Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822.sechsten Sivan sind die neun und vierzig Zähltage oder sieben Wochen vollendet, und deshalb heißt dieser Tag Schebuas, die Wochen. Am Morgen wird auf eine possierliche Weise gebeichtet; man stellt sich nemlich in kaltes Wasser, spricht stehend ein Sündenbekenntniß, Asahamnu oder die Schuldbeichte genannt, und schlägt bei jedem Wort kräftig mit der rechten Hand auf die linke Brust, zum Zeichen herzlicher Reue. Ueberhaupt sind die Hebräer sehr bußfertig; jedesmal, wenn sie einen Regenbogen *) sehen, laufen sie aus ihren Häu- sern, bekennen Gott ihre Sünden, und versichern, daß sie sämmtlich verdienten, durch eine zweite Sündfluth ersäuft zu werden. Dies Geständniß ist freilich sehr wahr; aber nicht wieder sündigen, wäre doch besser. Ueberhaupt giebt es unter allen kirch- lichen Gebräuchen keinen, der lächerlicher wäre, als die Beichte. Sollte das höchste Wesen nicht ohne unser Bekenntniß es wissen, daß wir schwache, der Leidenschaft und dem Jrrthum unterworfene Men- schen sind? Können wir durch das sinnlose Her- plärren unsrer Thorheiten und Sünden wohl eine einzige ungeschehen machen, und die schlimmen Fol- gen derselben aufheben? Jn fast allen positiven Religionen findet man diese Albernheit, die durch *) Sie glauben im Regenbogen den Namen Jehovah
mit hebräischen Buchstaben zu lesen. ſechsten Sivan ſind die neun und vierzig Zaͤhltage oder ſieben Wochen vollendet, und deshalb heißt dieſer Tag Schebuas, die Wochen. Am Morgen wird auf eine poſſierliche Weiſe gebeichtet; man ſtellt ſich nemlich in kaltes Waſſer, ſpricht ſtehend ein Suͤndenbekenntniß, Aſahamnu oder die Schuldbeichte genannt, und ſchlaͤgt bei jedem Wort kraͤftig mit der rechten Hand auf die linke Bruſt, zum Zeichen herzlicher Reue. Ueberhaupt ſind die Hebraͤer ſehr bußfertig; jedesmal, wenn ſie einen Regenbogen *) ſehen, laufen ſie aus ihren Haͤu- ſern, bekennen Gott ihre Suͤnden, und verſichern, daß ſie ſaͤmmtlich verdienten, durch eine zweite Suͤndfluth erſaͤuft zu werden. Dies Geſtaͤndniß iſt freilich ſehr wahr; aber nicht wieder ſuͤndigen, waͤre doch beſſer. Ueberhaupt giebt es unter allen kirch- lichen Gebraͤuchen keinen, der laͤcherlicher waͤre, als die Beichte. Sollte das hoͤchſte Weſen nicht ohne unſer Bekenntniß es wiſſen, daß wir ſchwache, der Leidenſchaft und dem Jrrthum unterworfene Men- ſchen ſind? Koͤnnen wir durch das ſinnloſe Her- plaͤrren unſrer Thorheiten und Suͤnden wohl eine einzige ungeſchehen machen, und die ſchlimmen Fol- gen derſelben aufheben? Jn faſt allen poſitiven Religionen findet man dieſe Albernheit, die durch *) Sie glauben im Regenbogen den Namen Jehovah
mit hebraͤiſchen Buchſtaben zu leſen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0332" n="332"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> ſechsten Sivan ſind die neun und vierzig Zaͤhltage<lb/> oder ſieben Wochen vollendet, und deshalb heißt<lb/> dieſer Tag <hi rendition="#g">Schebuas,</hi> die Wochen. Am Morgen<lb/> wird auf eine poſſierliche Weiſe gebeichtet; man<lb/> ſtellt ſich nemlich in kaltes Waſſer, ſpricht ſtehend<lb/> ein Suͤndenbekenntniß, <hi rendition="#g">Aſahamnu</hi> oder die<lb/> Schuldbeichte genannt, und ſchlaͤgt bei jedem Wort<lb/> kraͤftig mit der rechten Hand auf die linke Bruſt,<lb/> zum Zeichen herzlicher Reue. Ueberhaupt ſind die<lb/> Hebraͤer ſehr bußfertig; jedesmal, wenn ſie einen<lb/> Regenbogen <note place="foot" n="*)">Sie glauben im Regenbogen den Namen Jehovah<lb/> mit hebraͤiſchen Buchſtaben zu leſen.</note> ſehen, laufen ſie aus ihren Haͤu-<lb/> ſern, bekennen Gott ihre Suͤnden, und verſichern,<lb/> daß ſie ſaͤmmtlich verdienten, durch eine zweite<lb/> Suͤndfluth erſaͤuft zu werden. Dies Geſtaͤndniß iſt<lb/> freilich ſehr wahr; aber nicht wieder ſuͤndigen, waͤre<lb/> doch beſſer. Ueberhaupt giebt es unter allen kirch-<lb/> lichen Gebraͤuchen keinen, der laͤcherlicher waͤre, als<lb/> die Beichte. Sollte das hoͤchſte Weſen nicht ohne<lb/> unſer Bekenntniß es wiſſen, daß wir ſchwache, der<lb/> Leidenſchaft und dem Jrrthum unterworfene Men-<lb/> ſchen ſind? Koͤnnen wir durch das ſinnloſe Her-<lb/> plaͤrren unſrer Thorheiten und Suͤnden wohl eine<lb/> einzige ungeſchehen machen, und die ſchlimmen Fol-<lb/> gen derſelben aufheben? Jn faſt allen poſitiven<lb/> Religionen findet man dieſe Albernheit, die durch<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [332/0332]
ſechsten Sivan ſind die neun und vierzig Zaͤhltage
oder ſieben Wochen vollendet, und deshalb heißt
dieſer Tag Schebuas, die Wochen. Am Morgen
wird auf eine poſſierliche Weiſe gebeichtet; man
ſtellt ſich nemlich in kaltes Waſſer, ſpricht ſtehend
ein Suͤndenbekenntniß, Aſahamnu oder die
Schuldbeichte genannt, und ſchlaͤgt bei jedem Wort
kraͤftig mit der rechten Hand auf die linke Bruſt,
zum Zeichen herzlicher Reue. Ueberhaupt ſind die
Hebraͤer ſehr bußfertig; jedesmal, wenn ſie einen
Regenbogen *) ſehen, laufen ſie aus ihren Haͤu-
ſern, bekennen Gott ihre Suͤnden, und verſichern,
daß ſie ſaͤmmtlich verdienten, durch eine zweite
Suͤndfluth erſaͤuft zu werden. Dies Geſtaͤndniß iſt
freilich ſehr wahr; aber nicht wieder ſuͤndigen, waͤre
doch beſſer. Ueberhaupt giebt es unter allen kirch-
lichen Gebraͤuchen keinen, der laͤcherlicher waͤre, als
die Beichte. Sollte das hoͤchſte Weſen nicht ohne
unſer Bekenntniß es wiſſen, daß wir ſchwache, der
Leidenſchaft und dem Jrrthum unterworfene Men-
ſchen ſind? Koͤnnen wir durch das ſinnloſe Her-
plaͤrren unſrer Thorheiten und Suͤnden wohl eine
einzige ungeſchehen machen, und die ſchlimmen Fol-
gen derſelben aufheben? Jn faſt allen poſitiven
Religionen findet man dieſe Albernheit, die durch
*) Sie glauben im Regenbogen den Namen Jehovah
mit hebraͤiſchen Buchſtaben zu leſen.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |