schöfen, Priestern, Mönchen, Missionaren und Je- suiten. Der Rabbi Akkiva verlachte alle, die wi- der das sechste Gebot gesündiget hatten. Einst erschien ihm der Teufel auf dem Gipfel eines Palm- baums in Gestalt eines schönen reizenden Mäd- chens. Der fromme Rabbi kletterte mühsam zu der vermeintlichen Huldin hinauf; allein kaum hatte er die Mitte des Baums erreicht, als der Teufel ihm zurief: Spräche nicht eine Stimme vom Himmel zu mir: gehe säuberlich um mit dem Rabbi Akkiva und mit seinem Gesetz; so würde ich dein Leben kei- ne zwei Pfenninge werth achten. *)
Ein Aehnliches begegnete dem Rabbi Meir. Er befand sich einmal an einem Strom, über welchen keine Brücke führte. Da erblickte er am jenseitigen Ufer den Satan in schöner Frauen-Gestalt. Er watete also durch den reissenden Fluß. Als er aber in der Mitte war, rief der Satan ihm zu: "Hörte ich nicht eine Stimme im Himmel, welche spricht: Gebet Achtung auf den Rabbi Meir und auf sein Gesetz; ich würde für deine Seele keine zwei Pfen- ninge zahlen." Dieser Rabbi war so verliebt, daß er sich nicht getrauete, mit feiner eigenen Tochter allein zu seyn, und deßhalb sehr oft seine Hausge- nossen bat, ihn und seine Tochter nicht aus den Augen zu lassen. Nicht besser gieng es dem Rab- bi Tarpon mit der Frau seines Sohnes. **)
*) M. s. die talmud. Schrift Kidduschin.
**) Ebendaselbst.
ſchoͤfen, Prieſtern, Moͤnchen, Miſſionaren und Je- ſuiten. Der Rabbi Akkiva verlachte alle, die wi- der das ſechste Gebot geſuͤndiget hatten. Einſt erſchien ihm der Teufel auf dem Gipfel eines Palm- baums in Geſtalt eines ſchoͤnen reizenden Maͤd- chens. Der fromme Rabbi kletterte muͤhſam zu der vermeintlichen Huldin hinauf; allein kaum hatte er die Mitte des Baums erreicht, als der Teufel ihm zurief: Spraͤche nicht eine Stimme vom Himmel zu mir: gehe ſaͤuberlich um mit dem Rabbi Akkiva und mit ſeinem Geſetz; ſo wuͤrde ich dein Leben kei- ne zwei Pfenninge werth achten. *)
Ein Aehnliches begegnete dem Rabbi Meir. Er befand ſich einmal an einem Strom, uͤber welchen keine Bruͤcke fuͤhrte. Da erblickte er am jenſeitigen Ufer den Satan in ſchoͤner Frauen-Geſtalt. Er watete alſo durch den reiſſenden Fluß. Als er aber in der Mitte war, rief der Satan ihm zu: „Hoͤrte ich nicht eine Stimme im Himmel, welche ſpricht: Gebet Achtung auf den Rabbi Meir und auf ſein Geſetz; ich wuͤrde fuͤr deine Seele keine zwei Pfen- ninge zahlen.‟ Dieſer Rabbi war ſo verliebt, daß er ſich nicht getrauete, mit feiner eigenen Tochter allein zu ſeyn, und deßhalb ſehr oft ſeine Hausge- noſſen bat, ihn und ſeine Tochter nicht aus den Augen zu laſſen. Nicht beſſer gieng es dem Rab- bi Tarpon mit der Frau ſeines Sohnes. **)
*) M. ſ. die talmud. Schrift Kidduſchin.
**) Ebendaſelbſt.
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ſchoͤfen, Prieſtern, Moͤnchen, Miſſionaren und Je-
ſuiten. Der Rabbi Akkiva verlachte alle, die wi-
der das ſechste Gebot geſuͤndiget hatten. Einſt
erſchien ihm der Teufel auf dem Gipfel eines Palm-
baums in Geſtalt eines ſchoͤnen reizenden Maͤd-
chens. Der fromme Rabbi kletterte muͤhſam zu der
vermeintlichen Huldin hinauf; allein kaum hatte er
die Mitte des Baums erreicht, als der Teufel ihm
zurief: Spraͤche nicht eine Stimme vom Himmel
zu mir: gehe ſaͤuberlich um mit dem Rabbi Akkiva
und mit ſeinem Geſetz; ſo wuͤrde ich dein Leben kei-
ne zwei Pfenninge werth achten. *)
Ein Aehnliches begegnete dem Rabbi Meir. Er
befand ſich einmal an einem Strom, uͤber welchen
keine Bruͤcke fuͤhrte. Da erblickte er am jenſeitigen
Ufer den Satan in ſchoͤner Frauen-Geſtalt. Er
watete alſo durch den reiſſenden Fluß. Als er aber
in der Mitte war, rief der Satan ihm zu: „Hoͤrte
ich nicht eine Stimme im Himmel, welche ſpricht:
Gebet Achtung auf den Rabbi Meir und auf ſein
Geſetz; ich wuͤrde fuͤr deine Seele keine zwei Pfen-
ninge zahlen.‟ Dieſer Rabbi war ſo verliebt, daß
er ſich nicht getrauete, mit feiner eigenen Tochter
allein zu ſeyn, und deßhalb ſehr oft ſeine Hausge-
noſſen bat, ihn und ſeine Tochter nicht aus den
Augen zu laſſen. Nicht beſſer gieng es dem Rab-
bi Tarpon mit der Frau ſeines Sohnes. **)
*) M. ſ. die talmud. Schrift Kidduſchin.
**) Ebendaſelbſt.
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 1. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule01_1822/131>, abgerufen am 21.11.2024.
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