des Herrn mit starkem und gemischtem Wein ge- füllt; und er hat ihn geneigt von einer Seite zur andern *).
Glücklicher Weise ist das höchste Wesen kein so grimmiger Gott, als die Eiferer fast der meisten Glaubenssekten einander drohen; sonst wären sie schon alle von der Erde vertilgt. Welchen Gefallen kann aber der gütige, allliebende Vater im Himmel daran haben, wenn ein Theil seiner Kinder ihn gegen die übrigen durch stürmische Gebete zum Zorn zu entflammen sucht? Muß er nicht den Betenden mit Unwillen betrachten, und seine racheschnauben- den Psalme mit Abscheu hören? Diesen giftigen, gehäßigen und eifernden Ton, der noch jetzt in allen israelitischen, und leider sogar in manchen christlichen Gebeten herrscht, führte zuerst oder doch hauptsächlich der verächtliche David ein, der, wo wir nicht irren, mehr noch als die meisten seiner Feinde der Nachsicht des höchsten Richters bedurfte.
Hier muß ich bemerken, daß Kirchner **), Jun-
*) R. Bechai a. a. O. Man vergleiche Jeremias Kap. 25. V. 15 und 51. V. 7, Psalm 10. V. 6. und Psalm 74. V. 9.
**) Kirchner war von der jüdischen zur christlichen Religion übergetreten, und verdient daher wohl Glauben. Allein sein Buch verräth so wenig Kennt- niß des Talmuds und ist mit solcher Verworrenheit abgefaßt, daß es schwer ist, sich daraus eine voll-
des Herrn mit ſtarkem und gemiſchtem Wein ge- fuͤllt; und er hat ihn geneigt von einer Seite zur andern *).
Gluͤcklicher Weiſe iſt das hoͤchſte Weſen kein ſo grimmiger Gott, als die Eiferer faſt der meiſten Glaubensſekten einander drohen; ſonſt waͤren ſie ſchon alle von der Erde vertilgt. Welchen Gefallen kann aber der guͤtige, allliebende Vater im Himmel daran haben, wenn ein Theil ſeiner Kinder ihn gegen die uͤbrigen durch ſtuͤrmiſche Gebete zum Zorn zu entflammen ſucht? Muß er nicht den Betenden mit Unwillen betrachten, und ſeine racheſchnauben- den Pſalme mit Abſcheu hoͤren? Dieſen giftigen, gehaͤßigen und eifernden Ton, der noch jetzt in allen iſraelitiſchen, und leider ſogar in manchen chriſtlichen Gebeten herrſcht, fuͤhrte zuerſt oder doch hauptſaͤchlich der veraͤchtliche David ein, der, wo wir nicht irren, mehr noch als die meiſten ſeiner Feinde der Nachſicht des hoͤchſten Richters bedurfte.
Hier muß ich bemerken, daß Kirchner **), Jun-
*) R. Bechai a. a. O. Man vergleiche Jeremias Kap. 25. V. 15 und 51. V. 7, Pſalm 10. V. 6. und Pſalm 74. V. 9.
**) Kirchner war von der juͤdiſchen zur chriſtlichen Religion uͤbergetreten, und verdient daher wohl Glauben. Allein ſein Buch verraͤth ſo wenig Kennt- niß des Talmuds und iſt mit ſolcher Verworrenheit abgefaßt, daß es ſchwer iſt, ſich daraus eine voll-
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des Herrn mit ſtarkem und gemiſchtem Wein ge-
fuͤllt; und er hat ihn geneigt von einer Seite zur
andern *).
Gluͤcklicher Weiſe iſt das hoͤchſte Weſen kein ſo
grimmiger Gott, als die Eiferer faſt der meiſten
Glaubensſekten einander drohen; ſonſt waͤren ſie
ſchon alle von der Erde vertilgt. Welchen Gefallen
kann aber der guͤtige, allliebende Vater im Himmel
daran haben, wenn ein Theil ſeiner Kinder ihn
gegen die uͤbrigen durch ſtuͤrmiſche Gebete zum Zorn
zu entflammen ſucht? Muß er nicht den Betenden
mit Unwillen betrachten, und ſeine racheſchnauben-
den Pſalme mit Abſcheu hoͤren? Dieſen giftigen,
gehaͤßigen und eifernden Ton, der noch jetzt in
allen iſraelitiſchen, und leider ſogar in manchen
chriſtlichen Gebeten herrſcht, fuͤhrte zuerſt oder doch
hauptſaͤchlich der veraͤchtliche David ein, der, wo
wir nicht irren, mehr noch als die meiſten ſeiner
Feinde der Nachſicht des hoͤchſten Richters bedurfte.
Hier muß ich bemerken, daß Kirchner **), Jun-
*) R. Bechai a. a. O. Man vergleiche Jeremias
Kap. 25. V. 15 und 51. V. 7, Pſalm 10. V. 6.
und Pſalm 74. V. 9.
**) Kirchner war von der juͤdiſchen zur chriſtlichen
Religion uͤbergetreten, und verdient daher wohl
Glauben. Allein ſein Buch verraͤth ſo wenig Kennt-
niß des Talmuds und iſt mit ſolcher Verworrenheit
abgefaßt, daß es ſchwer iſt, ſich daraus eine voll-
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 317. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822/317>, abgerufen am 14.06.2024.
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