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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822.

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Nach den Berichten des Talmuds *) ward dies
Fest ehemals mit vielen Lustbarkeiten, besonders
mit Tanz und Saitenspiel von den Priestern und
dem Volke gefeiert, und noch jetzt ist es mehr der
Freude, als der ernstern Andacht geweihet.

Schon am Abend vorher, d. h. am letzten oder
achten Tage des Laubhüttenfestes nimmt der Vor-
leser oder Chasan nach beendigtem Abendgebet die
Gesetzbücher aus der Arche und geht, eins dersel-
ben unter dem Arm haltend, in der Synagoge
umher; andere folgen ihm auf gleiche Weise mit den
übrigen Gesetzbüchern. Darauf besteigt er den Al-
memor oder die Kanzel, schlägt die Vorlesung für
den folgenden Tag auf, spricht oder singt noch ei-
nige Gebete, und dann kehrt man heim.

Wenn Oertlichkeit und Polizei es gestatten,
wird am Morgen des Festes im Hofe der Syna-
goge ein Freudenfeuer angezündet, wozu man sich
des Holzes von den Laubhütten bedient. Nachher
werden im Tempel mit vielen Feierlichkeiten alle
Gesetzbücher aus der Arche genommen. So wie man
das letzte heraushebt, muß man wieder ein bren-
nendes Licht hinein setzen, denn die Arche darf nie
leer stehen; aber ein brennendes Wachslicht ist eben
so gut, wie das Gesetz, weil der weise König

*) M. s. die talmudische Abhandlung Succah oder
von den Laubhütten Kap. 5.


Nach den Berichten des Talmuds *) ward dies
Feſt ehemals mit vielen Luſtbarkeiten, beſonders
mit Tanz und Saitenſpiel von den Prieſtern und
dem Volke gefeiert, und noch jetzt iſt es mehr der
Freude, als der ernſtern Andacht geweihet.

Schon am Abend vorher, d. h. am letzten oder
achten Tage des Laubhuͤttenfeſtes nimmt der Vor-
leſer oder Chaſan nach beendigtem Abendgebet die
Geſetzbuͤcher aus der Arche und geht, eins derſel-
ben unter dem Arm haltend, in der Synagoge
umher; andere folgen ihm auf gleiche Weiſe mit den
uͤbrigen Geſetzbuͤchern. Darauf beſteigt er den Al-
memor oder die Kanzel, ſchlaͤgt die Vorleſung fuͤr
den folgenden Tag auf, ſpricht oder ſingt noch ei-
nige Gebete, und dann kehrt man heim.

Wenn Oertlichkeit und Polizei es geſtatten,
wird am Morgen des Feſtes im Hofe der Syna-
goge ein Freudenfeuer angezuͤndet, wozu man ſich
des Holzes von den Laubhuͤtten bedient. Nachher
werden im Tempel mit vielen Feierlichkeiten alle
Geſetzbuͤcher aus der Arche genommen. So wie man
das letzte heraushebt, muß man wieder ein bren-
nendes Licht hinein ſetzen, denn die Arche darf nie
leer ſtehen; aber ein brennendes Wachslicht iſt eben
ſo gut, wie das Geſetz, weil der weiſe Koͤnig

*) M. ſ. die talmudiſche Abhandlung Succah oder
von den Laubhuͤtten Kap. 5.
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[386/0386] Nach den Berichten des Talmuds *) ward dies Feſt ehemals mit vielen Luſtbarkeiten, beſonders mit Tanz und Saitenſpiel von den Prieſtern und dem Volke gefeiert, und noch jetzt iſt es mehr der Freude, als der ernſtern Andacht geweihet. Schon am Abend vorher, d. h. am letzten oder achten Tage des Laubhuͤttenfeſtes nimmt der Vor- leſer oder Chaſan nach beendigtem Abendgebet die Geſetzbuͤcher aus der Arche und geht, eins derſel- ben unter dem Arm haltend, in der Synagoge umher; andere folgen ihm auf gleiche Weiſe mit den uͤbrigen Geſetzbuͤchern. Darauf beſteigt er den Al- memor oder die Kanzel, ſchlaͤgt die Vorleſung fuͤr den folgenden Tag auf, ſpricht oder ſingt noch ei- nige Gebete, und dann kehrt man heim. Wenn Oertlichkeit und Polizei es geſtatten, wird am Morgen des Feſtes im Hofe der Syna- goge ein Freudenfeuer angezuͤndet, wozu man ſich des Holzes von den Laubhuͤtten bedient. Nachher werden im Tempel mit vielen Feierlichkeiten alle Geſetzbuͤcher aus der Arche genommen. So wie man das letzte heraushebt, muß man wieder ein bren- nendes Licht hinein ſetzen, denn die Arche darf nie leer ſtehen; aber ein brennendes Wachslicht iſt eben ſo gut, wie das Geſetz, weil der weiſe Koͤnig *) M. ſ. die talmudiſche Abhandlung Succah oder von den Laubhuͤtten Kap. 5.

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Zitationshilfe: Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 386. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822/386>, abgerufen am 22.11.2024.