Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822.gehalten; indessen darf man doch keine Arbeiten des gewöhnlichen Gewerbes verrichten. Blos solche Geschäfte sind erlaubt, durch deren Unterlassung ein augenscheinlicher Nachtheil entstehen würde, und die eigentlich nicht als wirkliche Erwerbzweige zu betrachten sind, z. B. das Melken der Kühe und dergleichen. Alle übrigen Arbeiten, als Acker- und Gartenbau, Spinnen, Nähen, Weben u. s. w. sind verboten. Mit dem Schachern, Wuchern, Geld- zählen und Stehlen wird es in Berlin, Frankfurt, Strasburg und Paris von gebildeten und aufge- klärten Juden während dieser halben Feiertage so strenge nicht genommen, weil unser Verkehr sonst zu sehr leiden würde, und das Geld doch immer besser ist, als das Gesetz. Auch darf man einem Kinde, nur keinem Alten, die Haare abschneiden, Messer wetzen, Leinwand glätten, Tisch- und Kü- chengeschirre reinigen und dergleichen. Das Waschen von Kleidungsstücken u. s. w. ist, mit Ausschluß der Kinderwindeln, strenge verboten; wer aber nicht mehr, als ein Hemde hat, darf es sich waschen, doch muß dies im Verborgenen geschehen. Eine wichtige und schwierige Frage, worüber die jüdi- schen Gottesgelehrten sich sehr die Köpfe zerbrachen, und viele Ballen Papier verschrieben, war es: ob man sich an den halben Osterfeiertagen die Nägel beschneiden dürfe, oder nicht. Freisinnige Neologen erlaubten es, allein die Orthodoxen behielten, wie gehalten; indeſſen darf man doch keine Arbeiten des gewoͤhnlichen Gewerbes verrichten. Blos ſolche Geſchaͤfte ſind erlaubt, durch deren Unterlaſſung ein augenſcheinlicher Nachtheil entſtehen wuͤrde, und die eigentlich nicht als wirkliche Erwerbzweige zu betrachten ſind, z. B. das Melken der Kuͤhe und dergleichen. Alle uͤbrigen Arbeiten, als Acker- und Gartenbau, Spinnen, Naͤhen, Weben u. ſ. w. ſind verboten. Mit dem Schachern, Wuchern, Geld- zaͤhlen und Stehlen wird es in Berlin, Frankfurt, Strasburg und Paris von gebildeten und aufge- klaͤrten Juden waͤhrend dieſer halben Feiertage ſo ſtrenge nicht genommen, weil unſer Verkehr ſonſt zu ſehr leiden wuͤrde, und das Geld doch immer beſſer iſt, als das Geſetz. Auch darf man einem Kinde, nur keinem Alten, die Haare abſchneiden, Meſſer wetzen, Leinwand glaͤtten, Tiſch- und Kuͤ- chengeſchirre reinigen und dergleichen. Das Waſchen von Kleidungsſtuͤcken u. ſ. w. iſt, mit Ausſchluß der Kinderwindeln, ſtrenge verboten; wer aber nicht mehr, als ein Hemde hat, darf es ſich waſchen, doch muß dies im Verborgenen geſchehen. Eine wichtige und ſchwierige Frage, woruͤber die juͤdi- ſchen Gottesgelehrten ſich ſehr die Koͤpfe zerbrachen, und viele Ballen Papier verſchrieben, war es: ob man ſich an den halben Oſterfeiertagen die Naͤgel beſchneiden duͤrfe, oder nicht. Freiſinnige Neologen erlaubten es, allein die Orthodoxen behielten, wie <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0325" n="325"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> gehalten; indeſſen darf man doch keine Arbeiten<lb/> des gewoͤhnlichen Gewerbes verrichten. Blos ſolche<lb/> Geſchaͤfte ſind erlaubt, durch deren Unterlaſſung<lb/> ein augenſcheinlicher Nachtheil entſtehen wuͤrde, und<lb/> die eigentlich nicht als wirkliche Erwerbzweige zu<lb/> betrachten ſind, z. B. das Melken der Kuͤhe und<lb/> dergleichen. Alle uͤbrigen Arbeiten, als Acker- und<lb/> Gartenbau, Spinnen, Naͤhen, Weben u. ſ. w.<lb/> ſind verboten. Mit dem Schachern, Wuchern, Geld-<lb/> zaͤhlen und Stehlen wird es in Berlin, Frankfurt,<lb/> Strasburg und Paris von gebildeten und aufge-<lb/> klaͤrten Juden waͤhrend dieſer halben Feiertage ſo<lb/> ſtrenge nicht genommen, weil unſer Verkehr ſonſt<lb/> zu ſehr leiden wuͤrde, und das Geld doch immer<lb/> beſſer iſt, als das Geſetz. Auch darf man einem<lb/> Kinde, nur keinem Alten, die Haare abſchneiden,<lb/> Meſſer wetzen, Leinwand glaͤtten, Tiſch- und Kuͤ-<lb/> chengeſchirre reinigen und dergleichen. Das Waſchen<lb/> von Kleidungsſtuͤcken u. ſ. w. iſt, mit Ausſchluß<lb/> der Kinderwindeln, ſtrenge verboten; wer aber nicht<lb/> mehr, als ein Hemde hat, darf es ſich waſchen,<lb/> doch muß dies im Verborgenen geſchehen. Eine<lb/> wichtige und ſchwierige Frage, woruͤber die juͤdi-<lb/> ſchen Gottesgelehrten ſich ſehr die Koͤpfe zerbrachen,<lb/> und viele Ballen Papier verſchrieben, war es: ob<lb/> man ſich an den halben Oſterfeiertagen die Naͤgel<lb/> beſchneiden duͤrfe, oder nicht. Freiſinnige Neologen<lb/> erlaubten es, allein die Orthodoxen behielten, wie<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [325/0325]
gehalten; indeſſen darf man doch keine Arbeiten
des gewoͤhnlichen Gewerbes verrichten. Blos ſolche
Geſchaͤfte ſind erlaubt, durch deren Unterlaſſung
ein augenſcheinlicher Nachtheil entſtehen wuͤrde, und
die eigentlich nicht als wirkliche Erwerbzweige zu
betrachten ſind, z. B. das Melken der Kuͤhe und
dergleichen. Alle uͤbrigen Arbeiten, als Acker- und
Gartenbau, Spinnen, Naͤhen, Weben u. ſ. w.
ſind verboten. Mit dem Schachern, Wuchern, Geld-
zaͤhlen und Stehlen wird es in Berlin, Frankfurt,
Strasburg und Paris von gebildeten und aufge-
klaͤrten Juden waͤhrend dieſer halben Feiertage ſo
ſtrenge nicht genommen, weil unſer Verkehr ſonſt
zu ſehr leiden wuͤrde, und das Geld doch immer
beſſer iſt, als das Geſetz. Auch darf man einem
Kinde, nur keinem Alten, die Haare abſchneiden,
Meſſer wetzen, Leinwand glaͤtten, Tiſch- und Kuͤ-
chengeſchirre reinigen und dergleichen. Das Waſchen
von Kleidungsſtuͤcken u. ſ. w. iſt, mit Ausſchluß
der Kinderwindeln, ſtrenge verboten; wer aber nicht
mehr, als ein Hemde hat, darf es ſich waſchen,
doch muß dies im Verborgenen geſchehen. Eine
wichtige und ſchwierige Frage, woruͤber die juͤdi-
ſchen Gottesgelehrten ſich ſehr die Koͤpfe zerbrachen,
und viele Ballen Papier verſchrieben, war es: ob
man ſich an den halben Oſterfeiertagen die Naͤgel
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