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Ichenhaeuser, Eliza: Frauenziele. Berlin, 1913.

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Und woher will Geheimrat Witzel das nötige Geld
beschaffen?

Jm Deutschen Reiche stehen ständig im Alter
dieser weiblichen "Wehrpflicht", d. h. im 17., 18.
oder 19. Lebensjahr 4/5 Prozent der gesamten Be-
völkerung, das sind jahraus, jahrein 500000 weib-
liche einjährige "Rekruten", von diesen 500000
Mädchen sind kaum 5 Prozent imstande, im Sinne
unseres Reichsmilitärgesetzes sich "einjährig" aus-
zubilden, d. h. sich auf eigene Kosten zu equipieren
und ernähren zu können. Für den Rest von
480000 Mädchen müßten jährlich 480000 mal
400 Mark = 192 Millionen Mark aufgebracht
werden.

Und das alles, damit "am Tage einer Mobil-
machung hinter dem Volksheer deutscher Männer
ein Hilfsheer deutscher Frauen stehe?" Ein Volks-
heer, das zum größten Teile zu Hause weit nötiger
ist? Nein, wahrscheinlich ließ es Geheimrat Witzel,
wie schon vielen anderen, keine Ruhe, daß die
Frauen angeblich an der Blutsteuer der Männer
nicht partizipieren. Aber deswegen brauchte man
den Staat wirklich nicht in Unkosten zu stürzen,
denn die Frau bezahlt pro Saldo eine viel höhere
Blutsteuer als der Mann. Jch möchte das an fol-
gendem einfachen Rechenexempel beweisen: Jm
Deutschen Reiche sterben gegenwärtig etwa 6500
Frauen am Kindbettfieber, rechne ich diese Zahl

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Und woher will Geheimrat Witzel das nötige Geld
beschaffen?

Jm Deutschen Reiche stehen ständig im Alter
dieser weiblichen „Wehrpflicht“, d. h. im 17., 18.
oder 19. Lebensjahr ⅘ Prozent der gesamten Be-
völkerung, das sind jahraus, jahrein 500000 weib-
liche einjährige „Rekruten“, von diesen 500000
Mädchen sind kaum 5 Prozent imstande, im Sinne
unseres Reichsmilitärgesetzes sich „einjährig“ aus-
zubilden, d. h. sich auf eigene Kosten zu equipieren
und ernähren zu können. Für den Rest von
480000 Mädchen müßten jährlich 480000 mal
400 Mark = 192 Millionen Mark aufgebracht
werden.

Und das alles, damit „am Tage einer Mobil-
machung hinter dem Volksheer deutscher Männer
ein Hilfsheer deutscher Frauen stehe?“ Ein Volks-
heer, das zum größten Teile zu Hause weit nötiger
ist? Nein, wahrscheinlich ließ es Geheimrat Witzel,
wie schon vielen anderen, keine Ruhe, daß die
Frauen angeblich an der Blutsteuer der Männer
nicht partizipieren. Aber deswegen brauchte man
den Staat wirklich nicht in Unkosten zu stürzen,
denn die Frau bezahlt pro Saldo eine viel höhere
Blutsteuer als der Mann. Jch möchte das an fol-
gendem einfachen Rechenexempel beweisen: Jm
Deutschen Reiche sterben gegenwärtig etwa 6500
Frauen am Kindbettfieber, rechne ich diese Zahl

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[163/0167] Und woher will Geheimrat Witzel das nötige Geld beschaffen? Jm Deutschen Reiche stehen ständig im Alter dieser weiblichen „Wehrpflicht“, d. h. im 17., 18. oder 19. Lebensjahr ⅘ Prozent der gesamten Be- völkerung, das sind jahraus, jahrein 500000 weib- liche einjährige „Rekruten“, von diesen 500000 Mädchen sind kaum 5 Prozent imstande, im Sinne unseres Reichsmilitärgesetzes sich „einjährig“ aus- zubilden, d. h. sich auf eigene Kosten zu equipieren und ernähren zu können. Für den Rest von 480000 Mädchen müßten jährlich 480000 mal 400 Mark = 192 Millionen Mark aufgebracht werden. Und das alles, damit „am Tage einer Mobil- machung hinter dem Volksheer deutscher Männer ein Hilfsheer deutscher Frauen stehe?“ Ein Volks- heer, das zum größten Teile zu Hause weit nötiger ist? Nein, wahrscheinlich ließ es Geheimrat Witzel, wie schon vielen anderen, keine Ruhe, daß die Frauen angeblich an der Blutsteuer der Männer nicht partizipieren. Aber deswegen brauchte man den Staat wirklich nicht in Unkosten zu stürzen, denn die Frau bezahlt pro Saldo eine viel höhere Blutsteuer als der Mann. Jch möchte das an fol- gendem einfachen Rechenexempel beweisen: Jm Deutschen Reiche sterben gegenwärtig etwa 6500 Frauen am Kindbettfieber, rechne ich diese Zahl 11*

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Zitationshilfe: Ichenhaeuser, Eliza: Frauenziele. Berlin, 1913, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_frauenziele_1913/167>, abgerufen am 28.04.2024.