Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822.

Bild:
<< vorherige Seite



gleichen wollen, der einem gefangenen Fürsten ver-
spricht, ihn nach einer bestimmten Anzahl von Wochen
in Freiheit zu setzen, und ihm sogar seine eigene
Tochter zur Gemahlin zu geben. Der fürstliche
Gefangene zählt dann voll heisser Sehnsucht Wochen
und Tage, wo er die Freiheit erhalten, und die
königliche Prinzessin an sein liebevolles Herz drücken
soll, und so zählen Jsraels Kinder gleichfalls. Der
gefangene Fürst ist natürlich kein anderer als Abra-
hams durchlauchtiger Saame, und die holde könig-
liche Braut ist die Thorah oder das Gesetz.

Die letztere wird am fünften Sivan auf das
Kostbarste mit Gold, Perlen und Edelgesteinen und
mit duftenden Kränzen behangen. Synagogen,
Häuser und Zimmer ziert man gleichfalls mit Maien
und Blumenguirlanden, mit Citronen und andern
schönen und seltenen Früchten; und Jsraels reizende
Töchter schmücken ihr glänzendes wolligtes Raben-
haar und den vollen, dukatenfarbenen Busen mit
Rosen, Nelken und -- Vergißmeinnicht. Alle,
Greise und Jünglinge, Männer und Kinder, Frauen
und Mädchen gehen froh, stolz und feierlich in
Hochzeitkleidern einher.

Die Abendandacht (Minchah) ist die gewöhn-
liche. Erst nach dem Nachtessen beginnen in der
Synagoge die eigentlichen Feierlichkeiten Tikkunel
Schebuat,
Ordnung des Pfingstfestes genannt.
Das Gesetz wird zweimal aus der Arche gehoben,



gleichen wollen, der einem gefangenen Fuͤrſten ver-
ſpricht, ihn nach einer beſtimmten Anzahl von Wochen
in Freiheit zu ſetzen, und ihm ſogar ſeine eigene
Tochter zur Gemahlin zu geben. Der fuͤrſtliche
Gefangene zaͤhlt dann voll heiſſer Sehnſucht Wochen
und Tage, wo er die Freiheit erhalten, und die
koͤnigliche Prinzeſſin an ſein liebevolles Herz druͤcken
ſoll, und ſo zaͤhlen Jſraels Kinder gleichfalls. Der
gefangene Fuͤrſt iſt natuͤrlich kein anderer als Abra-
hams durchlauchtiger Saame, und die holde koͤnig-
liche Braut iſt die Thorah oder das Geſetz.

Die letztere wird am fuͤnften Sivan auf das
Koſtbarſte mit Gold, Perlen und Edelgeſteinen und
mit duftenden Kraͤnzen behangen. Synagogen,
Haͤuſer und Zimmer ziert man gleichfalls mit Maien
und Blumenguirlanden, mit Citronen und andern
ſchoͤnen und ſeltenen Fruͤchten; und Jſraels reizende
Toͤchter ſchmuͤcken ihr glaͤnzendes wolligtes Raben-
haar und den vollen, dukatenfarbenen Buſen mit
Roſen, Nelken und — Vergißmeinnicht. Alle,
Greiſe und Juͤnglinge, Maͤnner und Kinder, Frauen
und Maͤdchen gehen froh, ſtolz und feierlich in
Hochzeitkleidern einher.

Die Abendandacht (Minchah) iſt die gewoͤhn-
liche. Erſt nach dem Nachteſſen beginnen in der
Synagoge die eigentlichen Feierlichkeiten Tikkunel
Schebuat,
Ordnung des Pfingſtfeſtes genannt.
Das Geſetz wird zweimal aus der Arche gehoben,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0330" n="330"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
gleichen wollen, der einem gefangenen Fu&#x0364;r&#x017F;ten ver-<lb/>
&#x017F;pricht, ihn nach einer be&#x017F;timmten Anzahl von Wochen<lb/>
in Freiheit zu &#x017F;etzen, und ihm &#x017F;ogar &#x017F;eine eigene<lb/>
Tochter zur Gemahlin zu geben. Der fu&#x0364;r&#x017F;tliche<lb/>
Gefangene za&#x0364;hlt dann voll hei&#x017F;&#x017F;er Sehn&#x017F;ucht Wochen<lb/>
und Tage, wo er die Freiheit erhalten, und die<lb/>
ko&#x0364;nigliche Prinze&#x017F;&#x017F;in an &#x017F;ein liebevolles Herz dru&#x0364;cken<lb/>
&#x017F;oll, und &#x017F;o za&#x0364;hlen J&#x017F;raels Kinder gleichfalls. Der<lb/>
gefangene Fu&#x0364;r&#x017F;t i&#x017F;t natu&#x0364;rlich kein anderer als Abra-<lb/>
hams durchlauchtiger Saame, und die holde ko&#x0364;nig-<lb/>
liche Braut i&#x017F;t die Thorah oder das Ge&#x017F;etz.</p><lb/>
        <p>Die letztere wird am fu&#x0364;nften Sivan auf das<lb/>
Ko&#x017F;tbar&#x017F;te mit Gold, Perlen und Edelge&#x017F;teinen und<lb/>
mit duftenden Kra&#x0364;nzen behangen. Synagogen,<lb/>
Ha&#x0364;u&#x017F;er und Zimmer ziert man gleichfalls mit Maien<lb/>
und Blumenguirlanden, mit Citronen und andern<lb/>
&#x017F;cho&#x0364;nen und &#x017F;eltenen Fru&#x0364;chten; und J&#x017F;raels reizende<lb/>
To&#x0364;chter &#x017F;chmu&#x0364;cken ihr gla&#x0364;nzendes wolligtes Raben-<lb/>
haar und den vollen, dukatenfarbenen Bu&#x017F;en mit<lb/>
Ro&#x017F;en, Nelken und &#x2014; Vergißmeinnicht. Alle,<lb/>
Grei&#x017F;e und Ju&#x0364;nglinge, Ma&#x0364;nner und Kinder, Frauen<lb/>
und Ma&#x0364;dchen gehen froh, &#x017F;tolz und feierlich in<lb/>
Hochzeitkleidern einher.</p><lb/>
        <p>Die Abendandacht (Minchah) i&#x017F;t die gewo&#x0364;hn-<lb/>
liche. Er&#x017F;t nach dem Nachte&#x017F;&#x017F;en beginnen in der<lb/>
Synagoge die eigentlichen Feierlichkeiten <hi rendition="#g">Tikkunel<lb/>
Schebuat,</hi> Ordnung des Pfing&#x017F;tfe&#x017F;tes genannt.<lb/>
Das Ge&#x017F;etz wird zweimal aus der Arche gehoben,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[330/0330] gleichen wollen, der einem gefangenen Fuͤrſten ver- ſpricht, ihn nach einer beſtimmten Anzahl von Wochen in Freiheit zu ſetzen, und ihm ſogar ſeine eigene Tochter zur Gemahlin zu geben. Der fuͤrſtliche Gefangene zaͤhlt dann voll heiſſer Sehnſucht Wochen und Tage, wo er die Freiheit erhalten, und die koͤnigliche Prinzeſſin an ſein liebevolles Herz druͤcken ſoll, und ſo zaͤhlen Jſraels Kinder gleichfalls. Der gefangene Fuͤrſt iſt natuͤrlich kein anderer als Abra- hams durchlauchtiger Saame, und die holde koͤnig- liche Braut iſt die Thorah oder das Geſetz. Die letztere wird am fuͤnften Sivan auf das Koſtbarſte mit Gold, Perlen und Edelgeſteinen und mit duftenden Kraͤnzen behangen. Synagogen, Haͤuſer und Zimmer ziert man gleichfalls mit Maien und Blumenguirlanden, mit Citronen und andern ſchoͤnen und ſeltenen Fruͤchten; und Jſraels reizende Toͤchter ſchmuͤcken ihr glaͤnzendes wolligtes Raben- haar und den vollen, dukatenfarbenen Buſen mit Roſen, Nelken und — Vergißmeinnicht. Alle, Greiſe und Juͤnglinge, Maͤnner und Kinder, Frauen und Maͤdchen gehen froh, ſtolz und feierlich in Hochzeitkleidern einher. Die Abendandacht (Minchah) iſt die gewoͤhn- liche. Erſt nach dem Nachteſſen beginnen in der Synagoge die eigentlichen Feierlichkeiten Tikkunel Schebuat, Ordnung des Pfingſtfeſtes genannt. Das Geſetz wird zweimal aus der Arche gehoben,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822/330
Zitationshilfe: Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 330. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822/330>, abgerufen am 14.06.2024.