Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Humboldt, Alexander von: Vorwort von Alexander von Humboldt; Über einige sehr wichtige Punkte der Geographie Guayana's von Alexander von Humboldt. In: Schomburgk, O. A.: Robert Hermann Schomburgk's Reisen in Guiana und am Orinoko während der Jahre 1835-1839. Leipzig, 1841, S. XV-XXIII; S. 1-39.

Bild:
<< vorherige Seite

und nach zu einem Binnenmeer (die Laguna Parime oder
Roponowini des Jodocus Hondius) vergrössert. In dem
Jahre, wo ich diese Zeilen schreibe, tragen noch viele
ganz neue Karten Spuren von dieser alten geographischen
Mythe, wie sie auch die Mythe von einem grossen Plateau
in Central-Asien, das sich ununterbrochen vom Hima-
layagebirge bis zum Altaigebirge fortziehen soll, gewissen-
haft fortpflanzen.

Das zweite Dorado, das östliche, kann mit dem Namen
Dorado de la Parime oder Raleigh's bezeichnet werden:
denn dieser grosse Mann unternahm von 1595 bis 1617
vier Expeditionen auf dem untern Orinoko. Er war ge-
wiss selbst hintergangen; aber wenn es sich darum han-
delte, die Einbildungskraft der Königin Elisabeth zu ent-
flammen und die Pläne seiner ehrgeizigen Politik in Aus-
führung zu bringen, dann vernachlässigte er keinen
Kunstgriff der raffinirtesten Schmeichelei. Er schilderte
der Königin das Entzücken dieser barbarischen Völker
beim Anblick ihres Bildes; er will, dass der Name der
erhabenen Jungfrau, welche Königreiche zu besiegen
weiss, bis zu den Landen der kriegerischen Weiber
(Amazonen) in Guyana gelange; er versichert, dass zu der
Zeit, wo die Spanier den Thron des Cuzco gestürzt, eine
alte Prophezeihung aufgefunden worden sei, nach wel-
cher die Dynastie der Inkas ihre Wiederherstellung eines
Tages Grossbritannien verdanken werde; er gibt den
Rath, unter dem Vorwande das Land gegen äussere Feinde
zu vertheidigen, alle drei oder vier englische Meilen in
die Städte des Inka Garnisonen zu legen und diesen Für-
sten für solch grossmüthigen Schutz zur Abtragung eines

2*

und nach zu einem Binnenmeer (die Laguna Parime oder
Roponowini des Jodocus Hondius) vergrössert. In dem
Jahre, wo ich diese Zeilen schreibe, tragen noch viele
ganz neue Karten Spuren von dieser alten geographischen
Mythe, wie sie auch die Mythe von einem grossen Plateau
in Central-Asien, das sich ununterbrochen vom Hima-
layagebirge bis zum Altaigebirge fortziehen soll, gewissen-
haft fortpflanzen.

Das zweite Dorado, das östliche, kann mit dem Namen
Dorado de la Parime oder Raleigh's bezeichnet werden:
denn dieser grosse Mann unternahm von 1595 bis 1617
vier Expeditionen auf dem untern Orinoko. Er war ge-
wiss selbst hintergangen; aber wenn es sich darum han-
delte, die Einbildungskraft der Königin Elisabeth zu ent-
flammen und die Pläne seiner ehrgeizigen Politik in Aus-
führung zu bringen, dann vernachlässigte er keinen
Kunstgriff der raffinirtesten Schmeichelei. Er schilderte
der Königin das Entzücken dieser barbarischen Völker
beim Anblick ihres Bildes; er will, dass der Name der
erhabenen Jungfrau, welche Königreiche zu besiegen
weiss, bis zu den Landen der kriegerischen Weiber
(Amazonen) in Guyana gelange; er versichert, dass zu der
Zeit, wo die Spanier den Thron des Cuzco gestürzt, eine
alte Prophezeihung aufgefunden worden sei, nach wel-
cher die Dynastie der Inkas ihre Wiederherstellung eines
Tages Grossbritannien verdanken werde; er gibt den
Rath, unter dem Vorwande das Land gegen äussere Feinde
zu vertheidigen, alle drei oder vier englische Meilen in
die Städte des Inka Garnisonen zu legen und diesen Für-
sten für solch grossmüthigen Schutz zur Abtragung eines

2*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0031" n="19"/>
und nach zu einem Binnenmeer (die Laguna Parime oder<lb/>
Roponowini des Jodocus Hondius) vergrössert. In dem<lb/>
Jahre, wo ich diese Zeilen schreibe, tragen noch viele<lb/>
ganz neue Karten Spuren von dieser alten geographischen<lb/>
Mythe, wie sie auch die Mythe von einem grossen Plateau<lb/>
in Central-Asien, das sich ununterbrochen vom Hima-<lb/>
layagebirge bis zum Altaigebirge fortziehen soll, gewissen-<lb/>
haft fortpflanzen.</p><lb/>
        <p>Das zweite Dorado, das östliche, kann mit dem Namen<lb/>
Dorado de la Parime oder Raleigh's bezeichnet werden:<lb/>
denn dieser grosse Mann unternahm von 1595 bis 1617<lb/>
vier Expeditionen auf dem untern Orinoko. Er war ge-<lb/>
wiss selbst hintergangen; aber wenn es sich darum han-<lb/>
delte, die Einbildungskraft der Königin Elisabeth zu ent-<lb/>
flammen und die Pläne seiner ehrgeizigen Politik in Aus-<lb/>
führung zu bringen, dann vernachlässigte er keinen<lb/>
Kunstgriff der raffinirtesten Schmeichelei. Er schilderte<lb/>
der Königin das Entzücken dieser barbarischen Völker<lb/>
beim Anblick ihres Bildes; er will, dass der Name der<lb/>
erhabenen Jungfrau, welche Königreiche zu besiegen<lb/>
weiss, bis zu den Landen der kriegerischen Weiber<lb/>
(Amazonen) in Guyana gelange; er versichert, dass zu der<lb/>
Zeit, wo die Spanier den Thron des Cuzco gestürzt, eine<lb/>
alte Prophezeihung aufgefunden worden sei, nach wel-<lb/>
cher die Dynastie der Inkas ihre Wiederherstellung eines<lb/>
Tages Grossbritannien verdanken werde; er gibt den<lb/>
Rath, unter dem Vorwande das Land gegen äussere Feinde<lb/>
zu vertheidigen, alle drei oder vier englische Meilen in<lb/>
die Städte des Inka Garnisonen zu legen und diesen Für-<lb/>
sten für solch grossmüthigen Schutz zur Abtragung eines<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">2*</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[19/0031] und nach zu einem Binnenmeer (die Laguna Parime oder Roponowini des Jodocus Hondius) vergrössert. In dem Jahre, wo ich diese Zeilen schreibe, tragen noch viele ganz neue Karten Spuren von dieser alten geographischen Mythe, wie sie auch die Mythe von einem grossen Plateau in Central-Asien, das sich ununterbrochen vom Hima- layagebirge bis zum Altaigebirge fortziehen soll, gewissen- haft fortpflanzen. Das zweite Dorado, das östliche, kann mit dem Namen Dorado de la Parime oder Raleigh's bezeichnet werden: denn dieser grosse Mann unternahm von 1595 bis 1617 vier Expeditionen auf dem untern Orinoko. Er war ge- wiss selbst hintergangen; aber wenn es sich darum han- delte, die Einbildungskraft der Königin Elisabeth zu ent- flammen und die Pläne seiner ehrgeizigen Politik in Aus- führung zu bringen, dann vernachlässigte er keinen Kunstgriff der raffinirtesten Schmeichelei. Er schilderte der Königin das Entzücken dieser barbarischen Völker beim Anblick ihres Bildes; er will, dass der Name der erhabenen Jungfrau, welche Königreiche zu besiegen weiss, bis zu den Landen der kriegerischen Weiber (Amazonen) in Guyana gelange; er versichert, dass zu der Zeit, wo die Spanier den Thron des Cuzco gestürzt, eine alte Prophezeihung aufgefunden worden sei, nach wel- cher die Dynastie der Inkas ihre Wiederherstellung eines Tages Grossbritannien verdanken werde; er gibt den Rath, unter dem Vorwande das Land gegen äussere Feinde zu vertheidigen, alle drei oder vier englische Meilen in die Städte des Inka Garnisonen zu legen und diesen Für- sten für solch grossmüthigen Schutz zur Abtragung eines 2*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Weitere Informationen:

Eine weitere Fassung dieses Textes finden Sie in der Ausgabe Sämtliche Schriften digital (2021 ff.) der Universität Bern.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_vorwort_1841
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_vorwort_1841/31
Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Vorwort von Alexander von Humboldt; Über einige sehr wichtige Punkte der Geographie Guayana's von Alexander von Humboldt. In: Schomburgk, O. A.: Robert Hermann Schomburgk's Reisen in Guiana und am Orinoko während der Jahre 1835-1839. Leipzig, 1841, S. XV-XXIII; S. 1-39, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_vorwort_1841/31>, abgerufen am 30.04.2024.