Ideler, Karl Wilhelm: Der religiöse Wahnsinn, erläutert durch Krankengeschichten. Ein Beitrag zur Geschichte der religiösen Wirren der Gegenwart. Halle (Saale), 1847.merei nicht nachweisen, da sie nur selten die Kirche besuchte, Am nächsten Abende kam es ihr vor, als ob mit einer merei nicht nachweiſen, da ſie nur ſelten die Kirche beſuchte, Am naͤchſten Abende kam es ihr vor, als ob mit einer <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0149" n="141"/> merei nicht nachweiſen, da ſie nur ſelten die Kirche beſuchte,<lb/> wenig in Erbauungsſchriften las, und ſelbſt eine Abneigung<lb/> gegen pietiſtiſche Conventikel, beſonders gegen die in ihnen<lb/> uͤbliche fromme Oſtentation in Kniebeugungen beim Namen<lb/> des Heilandes u. dgl. empfand. Als ſie an einem Abende in<lb/> eine beſonders tiefe Schwermuth bei der Erinnerung an ihre<lb/> Verwandten verſunken war, viel geweint, und im inbruͤnſtigen<lb/> Gebete Gott angefleht hatte, es ihr anzuzeigen, ob jene noch<lb/> lebten, wurde ſie, ſchon im Bette liegend, durch eine glaͤn¬<lb/> zende Viſion uͤberraſcht, welche zuerſt als ein ſtarker Lichtſchein<lb/> das Zimmer erfuͤllte. Hierauf trat eine alte Dame zur Stu¬<lb/> benthuͤr herein, welche bekleidet mit einer Haube, einem<lb/> ſchwarzen Tuche und weißen Rocke ſich an eine Commode<lb/> ſtellte, in welche ihre ſchwangere Tochter Windeln gelegt hatte.<lb/> Jene beſah ſich zuerſt das auf der Commode befindliche Ge¬<lb/> ſchirr, oͤffnete dann dieſelbe, und nahm die Windeln heraus,<lb/> um ſie naͤher zu beſehen, und ſie auf einen Stuhl zu legen.<lb/> Dann erſchienen ploͤtzlich zwei Kinder, von denen ſie eins auf<lb/> ein Kiſſen legte, waͤhrend das andere etwa 8 Jahre alt an<lb/> eine Tiſchecke ſich lehnte, bekleidet mit einem ſilberbetreßten<lb/> Rocke, in der Hand einen ſilbernen Stab haltend, auf wel¬<lb/> chem eine ſilberne Krone ſchwebte, die es hoch emporhob. Die<lb/> G. rief erſchreckt ihre Kinder, ob ſie Niches ſaͤhen? Die alte<lb/> Dame ſetzte ſodann 2 Stuͤhle zuſammen, breitete uͤber beide<lb/> ein Laken, und legte jene Kinder darauf, wonach alle Geſtal¬<lb/> ten verſchwanden. Inzwiſchen erfuͤllte das ſich immer mehr<lb/> verſtaͤrkende Licht bis zum Morgen das Zimmer, und ließ bald<lb/> folgende Viſionen wahrnehmen. Am Fußende des Bettes der<lb/> G. ſchien ein großer Saal ſich zu eroͤffnen, in welchem ſich 4<lb/> Betten befanden, auf welchen je zwei weiße und rothe Decken<lb/> lagen; zugleich ſchwebte an der Decke ein Kameel mit auf¬<lb/> waͤrtsgekehrten Beinen, ſo daß es eine Art von Bettſtelle bil¬<lb/> dete, in welcher mehrere Menſchen lagen. Bald nachher<lb/> ſchwebten mehrere Engel von oben herab, von denen der groͤßte<lb/> ein Fuͤllhorn trug, und ſie gaben durch ihre Ankunft ein Sig¬<lb/> nal, auf welches jene Maͤnner von dem Kameelbette aufſtanden.</p><lb/> <p>Am naͤchſten Abende kam es ihr vor, als ob mit einer<lb/> magiſchen Laterne ein Zauberſpiel in ihrem Zimmer getrieben<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [141/0149]
merei nicht nachweiſen, da ſie nur ſelten die Kirche beſuchte,
wenig in Erbauungsſchriften las, und ſelbſt eine Abneigung
gegen pietiſtiſche Conventikel, beſonders gegen die in ihnen
uͤbliche fromme Oſtentation in Kniebeugungen beim Namen
des Heilandes u. dgl. empfand. Als ſie an einem Abende in
eine beſonders tiefe Schwermuth bei der Erinnerung an ihre
Verwandten verſunken war, viel geweint, und im inbruͤnſtigen
Gebete Gott angefleht hatte, es ihr anzuzeigen, ob jene noch
lebten, wurde ſie, ſchon im Bette liegend, durch eine glaͤn¬
zende Viſion uͤberraſcht, welche zuerſt als ein ſtarker Lichtſchein
das Zimmer erfuͤllte. Hierauf trat eine alte Dame zur Stu¬
benthuͤr herein, welche bekleidet mit einer Haube, einem
ſchwarzen Tuche und weißen Rocke ſich an eine Commode
ſtellte, in welche ihre ſchwangere Tochter Windeln gelegt hatte.
Jene beſah ſich zuerſt das auf der Commode befindliche Ge¬
ſchirr, oͤffnete dann dieſelbe, und nahm die Windeln heraus,
um ſie naͤher zu beſehen, und ſie auf einen Stuhl zu legen.
Dann erſchienen ploͤtzlich zwei Kinder, von denen ſie eins auf
ein Kiſſen legte, waͤhrend das andere etwa 8 Jahre alt an
eine Tiſchecke ſich lehnte, bekleidet mit einem ſilberbetreßten
Rocke, in der Hand einen ſilbernen Stab haltend, auf wel¬
chem eine ſilberne Krone ſchwebte, die es hoch emporhob. Die
G. rief erſchreckt ihre Kinder, ob ſie Niches ſaͤhen? Die alte
Dame ſetzte ſodann 2 Stuͤhle zuſammen, breitete uͤber beide
ein Laken, und legte jene Kinder darauf, wonach alle Geſtal¬
ten verſchwanden. Inzwiſchen erfuͤllte das ſich immer mehr
verſtaͤrkende Licht bis zum Morgen das Zimmer, und ließ bald
folgende Viſionen wahrnehmen. Am Fußende des Bettes der
G. ſchien ein großer Saal ſich zu eroͤffnen, in welchem ſich 4
Betten befanden, auf welchen je zwei weiße und rothe Decken
lagen; zugleich ſchwebte an der Decke ein Kameel mit auf¬
waͤrtsgekehrten Beinen, ſo daß es eine Art von Bettſtelle bil¬
dete, in welcher mehrere Menſchen lagen. Bald nachher
ſchwebten mehrere Engel von oben herab, von denen der groͤßte
ein Fuͤllhorn trug, und ſie gaben durch ihre Ankunft ein Sig¬
nal, auf welches jene Maͤnner von dem Kameelbette aufſtanden.
Am naͤchſten Abende kam es ihr vor, als ob mit einer
magiſchen Laterne ein Zauberſpiel in ihrem Zimmer getrieben
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