lohnt, wenn er einen Unglücklichen retten, einen Leidenden trösten, einen Betrübten erfreuen kann? Wer wird den Mann nicht lieben, nicht ehren, der seinem Feinde freundlich und brüderlich die Hand zur Versöhnung reicht, und wenn denselben hungert und dürstet, gerne seinen Labetrunk und seinen letz- ten Bissen Brods mit ihm theilt? So ist der Sinn und die Empfänglichkeit nicht nur für diese, sondern für alle Tugenden, welche der Heiland uns lehrte, in unsere Brust gepflanzt. Seine Religion war unter allen die göttlichste und die mensch- lichste zugleich. Nur ein verderbtes Gemüth kann ih- re Göttlichkeit bezweifeln; nur ein verstocktes Herz fodert übernatürliche Beweise derselben, weil das Göttliche ihm fremd oder doch entfremdet ist.
Ja wahrlich! Das Christenthum war die köst- lichste Blume des Himmels, welche jemals auf Er- den verpflanzt ward; aber der Boden und die Jahr- zeit waren zu rauh, die ersten Pfleger zu unwissend und roh, als daß sie in himmlischer Schöne so hät- te aufblühen können, wie der erhabene Gärtner es wünschte. Hätten sich in den Jahrhunderten unter den Verbreitern des Christenthums Menschen befun- den, die an Kraft, Geist und Sinnesreinheit dem göttlichen Erlöser näher und inniger verwandt ge- wesen wären; gewiß hätte es sich dann länger in seiner einfachen Urschönheit erhalten; aber schwerlich würde es sich so schnell ausgebreitet haben, als es durch irdischen Prunk, glänzende Formen und kalte
lohnt, wenn er einen Ungluͤcklichen retten, einen Leidenden troͤſten, einen Betruͤbten erfreuen kann? Wer wird den Mann nicht lieben, nicht ehren, der ſeinem Feinde freundlich und bruͤderlich die Hand zur Verſoͤhnung reicht, und wenn denſelben hungert und duͤrſtet, gerne ſeinen Labetrunk und ſeinen letz- ten Biſſen Brods mit ihm theilt? So iſt der Sinn und die Empfaͤnglichkeit nicht nur fuͤr dieſe, ſondern fuͤr alle Tugenden, welche der Heiland uns lehrte, in unſere Bruſt gepflanzt. Seine Religion war unter allen die goͤttlichſte und die menſch- lichſte zugleich. Nur ein verderbtes Gemuͤth kann ih- re Goͤttlichkeit bezweifeln; nur ein verſtocktes Herz fodert uͤbernatuͤrliche Beweiſe derſelben, weil das Goͤttliche ihm fremd oder doch entfremdet iſt.
Ja wahrlich! Das Chriſtenthum war die koͤſt- lichſte Blume des Himmels, welche jemals auf Er- den verpflanzt ward; aber der Boden und die Jahr- zeit waren zu rauh, die erſten Pfleger zu unwiſſend und roh, als daß ſie in himmliſcher Schoͤne ſo haͤt- te aufbluͤhen koͤnnen, wie der erhabene Gaͤrtner es wuͤnſchte. Haͤtten ſich in den Jahrhunderten unter den Verbreitern des Chriſtenthums Menſchen befun- den, die an Kraft, Geiſt und Sinnesreinheit dem goͤttlichen Erloͤſer naͤher und inniger verwandt ge- weſen waͤren; gewiß haͤtte es ſich dann laͤnger in ſeiner einfachen Urſchoͤnheit erhalten; aber ſchwerlich wuͤrde es ſich ſo ſchnell ausgebreitet haben, als es durch irdiſchen Prunk, glaͤnzende Formen und kalte
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lohnt, wenn er einen Ungluͤcklichen retten, einen
Leidenden troͤſten, einen Betruͤbten erfreuen kann?
Wer wird den Mann nicht lieben, nicht ehren, der
ſeinem Feinde freundlich und bruͤderlich die Hand
zur Verſoͤhnung reicht, und wenn denſelben hungert
und duͤrſtet, gerne ſeinen Labetrunk und ſeinen letz-
ten Biſſen Brods mit ihm theilt? So iſt der Sinn
und die Empfaͤnglichkeit nicht nur fuͤr dieſe, ſondern
fuͤr alle Tugenden, welche der Heiland uns lehrte,
in unſere Bruſt gepflanzt. Seine Religion war
unter allen die goͤttlichſte und die menſch-
lichſte zugleich. Nur ein verderbtes Gemuͤth kann ih-
re Goͤttlichkeit bezweifeln; nur ein verſtocktes Herz
fodert uͤbernatuͤrliche Beweiſe derſelben, weil das
Goͤttliche ihm fremd oder doch entfremdet iſt.
Ja wahrlich! Das Chriſtenthum war die koͤſt-
lichſte Blume des Himmels, welche jemals auf Er-
den verpflanzt ward; aber der Boden und die Jahr-
zeit waren zu rauh, die erſten Pfleger zu unwiſſend
und roh, als daß ſie in himmliſcher Schoͤne ſo haͤt-
te aufbluͤhen koͤnnen, wie der erhabene Gaͤrtner es
wuͤnſchte. Haͤtten ſich in den Jahrhunderten unter
den Verbreitern des Chriſtenthums Menſchen befun-
den, die an Kraft, Geiſt und Sinnesreinheit dem
goͤttlichen Erloͤſer naͤher und inniger verwandt ge-
weſen waͤren; gewiß haͤtte es ſich dann laͤnger in
ſeiner einfachen Urſchoͤnheit erhalten; aber ſchwerlich
wuͤrde es ſich ſo ſchnell ausgebreitet haben, als es
durch irdiſchen Prunk, glaͤnzende Formen und kalte
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 1. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule01_1822/64>, abgerufen am 21.11.2024.
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