und eine Werkstätte skandalöser Chroniken ist, wenn er und die Seinigen statt den Entzweiten ernsthaft zum Frieden und zur Versöhnung zu rathen, aus Eigennutz oder aus heimtückischer Schadenfreude die Flammen mit Oehl löschen; wenn er vielleicht gar den Winkeladvokaten und geheimen Anwald eines Gemeindegliedes gegen das andere macht; müssen da nicht Achtung, Liebe und Vertrauen für einen solchen Pfarrer selbst bei denen hinwegfallen, die für ihre Personen gar von jenen Zänkereien nicht berührt werden? Leider, giebt es nicht wenig Männer dieses Standes, die an allen Zwistigkeiten zwischen ihren Eingepfarrten, nicht als Friedensver- mittler, sondern als aufhetzende Beistände des ei- nen oder des andern Streitenden den thätigsten Antheil nehmen und oft sogar beiden Partheien ge- gen einander beiräthig sind.
Der geistlichen Schmähsucht ist schon früher erwähnt. Sie ist das natürliche Ergebniß der ho- hen Meinung von ihrer eigenen Heiligkeit, welche die weißen Leviten wirklich hegen, oder gerne bei Andern möchten geltend machen. Der Priesterman- tel ist selten ein Mantel der Liebe, womit man die Fehler und Schwachheiten des Nächsten zu be- decken sucht. Jst es ein Erweckter, ein Frommer und Stiller im Lande, ja dann werden die ärgsten Bosheiten und Schandthaten entschuldigt oder gar gut geheißen. Jst es ein Reicher oder Vornehmer,
und eine Werkſtaͤtte ſkandaloͤſer Chroniken iſt, wenn er und die Seinigen ſtatt den Entzweiten ernſthaft zum Frieden und zur Verſoͤhnung zu rathen, aus Eigennutz oder aus heimtuͤckiſcher Schadenfreude die Flammen mit Oehl loͤſchen; wenn er vielleicht gar den Winkeladvokaten und geheimen Anwald eines Gemeindegliedes gegen das andere macht; muͤſſen da nicht Achtung, Liebe und Vertrauen fuͤr einen ſolchen Pfarrer ſelbſt bei denen hinwegfallen, die fuͤr ihre Perſonen gar von jenen Zaͤnkereien nicht beruͤhrt werden? Leider, giebt es nicht wenig Maͤnner dieſes Standes, die an allen Zwiſtigkeiten zwiſchen ihren Eingepfarrten, nicht als Friedensver- mittler, ſondern als aufhetzende Beiſtaͤnde des ei- nen oder des andern Streitenden den thaͤtigſten Antheil nehmen und oft ſogar beiden Partheien ge- gen einander beiraͤthig ſind.
Der geiſtlichen Schmaͤhſucht iſt ſchon fruͤher erwaͤhnt. Sie iſt das natuͤrliche Ergebniß der ho- hen Meinung von ihrer eigenen Heiligkeit, welche die weißen Leviten wirklich hegen, oder gerne bei Andern moͤchten geltend machen. Der Prieſterman- tel iſt ſelten ein Mantel der Liebe, womit man die Fehler und Schwachheiten des Naͤchſten zu be- decken ſucht. Jſt es ein Erweckter, ein Frommer und Stiller im Lande, ja dann werden die aͤrgſten Bosheiten und Schandthaten entſchuldigt oder gar gut geheißen. Jſt es ein Reicher oder Vornehmer,
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und eine Werkſtaͤtte ſkandaloͤſer Chroniken iſt, wenn
er und die Seinigen ſtatt den Entzweiten ernſthaft
zum Frieden und zur Verſoͤhnung zu rathen, aus
Eigennutz oder aus heimtuͤckiſcher Schadenfreude
die Flammen mit Oehl loͤſchen; wenn er vielleicht
gar den Winkeladvokaten und geheimen Anwald
eines Gemeindegliedes gegen das andere macht;
muͤſſen da nicht Achtung, Liebe und Vertrauen fuͤr
einen ſolchen Pfarrer ſelbſt bei denen hinwegfallen,
die fuͤr ihre Perſonen gar von jenen Zaͤnkereien
nicht beruͤhrt werden? Leider, giebt es nicht wenig
Maͤnner dieſes Standes, die an allen Zwiſtigkeiten
zwiſchen ihren Eingepfarrten, nicht als Friedensver-
mittler, ſondern als aufhetzende Beiſtaͤnde des ei-
nen oder des andern Streitenden den thaͤtigſten
Antheil nehmen und oft ſogar beiden Partheien ge-
gen einander beiraͤthig ſind.
Der geiſtlichen Schmaͤhſucht iſt ſchon fruͤher
erwaͤhnt. Sie iſt das natuͤrliche Ergebniß der ho-
hen Meinung von ihrer eigenen Heiligkeit, welche
die weißen Leviten wirklich hegen, oder gerne bei
Andern moͤchten geltend machen. Der Prieſterman-
tel iſt ſelten ein Mantel der Liebe, womit man
die Fehler und Schwachheiten des Naͤchſten zu be-
decken ſucht. Jſt es ein Erweckter, ein Frommer
und Stiller im Lande, ja dann werden die aͤrgſten
Bosheiten und Schandthaten entſchuldigt oder gar
gut geheißen. Jſt es ein Reicher oder Vornehmer,
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/266>, abgerufen am 21.11.2024.
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