandelten Gegenſtand eine mit philologiſcher<lb/> Kritik abgefaßte Schrift des <hi rendition="#aq">Dr</hi>. Keil, in Dorpat: <hi rendition="#g">Ueber die<lb/> Schifffahrt nach Ophir und Tarſis,</hi> 1834. S. 61–70.</note> oder die oſtafrika-<lb/> niſche Küſte oder gar, wie Heeren will, eine allgemeine Be-<lb/> nennung für <hi rendition="#g">reiche Südländer</hi>), Tarteſſus und Ophir waren<lb/> das Doppelziel der vereinigten Hiram-Salomoniſchen Flotte. Wenn<lb/> auch in dem metalliſchen Reichthum von Spanien Silber aus<lb/> Bätika und aus der Nähe des von Hamilkar Barkas gegründeten<lb/> Neu-Carthago, lange der Hauptgegenſtand des auswärtigen Han-<lb/> dels war, ſo lieferten doch auch manches Jahr Galläcien, Luſitanien<lb/> und beſonders Aſturien 20,000 Pfund Gold<note place="foot" n="†">Bökh, Staatshaushalt, Th. 1, S. 15. Auch der Hafen von Carthago<lb/> enthält Goldſand, den das Mittelmeer auswirft, zwiſchen dem Fluſſe<lb/> Miliana und dem Cap Sidi-Bou-Said. Die armen Einwohner be-<lb/> nutzen dieſen Goldſand noch jetzt. <hi rendition="#aq">Dureau de la Malle, Rech. ſur la<lb/> Topographie de Carthage 1835 p</hi>. 251.</note>, das iſt faſt ſo viel,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [8/0009]
Ueber die Schwankungen
ganz Europa gegen die neue Welt. Das letzte Verhältniß, * näm-
lich die relative Productivität von Europa und Amerika war im
Anfange des neunzehnten Jahrhunderts, als die Bergwerke der
ſpaniſchen Colonien am ſchwunghafteſten betrieben wurden, für die
Golderzeugung wie 1:13, für die Silbererzeugung wie 1:15. Es
iſt mir ſogar wahrſcheinlich, daß für die alexandriniſche und pto-
lemäiſche Zeit, beſonders in der Goldausbeute, das Verhältniß
noch ungünſtiger für Europa ausfallen würde, wenn ſtatiſtiſche An-
gaben der Art aufgefunden werden könnten. Jn Griechenland ſelbſt
war zwar, neben den anfangs ſehr ergiebigen Silbergruben von
Laurion, der Goldreichthum in Theſſalien, in dem pangäiſchen
Gebirge an der Gränze von Macedonien und Thracien, wie ſeit
den früheſten ** phöniziſchen Anſiedlungen auf der gegenüber
liegenden Jnſel Thaſos beträchtlich genug. Auch Jberien iſt für
Phönizier und Carthager nicht bloß ein Silberland geweſen. Tar-
teſſus und Ophir (dieſes entweder Arabien *** oder die oſtafrika-
niſche Küſte oder gar, wie Heeren will, eine allgemeine Be-
nennung für reiche Südländer), Tarteſſus und Ophir waren
das Doppelziel der vereinigten Hiram-Salomoniſchen Flotte. Wenn
auch in dem metalliſchen Reichthum von Spanien Silber aus
Bätika und aus der Nähe des von Hamilkar Barkas gegründeten
Neu-Carthago, lange der Hauptgegenſtand des auswärtigen Han-
dels war, ſo lieferten doch auch manches Jahr Galläcien, Luſitanien
und beſonders Aſturien 20,000 Pfund Gold †, das iſt faſt ſo viel,
* Die Fundamente dieſer Berechnung ſind enthalten im 11. Kapitel
meines Essai politique ſur le Royaume de la Nouvelle Espagne
T. III, p. 400. Die relative Goldausbeute war damals 1300 und
17,300 Kil., die relative Silberausbeute 52,700 und 795,600 Kil.
** Otfr. Müller, Geſch. Hellen. Stämme B. 1, S. 115. Auch Gold
bei Skapte Hyle (Bokh, Corp. Inscript. T. I, p. 219.)
*** S. über einen ſo oft behandelten Gegenſtand eine mit philologiſcher
Kritik abgefaßte Schrift des Dr. Keil, in Dorpat: Ueber die
Schifffahrt nach Ophir und Tarſis, 1834. S. 61–70.
† Bökh, Staatshaushalt, Th. 1, S. 15. Auch der Hafen von Carthago
enthält Goldſand, den das Mittelmeer auswirft, zwiſchen dem Fluſſe
Miliana und dem Cap Sidi-Bou-Said. Die armen Einwohner be-
nutzen dieſen Goldſand noch jetzt. Dureau de la Malle, Rech. ſur la
Topographie de Carthage 1835 p. 251.
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