Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822.

Bild:
<< vorherige Seite



Salomo, vor dessen Weisheit der Himmel alle Kö-
nige behüte, in seinen geistvollen Sprüchwörtern
sagt: das Gebot ist eine Leuchte, und das Gesetz
ist ein Licht.

Mit den Gesetzbüchern tanzen Jsraels lustige
Kinder dreimal um den Almemor oder die Kanzel
und in ihrer Kirche herum, und legen sie dann
wieder in die Arche, mit Ausschluß von dreien, die
sie zurück behalten. Aus diesen liest darauf einer
die erste, und ein Anderer die letzte Parascha. Der
erste Vorleser wird Bräutigam des Breschis
oder des Anfangs,
der zweite Bräutigam
der Torah oder des Gesetzes
genannt. Da-
für müssen nachher beide die Armen mit reichlichen
Almosen und ihre Freunde mit einer köstlichen
Mahlzeit erfreuen. Zur Herzstärkung der lieben
Jugend und zum ergötzenden Schauspiel der Alten
wird eine Menge Obst und Kuchenwerk in der Sy-
nagoge ausgeworfen, um welches sich die holden
Kleinen dann raufen, schlagen, kratzen, schimpfen
und beissen, daß es eine wahre Lust für die zärt-
lichen Eltern ist. Zu diesem Zweck bringt man an
manchen Orten ganze Tonnen voll Aepfel, Birnen,
Nüsse und dergleichen auf den Almemor, und weil
auch die Erwachsenen glauben, daß es heiliges
Obst sey, so bemühen sie sich nicht minder, etwas
davon zu erhaschen, und gerathen dabei gar oft
mit Fingern und Haaren in unangenehme Verwik-
kelungen.

33 *



Salomo, vor deſſen Weisheit der Himmel alle Koͤ-
nige behuͤte, in ſeinen geiſtvollen Spruͤchwoͤrtern
ſagt: das Gebot iſt eine Leuchte, und das Geſetz
iſt ein Licht.

Mit den Geſetzbuͤchern tanzen Jſraels luſtige
Kinder dreimal um den Almemor oder die Kanzel
und in ihrer Kirche herum, und legen ſie dann
wieder in die Arche, mit Ausſchluß von dreien, die
ſie zuruͤck behalten. Aus dieſen liest darauf einer
die erſte, und ein Anderer die letzte Paraſcha. Der
erſte Vorleſer wird Braͤutigam des Breſchis
oder des Anfangs,
der zweite Braͤutigam
der Torah oder des Geſetzes
genannt. Da-
fuͤr muͤſſen nachher beide die Armen mit reichlichen
Almoſen und ihre Freunde mit einer koͤſtlichen
Mahlzeit erfreuen. Zur Herzſtaͤrkung der lieben
Jugend und zum ergoͤtzenden Schauſpiel der Alten
wird eine Menge Obſt und Kuchenwerk in der Sy-
nagoge ausgeworfen, um welches ſich die holden
Kleinen dann raufen, ſchlagen, kratzen, ſchimpfen
und beiſſen, daß es eine wahre Luſt fuͤr die zaͤrt-
lichen Eltern iſt. Zu dieſem Zweck bringt man an
manchen Orten ganze Tonnen voll Aepfel, Birnen,
Nuͤſſe und dergleichen auf den Almemor, und weil
auch die Erwachſenen glauben, daß es heiliges
Obſt ſey, ſo bemuͤhen ſie ſich nicht minder, etwas
davon zu erhaſchen, und gerathen dabei gar oft
mit Fingern und Haaren in unangenehme Verwik-
kelungen.

33 *
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0387" n="387"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
Salomo, vor de&#x017F;&#x017F;en Weisheit der Himmel alle Ko&#x0364;-<lb/>
nige behu&#x0364;te, in &#x017F;einen gei&#x017F;tvollen Spru&#x0364;chwo&#x0364;rtern<lb/>
&#x017F;agt: das Gebot i&#x017F;t eine Leuchte, und das Ge&#x017F;etz<lb/>
i&#x017F;t ein Licht.</p><lb/>
        <p>Mit den Ge&#x017F;etzbu&#x0364;chern tanzen J&#x017F;raels lu&#x017F;tige<lb/>
Kinder dreimal um den Almemor oder die Kanzel<lb/>
und in ihrer Kirche herum, und legen &#x017F;ie dann<lb/>
wieder in die Arche, mit Aus&#x017F;chluß von dreien, die<lb/>
&#x017F;ie zuru&#x0364;ck behalten. Aus die&#x017F;en liest darauf einer<lb/>
die er&#x017F;te, und ein Anderer die letzte Para&#x017F;cha. Der<lb/>
er&#x017F;te Vorle&#x017F;er wird <hi rendition="#g">Bra&#x0364;utigam des Bre&#x017F;chis<lb/>
oder des Anfangs,</hi> der zweite <hi rendition="#g">Bra&#x0364;utigam<lb/>
der Torah oder des Ge&#x017F;etzes</hi> genannt. Da-<lb/>
fu&#x0364;r mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en nachher beide die Armen mit reichlichen<lb/>
Almo&#x017F;en und ihre Freunde mit einer ko&#x0364;&#x017F;tlichen<lb/>
Mahlzeit erfreuen. Zur Herz&#x017F;ta&#x0364;rkung der lieben<lb/>
Jugend und zum ergo&#x0364;tzenden Schau&#x017F;piel der Alten<lb/>
wird eine Menge Ob&#x017F;t und Kuchenwerk in der Sy-<lb/>
nagoge ausgeworfen, um welches &#x017F;ich die holden<lb/>
Kleinen dann raufen, &#x017F;chlagen, kratzen, &#x017F;chimpfen<lb/>
und bei&#x017F;&#x017F;en, daß es eine wahre Lu&#x017F;t fu&#x0364;r die za&#x0364;rt-<lb/>
lichen Eltern i&#x017F;t. Zu die&#x017F;em Zweck bringt man an<lb/>
manchen Orten ganze Tonnen voll Aepfel, Birnen,<lb/>
Nu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e und dergleichen auf den Almemor, und weil<lb/>
auch die Erwach&#x017F;enen glauben, daß es heiliges<lb/>
Ob&#x017F;t &#x017F;ey, &#x017F;o bemu&#x0364;hen &#x017F;ie &#x017F;ich nicht minder, etwas<lb/>
davon zu erha&#x017F;chen, und gerathen dabei gar oft<lb/>
mit Fingern und Haaren in unangenehme Verwik-<lb/>
kelungen.</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">33 *</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[387/0387] Salomo, vor deſſen Weisheit der Himmel alle Koͤ- nige behuͤte, in ſeinen geiſtvollen Spruͤchwoͤrtern ſagt: das Gebot iſt eine Leuchte, und das Geſetz iſt ein Licht. Mit den Geſetzbuͤchern tanzen Jſraels luſtige Kinder dreimal um den Almemor oder die Kanzel und in ihrer Kirche herum, und legen ſie dann wieder in die Arche, mit Ausſchluß von dreien, die ſie zuruͤck behalten. Aus dieſen liest darauf einer die erſte, und ein Anderer die letzte Paraſcha. Der erſte Vorleſer wird Braͤutigam des Breſchis oder des Anfangs, der zweite Braͤutigam der Torah oder des Geſetzes genannt. Da- fuͤr muͤſſen nachher beide die Armen mit reichlichen Almoſen und ihre Freunde mit einer koͤſtlichen Mahlzeit erfreuen. Zur Herzſtaͤrkung der lieben Jugend und zum ergoͤtzenden Schauſpiel der Alten wird eine Menge Obſt und Kuchenwerk in der Sy- nagoge ausgeworfen, um welches ſich die holden Kleinen dann raufen, ſchlagen, kratzen, ſchimpfen und beiſſen, daß es eine wahre Luſt fuͤr die zaͤrt- lichen Eltern iſt. Zu dieſem Zweck bringt man an manchen Orten ganze Tonnen voll Aepfel, Birnen, Nuͤſſe und dergleichen auf den Almemor, und weil auch die Erwachſenen glauben, daß es heiliges Obſt ſey, ſo bemuͤhen ſie ſich nicht minder, etwas davon zu erhaſchen, und gerathen dabei gar oft mit Fingern und Haaren in unangenehme Verwik- kelungen. 33 *

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822/387
Zitationshilfe: Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 387. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822/387>, abgerufen am 02.06.2024.